155. Todestag des Dichters Otto Ludwig – 25. Februar 1865 – Zeit, sich zu erinnern…
Eisfeld. Erinnern möchten wir an den Menschen Otto Ludwig aus Eisfeld, wie er sich selbst zeitlebens nannte.
Geboren 1813 in der Eisfelder Braugasse als Sohn des Stadtsyndikus Ernst Friedrich Ludwig und dessen Ehefrau Sophie Christiane. Er war ein kränkliches, sensibles Kind, empfänglich für Musik und Literatur, besuchte die Eisfelder Stadtschule, dann wenige Jahre das Gymnasium in Hildburghausen, abgebrochen wegen Krankheit der Mutter nach dem frühen Tod des Vaters. Lehre im Kramladen des Onkels; 19-jährig, nach dem Tod der Mutter, ein letzter Versuch der Schulbildung am Lyzeum in Saalfeld, den er mit Depressionen, jedoch ohne Abschluss beendete.
Leicht hatte er es nicht; im Ackerbürgerstädtchen war er der „Nixdücher“, aber gute Freunde hatte er – wie auch später in seinem Leben – Die Eisfelder Jugendfreunde erinnern uns an den Musiker und Komponisten Otto Ludwig, der sich nach der Rückkehr aus Saalfeld ganz der Musik verschrieben hatte. Ludwig saß in der großen Oberstube des Gartenhauses am Flügel oder am Arbeitstisch und komponierte an Opern, …wozu er den Stoff teils aus Shakespeares Dramen… und aus A. Hoffmanns Novellen… nahm oder frei erfand…
„Der Nachmittag bis 5 Uhr fand uns im gemeinschaftlichen Studium meist klassischer Opern im Klavierauszuge… die spätere Nachmittags- und Abendzeit oft in einer kleinen auserlesenen Gesellschaft…, mit der wir in der kleinen Säulenhalle am Hauseingang oder oben in unserem Wohnzimmer musizierten…,“ beschreibt Freund Carl Schaller, Ludwigs „Bruderherz“, später ihr gemeinsames musikalisches Wirken. Es wird gekrönt von erfolgreichen Aufführungen z.B. der Opern „Die Geschwister“ und „Die Köhlerin“ im Schützenhaus.
Der junge Ludwig, hochgewachsen, schlank, mit den für ihn typischen halblangen Haaren – begeistern konnte er Freunde und Publikum. Komponist war er, Librettist, musikalischer Leiter, Regisseur und der Mann am Dirigentenpult. Kulturelle Höhepunkte im Ackerbürgerstädtchen!
Die sehr positive Beurteilung einer Romanze brachte ihm ein Stipendium des Meininger Herzogs für musikalische Studien bei Mendelssohn Bartholdy in Leipzig. Otto Ludwig und Leipzig – nichts stimmt, nicht das Verhältnis zwischen dem Kleinstädter, der sich nach der Stille seines Gartens zurücksehnt, und den ihm oberflächlich erscheinenden Großstädtern, nicht die Chemie zwischen dem erfolgreichen Weltmann Mendelssohn Bartholdy und ihm, mit seiner Introvertiertheit. Enttäuscht kehrt er zurück, die musikalische Laufbahn ist beendet, er wendet sich der Literatur zu.
Erinnern wollen wir an das Werk des Dichters Otto Ludwig. Einen ersten Erfolg beschert ihm die Novelle „Die Emanzipation der Domestiken“, geschrieben nach der Rückkehr aus Leipzig. Eine kuriose Geschichte, ausgehend von der Sinn-Frage des Lebens zweier junger Freunde, ausufernd noch, humorvoll, vielschichtig, romantisch und realistisch zugleich. Eingereicht am Meininger Hofe, bescheinigt ihm Hofbibliothekar Bechstein großes Talent.
Mit neuem Stipendium geht er wieder nach Leipzig. Seine Novelle kann er veröffentlichen. Bekannter werden jedoch seine Romane „Die Heiteretei“ und „Zwischen Himmel und Erde“, die in den 1850er Jahren in Dresden, seiner neuen Heimat, entstanden. In beiden Werken greift er erneut die Frage auf: Wie soll, wie kann man leben? In „Die Heiteretei“ zeigt er die harten sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich im kleinen Ackerbürgerstädtchen, einem ihm ja vertrauten Handlungsort. Er lässt seine Protagonisten Heiteretei und Holders Fritz ihren Weg finden durch ihre innere Freiheit und ihre Gemeinsamkeit. In „Zwischen Himmel und Erde“ dagegen stellt er zwei Dachdecker-Brüder mit völlig entgegengesetzten Charakteren einander gegenüber: Fritz, der Extrovertierte, der Zupackende, der Schlaue und auf seinen Vorteil Bedachte; Apollonius, der Introverierte, Sanfte, Bescheidene und Ehrliche. In einer überaus spannungsgeladenen Handlung schafft er geradezu ein Psychogramm beider Protagonisten und der Frau, die zwischen ihnen steht. Die Romane habe er hinter seinem Rücken geschrieben, sagte Otto Ludwig. Wichtiger war ihm immer die Dramatik.
Seine beiden Tragödien „Der Erbförster“ und „Die Makkabäer“ machten ihn als Dramatiker bekannt. Anfang der 1850er wurden sie am Dresdner Hoftheater, der heutigen Semperoper, und am Wiener Burgtheater uraufgeführt. Der Konflikt der Tragödie „Der Erbförster“ basiert auf sozialer Ungleichheit, auf daraus resultierenden unterschiedlichen Interessen, aber auch auf den Lebenseinstellungen und Charakteren der Hauptfiguren Erbförster und Waldbesitzer. Etwas für uns heute sehr Modernes bietet den Zündstoff: Die Nachhaltigkeit. Der Waldbesitzer fordert die „Durchforstung“ des Waldes, der Erbförster weigert sich konsequent und verantwortungsbewusst, da sie den Wald zerstören würde. Beide bleiben bei ihrer Haltung – Die Tragödie nimmt ihren Lauf. „Der Erbförster“ ist Otto Ludwigs bekanntestes und meistgespieltes Drama. Die letzte Aufführung brachte das Meininger Theater 2013 zum 200. Geburtstag Otto Ludwigs als szenische Lesung auf die Bühne.
Otto Ludwig starb nach langer Krankheit am 25. Februar 1865 in Dresden. Sein Grab befindet sich auf dem Trinitatusfriedhof.
Die Stadt Eisfeld und der Verein der Freunde von Kirche und Schloss zu Eisfeld gedenken Otto Ludwigs anlässlich seines 155. Todestages am 25. Februar 2020, um 10.30 Uhr durch eine Kranzniederlegung am Otto-Ludwig-Denkmal auf dem Vorplatz des Eisfelder Schlosses.
Helga Schmidt
Foto: Deutsche Fotothek