Ergänzungen und Korrekturen zum Artikel: „3 Jahre „Neue Wacholderschänke“ – Ein Haus mit Geschichte“
Leserbrief. Zu dem Artikel: „3 Jahre „Neue Wacholderschänke“ – Ein Haus mit Geschichte“ in der Ausgabe der Südthüringer Rundschau vom 11. Mai 2019 möchten wir einiges korrigieren und ergänzen:
1. In den Jahren von 1938 bis 1949 wohnte unsere Familie (Eltern Max u. Anna Otto) im Erdgeschoss dieses Hauses, damals Georgstrasse 21. Nebenan wohnte Frau Richter, eine alleinstehende ältere Dame, und in den Sommermonaten nacheinander mehrere Flüchtlingsehepaare in einer nicht beheizbaren Einraumwohnung mit Veranda. Das gesamte Obergeschoss bewohnte ein alleinstehender älterer Herr, Rudolf Steinbrück. Er war Taubstummenlehrer und Ombudsmann. Nachdem einer seiner beiden Söhne in der Schlacht bei Stalingrad gefallen war, starb er Mitte 1944. Danach zogen zwei miteinander verwandte Flüchtlingsfamilien mit mehreren Kindern ein, aber ohne die Väter – sie waren im Krieg. Eine Familie stammte aus Köln, die andere aus dem Raum Eupen-Monschau-Malmedy und Jülich. Als im Mai 1945 unter der Bevölkerung verbreitet wurde, dass „die Russen kommen“ traten beide Familien noch Ende Mai die Heimreise an. Danach zogen zwei Familien – ebenfalls mit mehreren Kindern – aus Hildburghausen ein: Kronacher und Zipser.
2. Dieses Haus erhielt durch Kriegseinwirkungen nicht die geringsten Beschädigungen. Es gab aber normale Abnutzungsspuren, die wegen mangelnder Material- und Dienstleistungsmöglichkeiten nicht laufend beseitigt werden konnten.
3. Eigentümer des Hauses war eine Erbengemeinschaft, umgangssprachlich „Vogtserben“, deren Mitglieder alle in Westdeutschland wohnten. Zur Verwaltung hatte sie schon vor und während des Krieges einen Hausverwalter (Herr Wanderer) bestellt. Da sich die Besitzverhältnisse in dieser Zeit akut nicht klären ließen, wurde das Haus von der Stadtverwaltung unter Sequester gestellt und die weitere Nutzung verfügt. 1949 mussten alle Mieter aus dem Hause ausziehen, weil eine medizinische Einrichtung (Poliklinik) darin untergebracht werden sollte. Einer der ersten dort praktizierenden Ärzte war der Allgemeinmediziner Dr. med. Böhm.
4. Bemerkenswert ist folgendes Ereignis: Auf dem Grundstück stand eine große Scheune – verkleinert existiert sie noch heute. Sie wurde von allen Hausbewohnern zur Holz- und Kohlenlagerung genutzt. Zeitweise befanden sich hier auch viele grosse Rollen, Papierreserven der in der Nähe befindlichen Zeitungsdruckerei. Irgendwann während der letzten Kriegsmonate hatten Unbekannte zwei große schwere Holzkisten hinter einem verschlossenen Verschlag eingelagert. Eines Tages stellten wir fest, dass der Verschlag und auch beide Kisten aufgebrochen waren. Eine Kiste interessierte uns besonders, es waren Bücher und Forschungsmaterial, die Bibliothek – oder ein Teil – eines wissenschaftlich tätigen Geologen, denn die Titel und Inhalte vieler Bücher und Dokumente wiesen darauf hin. Viele Bücher waren mit dem Namen „Hans Cloos“ versehen. Das war für uns ein völlig unbekannter Mann.
Wahrscheinlich handelt es sich um den bekannten Geologen Prof. Dr. Hans Cloos. Cloos wurde am 8. November 1885 in Magdeburg geboren, er starb am 26. September 1951 in Bonn, er war Geologie-Professor in Breslau und Bonn. Prof. Cloos veröffentlichte bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Geologie, u. a. der Tektonik und des Baues der Plutone; er erhielt im August 1949 den „Nationalpreis II. Klasse der DDR für Wissenschaft und Technik“. Die Geologische Vereinigung e.V. in Mendig vergibt jährlich seit dem Jahre 2000 den Hans-Cloos-Preis an den wissenschaftlichen Nachwuchs für herausragende, eigenständige, international publizierte wissenschaftliche Leistungen in den Wissenschaften der festen Erde in Höhe von 10.000 Euro.
Hans Georg Otto, Suhl
Dr. Wolfgang Otto, Greifswald
Foto: Südthüringer Rundschau
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