Jeder zweite Fünftklässler kann nicht richtig lesen
Ein Kommentar von Alfred Emmert zur aktuellen Schulpolitik in unserem Lande
sr. Solange ich mich zurückerinnern kann, wurde bei allen Bundes- sowie Landtagswahlkämpfen von den etablierten Parteien das Thema „Bildung“ ganz groß zum Wahlkampfthema auserkoren. Diese Wahlkämpfe werden übrigens auch von Ihren Steuergeldern, liebe Leser, finanziert.
Bildung bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“, das heißt zu einer Persönlichkeit, die sich durch besondere geistige, physische, soziale und kulturelle Merkmale auszeichnet. Neben dem Erlernen elementarster Fähigkeiten, die in der frühesten Kindheit in der Familie stattfinden sollten, hängt der Prozess individueller Bildung von den Möglichkeiten ab, die eine Gesellschaft in materiellen, organisatorischen und programmatischen Hinsichten bietet.
Wenn ich hier einige wenige Beispiele anspreche, dann ist mir auch bewusst, dass ich nicht 100 % der Schüler meinen kann und darf, aber den „roten Faden“, der mittlerweile zu einem riesigen dicken Seil geworden ist, sollte man schon etwas näher betrachten dürfen.
Erziehung, Bildung und das Vermitteln von Werten und Normen müsste eigentlich im kleinsten Lebensbereich, dem Elternhaus beginnen, um eine funktionierende Gesellschaftsform zu erreichen. Respekt, Höflichkeit, Freundlichkeit, Leistungsbereitschaft, elementarstes Grundwissen, Geben und nicht nur Nehmen im weitesten Sinne wären neben vielen anderen Gebieten Aufgaben des Elternhauses. (Warum dies in vielen Fällen nicht mehr funktioniert, ist jedoch ein separates Thema.)
Betrachten wir doch einmal die letzten 30 Jahre und setzen dies in den direkten Vergleich zu den Wahlkampfversprechungen unserer politischen Elite. Neben dem Verschwenden unserer Steuergelder bleibt nichts weiter übrig als Lügen, Lügen oder auf Neudeutsch „Fake-News“. Marode Schulen, in denen der Schlingknöterich durch das Mauerwerk wächst, Schulen, die kein vernünftiges Dach haben und in denen das Wasser durch die Decken tropft, Toiletten, die ihren Namen nicht verdienen und manches Plumpsklo hygienischer war: Nahezu an allen Schulen wären Sanierungen, Um- oder gar Neubauten nötig. Geld für diese Maßnahmen? Fehlanzeige!
Fehlende Lehrkräfte in Dimensionen, die sich die Bürger nicht vorstellen können, deshalb wird auch nur die Hälfte der Fehlstunden kommuniziert. Dass tatsächlich mehr als doppelt so viele Stunden ausfallen, wird diskret verschwiegen. So leiden vor allem Ganztags-Lehrkräfte unter der Misere, wenn sie plötzlich 50 oder 60 Schüler unter ihrer Obhut haben und kein Unterricht, geschweige denn eine Betreuung möglich ist, sondern nur noch eine Verwahrung.
Das damit der wesentliche Auftrag einer Schule, nämlich das Vermitteln von Wissen erheblich eingeschränkt wird, ist mehr als logisch. Gleichzeitig wird aber auch den letzten engagierten und motivierten Lehrkräften die Freude am Unterrichten genommen. Geld für ausreichende und qualifizierte Lehrkräfte? Fehlanzeige!
Das Zauberwort „Inklusion“ machte vor einigen Jahren die Runde. Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam zu unterrichten war die Vorgabe und ein große Ziel. Und wie schaut in den meisten Fällen die Realität aus? Benötigtes Fachpersonal fehlt und die Lehrkräfte werden mit der „Inklusion“ alleine gelassen. Geld für Fachkräfte, um Inklusion sinnvoll und für alle Seiten erfolgreich gestalten und erleben zu können? Fehlanzeige!
Alle diese Faktoren bezogen sich auf die materiellen und organisatorischen Voraussetzungen, die unsere Gesellschaft unseren Kindern bietet. Zu den programmatischen Möglichkeiten, also was unterrichtet wird, möchte ich folgendes erzählen: Eine sehr intelligente und gebildete Frau übernahm die Erziehung ihrer Enkelin, nachdem ihre Tochter weiter studieren wollte. Nach der Einschulung ihrer Enkelin und dem Besuch der 1. und 2. Klasse erkannte sie, wohin dieses Schulsystem die Kleine bringen würde, bestellte daraufhin im Internet die „alten DDR-Schulbücher“ und unterrichtet ihre Enkelin nach dem alten „System“.
Im Sommer letzten Jahres erzählte mir ein Freund, dessen Frau Lehrerin ist, das sie wieder einmal die Welt nicht versteht. Eine Aufgabe in der 4. Klasse Grundschule lautete: „Wie viele Sekunden haben 5 Minuten?“. Ergebnis: 100 % falsche Antworten.
Jeder zweite Fünftklässler kann nicht richtig lesen. Stimmen bei Prüfungen die Notendurchschnitte nicht, werden per Dekret die Noten vom Kultusministerium nach oben korrigiert. In Berlin wachsen jetzt die Einser-Abiturienten an den Bäumen, da bekanntlich das Berliner Schulsystem zu den „besten“ in Deutschland gehört.
Jetzt sucht doch der „Emmert“ wieder die Nadel im Heuhaufen, stimmt ́s? Nein, liebe Leser. Ich muss nicht suchen, da die Nadel so groß geworden ist, dass sie nicht unter einen Heuhaufen passt. Ältere Gymnasiallehrkräfte erklären mir, das 40 bis 50 % der Schüler, die sich heute am Gymnasium tummeln, vor 30 Jahren noch nicht einmal auf dem Pausenhof gewesen wären.
Jedes Jahr wird das Anforderungsprofil bei Gesellenprüfungen nach unten korrigiert, damit überhaupt noch jemand eine Gesellenprüfung besteht.
Wenn die hochschulreifen Abiturienten an die Universität zum Studieren kommen, werden die ersten beiden Monate dafür verwendet, den „Abiturienten“ Grundrechenarten zu lernen, damit eine gemeinsame Basis für das Studium vorhanden ist. Und, und, und! Und wer es nicht glaubt, den nehm ich an die Hand und führ ihn durch ein Land…. Über zunehmende Gewalt, Mobbing oder Drogenmißbrauch an Schulen möchte ich mich jetzt nicht erst äußern, das würde zu weit führen!
Fragen Sie mal in den Handwerksbetrieben, dem produzierenden Gewerbe und der Industrie nach, was in Deutschland mittlerweile an „Fachkräften“ unterwegs ist. Wundern Sie sich nicht zu sehr. Oftmals scheitert es schon daran, einen vernünftigen Satz formulieren und artikulieren zu können. Über Leistungsbereitschaft, Motivation und das „Wollen“ möchte ich lieber kein Wort verlieren.
Aber wie sieht es denn bei unseren „Eliten“ aus? Wo sind denn die Denker, die Philosophen, die Politiker mit Visionen und Weitsicht?
Die größte „Führungsnation“ der Welt wird von Trump regiert. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer, dass im Alten Rom Kaiser Galigula sein Lieblingspferd Incitatus zum Konsul ernennen wollte.
Und wenn ich dann zufällig am Sonntagabend um 20.30 Uhr auf einen Fernsehsender zappe und der Moderator hält dem „Volk der Dichter und Denker“ eine WC-Bürste entgegen und fragt allen Ernstes die Zuschauer, ob dies eine WC- oder eine Zahnbürste ist, dann fällt es mir wieder wie Schuppen von den Augen. „Brot und Spiele“, vor 2000 Jahren von den Römern angewandt und mit etwas anderen Vorzeichen von unserer „Elite“ praktiziert, ist ihr Schlüssel zum „Erfolg“. Nun ist aber auch Fakt, dass Dummheit und Dekadenz wesentlich zum Untergang des römischen Imperiums beitrugen. Und da der Krug bekanntlich… werden bei den nächsten Landtags- und Bundestagswahlen wieder mit unseren Steuergeldern Plakate gedruckt, worauf das „Hohelied“ von Bildung, Zukunft unserer Kinder usw. gesungen wird und mir persönlich jeder Baum leid tut, der wegen diesem Schwachsinn gefällt werden musste.
Weiter so!
Ihr Alfred Emmert
Foto: Pixabay