Gedanken zur Kultur des Leserbriefschreibens
Leserbrief. Liebe Leser von Leserbriefen, vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich: Es ist mitunter schweißtreibend, die vielen Leserbriefe in dieser Zeitung zu lesen und zu verdauen. – Wenn sie doch nur nicht so interessant wären…!
Kopfschüttelnd, mit Aggressionen im Bauch und in großer Ratlosigkeit lege ich die Zeitung nach der Lektüre oft zur Seite. Ich verstehe die „Kampftechniken“ nicht, mit denen die Meinungen in Szene gesetzt werden. Ich leide an der Kultur der Auseinandersetzung, wie sie heute üblich geworden ist. Gegen manche Auslassungen möchte ich lautstark protestieren, aber ob ich selber den richtigen Ton treffe?
Dabei verdient es Respekt, dass die Zeitung diese Plattform bietet: Meinungsfreiheit. Man kann reagieren, klarstellen, sich eine eigene Meinung bilden etc. Wenn das alles nur in den „Dunkelkammern“ der sozialen Medien abliefe, wäre es jeder Kontrolle entzogen. Aber leider hat auch in der Rubrik Leserbriefe mancher Zeitgenosse die Kontrolle über sich selbst verloren.
Ich habe eine Idee: Wir lesen weiterhin aufmerksam jeden Leserbrief … bis zu dem Punkt, wo es unsachlich wird, wo diffamierend über einen anderen gesprochen wird, wo Sachverhalte undifferenziert und erkennbar einseitig beschrieben werden, wo Recht haben wollen eine nüchterne Betrachtung ersetzt, wo Frontlinien gedacht und gebildet werden, die an den Krieg erinnern, wo eine Sprache zum Einsatz kommt, die jeden Dialog erstickt.
Wäre doch eine gute Übung für uns selber. Manchen Leserbrief könnten wir schon nach dem ersten Satz ignorieren. Und manch einen könnten wir bis zu Ende lesen. – Ja, auch die gibt es. – Es würde unsere Nerven schonen und Zeit sparen. Und vielleicht würde es sogar positiv die Kultur des Leserbriefschreibens beeinflussen. – Machen Sie mit?
Joachim Kuhn
Hildburghausen
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