Mit selbstgeschneidertem Mund-Nasen-Schutz Corona-Ausbreitung verlangsamen
Die Spielzeugstadt Sonneberg ruft ihre Bürger zu einer großen Gemeinschaftsaufgabe auf
Sonneberg. „Wir wollen wirklich nichts unversucht lassen, um unsere Bevölkerung zu schützen und die Ausbreitung des Corona-Virus bei uns vor Ort zu verlangsamen“, begründet der Bürgermeister der Spielzeugstadt Sonneberg Dr. Heiko Voigt eine durchaus auch in diesen Tagen außergewöhnliche Aktion. Sonneberg will in den nächsten vier Wochen alle seine knapp 23.000 Einwohner mit einem Mund-Nasen-Schutz ausstatten. Das Besondere dabei: nachdem es auf dem Markt kaum mehr Mundschutz zu kaufen gibt, sollen sich die Sonneberger einen provisorischen Schutz selbst schneidern. Dazu hat die Stadt auf ihrer Homepage eine Anleitung und ein Schnittmuster im 1:1-Format zum Download eingestellt.
Ein kurzfristig am Sonntag-Abend veröffentlichter Facebook zu der Aktion wurden binnen weniger Stunden über 50mal geteilt und von über 8.000 Menschen gelesen. „Das hat uns natürlich sehr gefreut. Und so kam uns die Idee, aus der reinen Information zum Eigenschutz eine regelrechte Kampagne zu entwickeln“, so Bürgermeister Dr. Heiko Voigt. Denn zunächst wollte die Stadtverwaltung speziell für Beschäftigte in der mobilen und stationären Pflege sowie für pflegebedürftige Menschen eine Grundausstattung von 1.000 dieser wiederverwendbaren Mund-Nasen-Schützer produzieren lassen.
„Mit unserem heimischen Unternehmen Martin-Bären hatten wir auch einen Partner gefunden, der sofort zugesagt hat, die Produktion aufzunehmen“, bedankt sich Dr. Voigt bei Juniorchefin Sina Martin für ihre sofortiges JA und ihre tatkräftige Unterstützung der Aktion. „Vier Näherinnen von Martin-Bären schneidern seit Montag im Akkord und fertigen inzwischen 200 Mundschützer pro Tag“, so das hochzufriedene Stadtoberhaupt.
Zusammen mit dem täglich zusammenkommenden städtischen Corona-Krisenstab wurde die Aktion nunmehr jedoch ausgeweitet und ein ambitioniertes Ziel ausgegeben: bis Ostern soll jede und jeder Sonneberger zumindest einen Mund-Nasen-Schutz sein Eigen nennen und bestmöglich nur noch mit diesem Mundschutz ins Freie gehen. „Dann würden wir der schnellen Ausbreitung des Corona-Virus wieder etwas entgegensetzen“, so Dr. Voigt.
Zusammen mit Beigeordnetem Christian Dressel und dem achtköpfigen städtischen Krisenstab hat er bereits seit über einer Woche Maßnahmen initiiert, um einen möglichst hohen Schutz der Bevölkerung und der eigenen Beschäftigten zu gewährleisten. So wurden in Sonneberg bereits Spielplätze und Einrichtungen geschlossen als man andernorts noch fleißig in Gruppen diskutierte. „Unser Kurs war schon immer, entschlossen zu handeln und voraus zu gehen“, erläutert Dr. Voigt seinen klaren Kurs, „auch wenn das natürlich nicht immer allen gefällt“. Die Sonneberger scheinen diesen Weg jedoch ganz überwiegend sehr gerne mitzugehen. Wenn Dr. Voigt zum Beispiel in einem Video-Podcast dazu aufruft, jetzt doch endlich freiwillig zuhause zu bleiben, so wird das in den Sozialen Medien binnen Stunden über 20.000mal gelesen und betrachtet und fast 300 mal geteilt – bei knapp 23.000 Einwohnern doch mehr als beachtlich. Und in den gut 100 Kommentaren zu Post und Podcast überwiegt ganz eindeutig die Zustimmung zu diesen „Maßnahmen der Vernunft“.
Jetzt hoffen Bürgermeister Dr. Heiko Voigt und sein Krisenstab auf eine solidarische Gemeinschaftsleistung aller Sonneberger: „Natürlich können wir 25.000 Mundschützer nicht käuflich erwerben. Aber wenn jeder, der zuhause eine Nähmaschine hat, nach verwendbaren Stoffen schaut und für sich und sein persönliches Umfeld näht, dann sollte unser Ziel erreichbar sein.“ Zumal auch schon das Jobcenter und sein Partner P & S-Seminare Unterstützung angeboten haben. Weitere werden vielleicht folgen.
Bis Ostern soll die Aktion abgeschlossen sein. Und natürlich bietet die Stadt dabei Unterstützung an: Selbstgenähte Mund-Nasen-Schützer werden von der Stadtverwaltung mit Hygienespüler gewaschen und zunächst an ältere Mitbürger verschickt. 4.500 Adressen liegen schon vor. Dazu sind Menschen mit viel Publikumskontakt eine erste Zielgruppe – seien es Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel, Bus- und Taxifahrer, Lieferdienste usw.
Nicht geeignet sind die selbst genähten Mundschützer sicher im medizinischen Bereich. „Wir sind uns der Grenze dieser Schutzmaßnahme natürlich bewusst“, erläutert Beigeordneter Christian Dressel. Aber Fachleute sehen dies als probates Mittel an, wenn professioneller Mundschutz nicht zur Verfügung steht. Und für Privatbürger ist der Markt leergefegt. „Auf der Straße zum Einkaufen muss es auch gar kein Profi-Exemplar sein. Die sollten wir unseren Krankenhäusern, Ärzten und Rettungsdiensten überlassen, die absolut auf solchen Schutz angewiesen sind“, so Dressel.
Und ein Blick in die Sozialen Medien zeigt: Dr. Voigt und sein Team im Rathaus können sich auf ihre „Sumbarcher“ verlassen. Ständig werden Fotos gepostet, wie Jung und Alt an der Nähmaschine sitzen und die verschiedenfarbigsten Mund-Nasen-Schützer schneidern. „Das ist gut für den eigenen Schutz und Balsam für die Seele, weil man doch erkennt: bei uns ist man sich nicht selbst der Nächste, sondern steht miteinander und füreinander ein. Ich bin stolz auf meine Sonneberger!“
Bleibt zu hoffen, dass der Aktion auch der nötige Erfolg beschieden ist und die neue Grußformel „Und bleib gesund“ weitgehend in Erfüllung geht.
Die Anleitung und das Schnittmuster im 1:1-Format stehen hier zum Download zur Verfügung. Für Rückfragen zu der Aktion hat die Stadtverwaltung extra die eMail-Adresse mundschutz@stadt-son.de eingerichtet.
Foto: Stadt Sonneberg