Bund-Länder-Gespräch: „Wir werden viel Kraft brauchen“
Berlin. Das aktuelle Infektionsgeschehen und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie standen gestern auf der Agenda der Beratungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungschefs der Länder. Wichtige Basismaßnahmen zum gegenseitigen Schutz gelten weiterhin, das Konjunkturpaket wurde von den Ländern gebilligt.
Trotz aktuell beständig kleinerer Infektionszahlen haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass bestimmte „Basismaßnahmen“ zum gegenseitigen Schutz vor Ansteckung weiterhin gelten. Dazu gehört der Mindestabstand von 1,5 Metern, das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes in bestimmten öffentlichen Bereichen, verstärkte Hygienemaßnahmen und das Instrument der Kontaktbeschränkungen.
Weiterhin Abstand halten
„Solange es kein Medikament und keinen Impfstoff gibt, müssen wir mit der Pandemie leben“, erklärte Kanzlerin Merkel dazu. Dies zeigten auch lokale Ausbruchsgeschehen, die dort stattfänden, „wo die Abstandsregelungen systematisch nicht eingehalten werden können“. Die Botschaft an die Menschen sei: „Ihr müsst weiter auf den Abstand achten, und dieser Abstand ist einzuhalten. Das ist sehr, sehr ernst gemeint“.
Dank an Gesundheitsämter
Ziel sei es, ein überregionales Infektionsgeschehen zu verhindern und die Situation bei zunehmenden Lockerungen und Bewegungen zu verfolgen: „Wir sind jederzeit handlungsfähig, wenn sich etwas ändern sollte“, betonte Merkel. Sie dankte den Gesundheitsämtern für ihre gute Arbeit bei der Nachverfolgung von Infektionen. Sie sei dankbar dafür, dass viel Kraft darauf verwendet werde, das lokale Geschehen einzudämmen – „Das ist eine harte Arbeit, aber die muss gemacht werden“, so die Kanzlerin.
Konjunkturpaket gebilligt
Bei ihren Beratungen haben sich Bund und Länder heute auch mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie befasst. Die Länder billigten dabei die Maßnahmen, die im Konjunkturpaket verabredet wurden und auch die Länder betreffen. „Damit können wir den kommenden Bundesratssitzungen optimistisch entgegensehen“, so Merkel.
Die Kanzlerin betonte, wie wichtig die gute Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der jetzigen Situation sei: „Der wirtschaftliche Einschnitt ist der gravierendste, den wir in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland erlebt haben,“ so Merkel. „Wir werden viel Kraft brauchen, um dem Weg weiter gut zu gehen, damit sich der Wohlstand sich im Land vernünftig entwickeln kann.“
Umsetzung der Energiewende
Bund und Länder einigten sich auch darauf, bei der großen Aufgabe der Energiewende, eng zusammen zu arbeiten. „Ein ganz wichtiges Thema,“ so Merkel. „Wir müssen alles dafür tun, damit Netzausbau und der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangeht.“
Hierbei sollen die Versorgungssicherheit, bezahlbare Strompreise und die Klimaschutzaspekte fest im Blick behalten werden. Konkrete Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 werden mit der anstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes umgesetzt. Hierzu soll unter anderem zudem eine bessere Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Kommunen am Ausbau der Windenergie gehören. Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze ist ein gemeinsames Anliegen von Bund und Ländern.
Einvernehmen zwischen Bund und Ländern gab es zudem bei der Beschleunigung des flächendeckenden Mobilfunknetzausbaus und das Mobilfunkförderprogramm des Bundes.
Die Beschlüsse im Wortlaut:
Coronavirus-Infektionen
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:
Deutschland ist bisher im internationalen Vergleich erfolgreich durch die Coronavirus-Pandemie gekommen. Dies ist ein Erfolg der Bürgerinnen und Bürger, die sich in den vergangenen Wochen verständnis-, rücksichts- und verantwortungsvoll verhalten haben. Die zielgerichteten Maßnahmen, die umsichtig und schnell umgesetzt wurden, haben in den vergangenen Wochen die Ausbreitung des Corona-Virus wirkungsvoll eingedämmt und erheblich verlangsamt. Überlastungen der Krankenhäuser konnten vermieden werden, die Verbreitung des Corona-Virus wurde deutlich gebremst und die Infektionszahlen sind stark rückläufig. Die Zahl der Genesenen übersteigt seit einiger Zeit täglich die Zahl der Neuinfizierten. Die Anzahl der bestätigten Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen je 100.000 Einwohner liegt derzeit in nahezu allen Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands deutlich unter 50 und in vielen sogar bei 0.
Bund und Länder haben auf der Grundlage gemeinsamer Beschlüsse erfolgreich den Pfad zur schrittweisen Öffnung der letzten Wochen gemeinsam definiert. Die Länder haben in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund landesspezifischer Besonderheiten und des jeweiligen Infektionsgeschehens die verbliebenen Schritte auf der Grundlage von Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen Fachministerkonferenzen geregelt. Die Anzahl der Neuinfektionen ist niedrig geblieben.
Diesen Erfolg gilt es zu sichern. Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen müssen noch auf absehbare Zeit neue Lebenswirklichkeit für unser Land sein. Der Umgang mit dem Virus wird für die Zeit, bis ein Impfstoff oder ein wirksames Medikament gegen Covid-19 gefunden wurde, unsere Handlungen bestimmen. Entscheidend für den weiteren Erfolg sind dabei beherrschbare Fallzahlen und die Fähigkeit, frühzeitig neue Infektionsketten zu unterbrechen.
Vor diesem Hintergrund vereinbaren Bund und Länder folgende Eckpunkte für das weitere gemeinsame Vorgehen bei der Eindämmung der COVID19-Epidemie:
A. Achtsam bleiben, Vorsorge treffen
1. Um eine Ausbreitung des SARS-CoV2-Virus zu verhindern und sich individuell vor einer Infektion zu schützen, haben Bürgerinnen und Bürger weiter grundsätzlich einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Diese Maßnahme wird ergänzt durch eine Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten öffentlichen Bereichen, verstärkte Hygienemaßnahmen und das Instrument der Kontaktbeschränkungen.
2. Die Bürgerinnen und Bürger sind weiter angehalten, die Zahl der Menschen, zu denen sie Kontakt haben, möglichst gering zu halten und den Personenkreis möglichst konstant zu belassen. Nähere und längere Kontakte sind auf ein Minimum zu reduzieren. Wo die Möglichkeit besteht, sollen Zusammenkünfte vorzugsweise im Freien abgehalten werden.
3. Dort, wo die regionale Dynamik im Infektionsgeschehen (mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in 7 Tagen) dies erfordert, sollen im Rahmen der vorzusehenden Maßnahmen im öffentlichen Raum weitergehende Kontaktbeschränkungen erlassen werden, um den Ausbruch einzudämmen und ein überregionales Infektionsgeschehen zu verhindern.
4. Die schnelle und vollständige Kontaktnachverfolgung ist ein elementarer Bestandteil der gemeinsamen Öffnungsstrategie der Länder. Je effizienter sie funktioniert, desto schneller und wirksamer kann auf ein auftretendes Ausbruchsgeschehen reagiert werden. In den vergangenen Monaten haben die Länder mit tatkräftiger Unterstützung des Bundes die Kontaktnachverfolgung durch den massiven Ausbau des Personalbestands im Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Einrichtung von Kontaktnachverfolgungsteams an jedem einzelnen Gesundheitsamt enorm vorangebracht.
5. Testungen sind von entscheidender Bedeutung für die Eindämmung, Rückverfolgung und Unterbrechung von Corona-Infektionsketten und damit die Verhinderung unkontrollierter Ausbruchsgeschehen. Im Rahmen einer deutschlandweiten Strategie gilt es, gezielt Testungen insbesondere in Einrichtungen mit vulnerablen Personengruppen zu ermöglichen und hierfür die Testkapazitäten auszubauen. Symptomatische Verdachtsfälle werden dabei wie bisher prioritär getestet. Dort, wo zum Beispiel in einer Kinderbetreuungseinrichtung oder einer Schule ein Fall auftritt, müssen umfassende Testungen in der Einrichtung auf Kosten der Krankenkassen erfolgen.
6. Mit der neuen Corona-Warn-App setzt Deutschland nun einen weiteren, digitalen Meilenstein in der Corona-Bekämpfung. Mit ihr können alle Bürgerinnen und Bürger aktiv mithelfen, entstehende Infektionsketten bereits im Ansatz zu unterbrechen. Die App kann ihre Wirkung aber nur entfalten, wenn möglichst viele Menschen sie benutzen. Daher rufen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder gemeinsam alle Bürgerinnen und Bürger, die ein Smartphone benutzen, dazu auf, die App herunterzuladen und im Alltag zu verwenden. Sie betonen in diesem Zusammenhang, dass die App maximalen Datenschutzanforderungen genügt und die Privatsphäre der Menschen vollumfänglich wahrt. Denn sie kennt weder Namen, Telefonnummer oder Standort des Benutzers. Daten werden ausschließlich dezentral auf dem Handy gespeichert und sind nicht nachverfolgbar.
B. Öffnungen verantwortungsvoll ermöglichen
7. Die Länder haben auf Basis des gemeinsamen Beschlusses mit der Bundeskanzlerin vom 6. Mai 2020 über die schrittweise Öffnung zahlreicher Lebensbereiche mit Auflagen auf der Grundlage von Hygiene- und Abstandskonzepten entschieden. So konnten Öffnungen beispielsweise für die Gastronomie, den Beherbergungsbereich, den Kulturbetrieb sowie für die Zusammenkünfte religiöser Gemeinschaften nach und nach ermöglicht werden. Durch sukzessives und verantwortungsvolles Vorgehen gelang es, dabei nicht zugleich die gemeinsam erzielten Erfolge bei der Pandemiebekämpfung zu riskieren. Die Länder sind daher weiterhin bestrebt, in eigener Verantwortung einschränkende Maßnahmen zurückzunehmen bzw. weiter abzumildern, soweit die epidemiologische Beurteilung und das Infektionsgeschehen dies zulassen.
8. Die vorübergehend unumgänglichen Schließungen von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen waren und sind für alle Kinder und Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Lehrerinnen und Lehrer sehr belastend. Die positive Entwicklung des Infektionsgeschehens in den letzten Wochen lässt nunmehr nach aktuellem Stand folgende gemeinsame Perspektiven für Öffnungen auf Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten der zuständigen Fachministerkonferenzen zu: Die Länder streben an, bei gleichbleibend positivem Infektionsgeschehen spätestens nach den Sommerferien in den schulischen Regelbetrieb auf der Grundlage von Schutz- und Hygienekonzepten zurückzukehren. Zeitnah soll auch von der Notbetreuung zu einem möglichst vollständigen Regelbetrieb der Kinderbetreuungsangebote zurückgekehrt werden.
9. Die Bürgerinnen und Bürger haben in den letzten Monaten auf private Reisen und Besuche -auch von Verwandten- weitgehend verzichtet und damit einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geleistet. Durch die zwischenzeitlich umgesetzten Lockerungsmaßnahmen wurden und werden private und touristische Reisen schrittweise wieder möglich.
So ist unter anderem der touristische Reisebusverkehr in den meisten Ländern wieder erlaubt. Die Länder gleichen die für den touristischen Reisebusverkehr erforderlichen Schutzmaßnahmen bundeseinheitlich wie im öffentlichen Personenverkehr an. Im Falle noch unterschiedlicher Anforderungen ist Transitverkehr erlaubt. Bei Pausen gelten die Hygieneregelungen des jeweiligen Landes (z.B. beim Anfahren von Rastplätzen und dem Aufsuchen von gastronomischen Einrichtungen).
10. Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist, sollen mindestens bis Ende Oktober 2020 nicht stattfinden. Versammlungen genießen grundrechtlich besonders verbürgten Schutz; angesichts der bei Menschenansammlungen vorhandenen Infektionsgefahren ist aber auch großes Augenmerk auf das Vorliegen geeigneter Schutz- und Hygienekonzepte und deren Einhaltung zu legen.
Bewältigung der Corona-Pandemie
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich der besonderen Herausforderung, welche die Pandemie neben den gesundheitlichen Folgen auch für die Arbeitsplätze, die Wirtschaft und die soziale Lage im Inland darstellt, bewusst. Aufbauend auf die bisherigen Hilfsprogramme von Bund und Ländern zur Bewältigung der Krise setzt die Bundesregierung derzeit ein umfangreiches Paket an Maßnahmen aus dem Beschluss der Regierungskoalition „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ um.
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich einig, hierbei zusammenzuwirken und im jeweils eigenen Zuständigkeitsbereich alles Erforderliche zu tun, um dem Ziel einer wirksamen Bekämpfung der negativen Pandemiefolgen zum Erfolg zu verhelfen. Über die notwendige Mitwirkung der Länder im Rahmen der gesetzgeberischen Umsetzung hinaus vereinbaren sie daher:
1. Die Senkung der Umsatzsteuer von 19% auf 16% und von 7% auf 5% für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ist ein wichtiges konjunkturpolitisches Signal zur Stärkung der Binnennachfrage. Die Länder begrüßen die Zusage des Bundes, daraus resultierende Steuerausfälle der Länder und Kommunen zu übernehmen. Die Erhöhung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende unterstützt Alleinerziehende, weil gerade sie in Zeiten von Corona vor besonderen Herausforderungen stehen. Damit die Entlastung in diesem Jahr bei der Lohnsteuer unbürokratisch wirken kann, streben die Länder an, den Erhöhungsbetrag von Amts wegen, d.h. ohne Antrag der Alleinerziehenden, in ELSTAM einzutragen.
2. Mit einem einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind für jedes kindergeldberechtigtes Kind werden die besonders von den Einschränkungen betroffenen Familien unterstützt. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag vergleichbar dem Kindergeld verrechnet. Er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Der Länder- und Kommunalanteil an diesem einmaligen Bonus wird den Ländern vom Bund nachträglich erstattet.
3. Der Bund hat die Auflage eines Überbrückungshilfeprogramms für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Corona-Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen mussten, für die Monate Juni bis August 2020 in Höhe von bis zu 25 Mrd. Euro beschlossen. Bund und Länder streben den kurzfristigen Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung an, damit die Überbrückungshilfen durch kleine und mittelständische Unternehmen so schnell wie möglich beantragt und ihnen ausgezahlt werden können, um zu ihrer Existenzsicherung beizutragen. Die Antragstellung soll nur digital erfolgen können und verpflichtend über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer abgewickelt werden. Die Länder stellen die zügige Bearbeitung und Auszahlung sicher.
4. Zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen wird der Bund für das Jahr 2020 im Rahmen eines Kredit-Sonderprogramms über die KfW zu 80 Prozent die erforderliche Haftungsfreistellung entsprechender zu fördernden Maßnahmen der landeseigenen Förderinstitute sicherstellen. Die Länder werden prüfen, ob sie mit eigenen Mitteln eine Haftungsfreistellung bis zu insgesamt 100 Prozent für Programme zugunsten gemeinnütziger Organisationen ermöglichen.
5. Den pauschalierten hälftigen Ausgleich für die aktuellen krisenbedingten Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen durch den Bund werden die Länder so an die Kommunen weitergeben, dass alle Gebietskörperschaften orientiert an ihrem Ausfall davon profitieren. Die Länder werden die weitere Hälfte der Ausfälle mit eigenen Mitteln leisten. Darüber hinaus begrüßen die Länder die Entlastung der Kommunen über die erhöhte Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft. Die notwendige Änderung des Grundgesetzes wird unterstützt.
6. Der Bund wird die Länder im Jahr 2020 bei der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unterstützen, da durch die Corona-Pandemie die Fahrgeldeinnahmen stark verringert sind. Dies erfolgt durch die einmalige Erhöhung der Regionalisierungsmittel in Höhe von 2,5 Mrd. Euro in 2020. Es ist beabsichtigt, dass durch die zügige Beschlussfassung über den Nachtragshaushalt und das Gesetz über begleitende Maßnahmen zur Umsetzung des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets die Mittel zeitnah zur Verfügung stehen.
Die Länder sagen zu, die Auszahlungen an die betroffenen ÖPNVUnternehmen bzw. die jeweiligen Aufgabenträger sowie den nachträglichen Mittelausgleich der Länder untereinander auf der Grundlage einer Endabrechnung der tatsächlich eingetretenen finanziellen Nachteile schnellstmöglich vorzunehmen.
7. Bund und Länder werden zügig daran arbeiten, die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und seiner Finanzierung (einschließlich der Betriebskosten) einvernehmlich zu klären und auf dieser Grundlage einen solchen zu schaffen. Die Länder werden die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten 1,5 Mrd. Euro für den Ausbau der Ganztagsbetreuung zeitnah einsetzen.
8. Der Digitalpakt Schule wurde seitens des Bundes um 500 Mio. Euro für Endgeräte erweitert und in einer Zusatzvereinbarung („Sofortprogramm“) geregelt. Die Endgeräte aus dem Sofortprogramm sollen nach den Sommerferien 2020 einsetzbar sein. Mit der im Juni beschlossenen, weiteren finanzielle Unterstützung des Bundes über 500 Mio. Euro bei gleichbleibendem Eigenanteil der Länder wird der Förderkatalog des Digitalpakts erweitert um die künftige, befristete Beteiligung des Bundes an der Ausbildung und Finanzierung von IT-Administratoren, damit die digitale Bildung im Präsenzunterricht sowie im Rahmen von digitalem Hausunterricht auf hohem Standard mit Unterstützung des Bundes erteilt werden kann. Im Wissen um die zentrale Rolle, die die Lehrkräfte bei der Verzahnung von Präsenzunterricht und E-Learning haben, werden die Länder im Gegenzug die digitale Weiterbildung der Lehrkräfte verstärken. Hierzu dient das Schuljahr 2018/2019 als Vergleichsmaßstab. Die Länder werden hierüber im Rahmen des Verfahrens des Digitalpaktes berichten. Bund und Länder streben an, zur Umsetzung bis Ende August eine weitere Sondervereinbarung abzuschließen, damit die Umsetzung noch im Jahr 2020 erfolgen kann.
9. Bund und Länder bekräftigen das Ziel, bis 2030 mindestens eine Millionen Ladepunkte als Ladeinfrastruktur für Elektromobilität aufzubauen. Die Länder unterstützen das Anliegen des Bundes, die Authentifizierungs- und Bezahlsysteme für Ladesäulen einheitlicher und verbraucherfreundlicher auszugestalten. In den nächsten zwei Jahren sollen 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden. Die Automobilwirtschaft wird bis 2022 mindestens 15.000 zusätzliche öffentliche Ladepunkte beisteuern. Die Länder werden prüfen, ob Ergänzungen oder Änderungen in den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen bzgl. Ladeinfrastruktur-förderlicher Vorgaben sowie diesbezüglichen Brandschutzregelungen der Länder möglich und sinnvoll sind und dazu in der MPK im Dezember 2020 einen Bericht der Bauministerkonferenz vorlegen. Darüber hinaus prüfen die Länder, welche eigenen Liegenschaften für den Aufbau von Ladeinfrastruktur geeignet sind und übermitteln diese an die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur. Die Länder begrüßen es, dass der Bund zukünftig die private und gewerbliche Ladeinfrastruktur deutlich stärker fördern wird.
10. Zur zügigen und flächendeckenden Umsetzung des Online-ZugangsGesetzes (OZG) unterstützt der Bund die Länder und Kommunen finanziell bei dieser Umsetzung, wenn diese das gemeinsame Architekturkonzept („einer für alle“) flächendeckend umsetzen. Die (Nach-)Nutzung der so erstellten Services ist die entscheidende Grundlage für einen schnellen skalierbaren Erfolg des OZG. Auf dieses Vorgehen verpflichten sich die Länder und streben unter Beachtung der Vorgaben zur Interoperabilität eine fristgerechte Umsetzung des OZG in ihrem Zuständigkeitsbereich gemeinsam mit den Kommunen an. Unterstützt wird dieses Vorgehen durch ein PlattformSystem.
11. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beauftragen die Gesundheitsministerkonferenz, bis zum 30. August 2020 den Entwurf für einen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD)“ vorzulegen, um diesen personell mit Unterstützung des Bundes ab dem Jahr 2022 und technisch besser auszustatten und die Strukturen zukunftsfähig auszugestalten. Dabei soll im Bereich Personal auch die Attraktivität der ärztlichen Tätigkeit im ÖGD, die Aus- und Weiterbildung sowie die Nachwuchsgewinnung enthalten sein. Im Bereich der technischen Ausstattung soll insbesondere geklärt werden, wie das Meldewesen durch eine flächendeckend interoperable, nutzerfreundliche Digitalisierung verbessert und beschleunigt werden kann. Zur Vorbereitung des „Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ und zur Einbindung der Beteiligten auf kommunaler Ebene wird die Bundeskanzlerin unter Beteiligung des MPKVorsitzlandes Bayern und Ko-Vorsitzlandes Hamburg zu einem OnlineKongress einladen.
12. Die Bundesregierung wird aus dem Bundeshaushalt drei Mrd. Euro in einem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ in eine modernere und bessere investive Ausstattung der Krankenhäuser in Deutschland investieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf moderne Notfallkapazitäten, eine bessere digitale Infrastruktur, die IT- und Cybersicherheit sowie die Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen. Die Umsetzung erfolgt analog zu den Regelungen des bereits vorhandenen Strukturfonds. Anders als beim bestehenden Strukturfonds, der eine Kofinanzierung von mindestens 50% durch das jeweilige Land bzw. die zu fördernde Einrichtung vorsieht, wird das Erfordernis der Kofinanzierung auf 30% reduziert. Dabei soll auch der Bedeutung der Universitätsklinika für die Versorgung angemessen Rechnung getragen
werden.
13. Der Bund wird eine nationale Reserve an persönlicher Schutzausrüstung aufbauen. Dazu wird von BMWi, BMG, BMI und BMVg aktuell ein Konzept zur Bildung einer Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) erstellt. Die Länder werden dafür Sorge tragen, dass dies auch dezentral in den medizinischen Einrichtungen und beim Katastrophenschutz der Länder erfolgt. Maßstab für die Bevorratung soll sein, dass ein physischer Mindestvorrat von einem Monat besteht. Der Bund wird die entsprechende Erstausstattung finanziell unterstützen.
14. Soweit die Förderprogramme aus dem Konjunkturpaket des Bundes eine Kofinanzierung der Länder vorsehen, werden diese ebenfalls kurzfristig Haushaltsmittel bereitstellen, um den für die konjunkturelle Wirkung wesentlichen Mittelabfluss in den Jahren 2020 und 2021 sicherzustellen, zum Beispiel im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) oder beim Investitionspakt Sportstätten. Das betrifft auch den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung mit dem „5.Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung 2020 – 2021“, für das der Bund zusätzlich eine Mrd. Euro zur Verfügung stellt. Beim Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder unterstützt der Bund die Länder entweder durch einen Zuschuss in Höhe von höchstens 54 Prozent der investiven Kosten oder in Höhe von höchstens einem Drittel der Gesamtkosten der Kindertagesbetreuung. Im Übrigen bleibt es bei Projekten im Rahmen der GRW bei der hälftigen Teilung der Kosten zwischen Bund und Ländern.
Umsetzung Energiewende
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:
Die Energieversorgung in Deutschland befindet sich in einem tiefgreifenden Umstrukturierungsprozess. Bund und Länder sind sich einig, dass das Ende der Kernenergieerzeugung und der bis spätestens 2038 rechtssicher abzuschließende Ausstieg aus der Kohleverstromung eine große nationale Kraftanstrengung unter anderem bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Netze erfordert.
Die COVID-19-Pandemie stellt die Energiewende vor zusätzliche Herausforderungen. Bund und Länder stellen fest, dass die bewährten und erprobten Prozesse des Krisen- und Notfallmanagements auch im aktuellen Pandemie-Fall greifen. Sie bekräftigen, dass in dieser Sondersituation die Versorgungssicherheit mit Energie weiterhin ohne Einschränkungen gewährleistet und die Leistungsfähigkeit der Energiewirtschaft erhalten bleiben muss. Allerdings haben die aufgrund des Infektionsschutzes notwendigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens tiefgreifende Auswirkungen: Fallende Börsenstrompreise und ein Rückgang der Stromnachfrage lassen eine deutlich steigende EEG-Umlage erwarten. Zudem wirken sich die Pandemie-Maßnahmen auf die wirtschaftliche Situation der Energiebranche, laufende Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie den Verwaltungsvollzug aus. Bund und Länder arbeiten bei der Bewältigung und Abfederung der Folgen der Pandemie eng zusammen.
Vor dem Hintergrund der durch die Pandemie ausgelösten Rezession gilt es umso mehr, die Energiewende kosteneffizient zu organisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht zu gefährden. Gleichzeitig bietet das vom Bund beschlossene Zukunftspaket große Chancen, zur konjunkturellen Wiederbelebung beizutragen, die Entwicklung innovativer Energieund Klimatechnologien zu fördern und starke Klimaschutzimpulse auszulösen.
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung und die Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien gehören zusammen. Gleichzeitig gilt es, die enormen Chancen, die sich aus der strukturellen Änderung der Energieversorgung in Deutschland ergeben, zu ergreifen.
Bund und Länder sind sich einig in dem Ziel, die Versorgungssicherheit jederzeit zuverlässig zu gewährleisten sowie eine bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung für Wirtschaft und private Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen. Wettbewerbsfähige Strompreise sind wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung, einen starken Industriestandort, Sektorkopplung und neue Stromanwendungen, wie beispielsweise die Elektromobilität und Wärmepumpen. Beides ist Voraussetzung für die Akzeptanz der Energiewende. Ergänzend zum direkten Einsatz erneuerbarer Energien sollen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien mittel- bis langfristig zu einem wesentlichen Träger von sauberer Energie werden. Dafür müssen sich Märkte, Infrastrukturen und neue internationale Partnerschaften entwickeln.
Die Energiewende ist ein wesentliches Element auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050. Ziel ist, dass Deutschland möglichst viel seines Bedarfs an elektrischer Energie aus heimischen erneuerbaren Energieträgern deckt. Dazu bedarf es einerseits dringend einer akzeptanzgesicherten Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, insbesondere der Windkraft und der Photovoltaik, und andererseits eines raschen Ausbaus beziehungsweise Modernisierung der Stromund Gasnetze. Dieser Weg bietet technologische und wirtschaftliche Herausforderungen aber auch Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Kosteneffizienz der klima- und energiepolitischen Maßnahmen muss daher eines der maßgeblichen Leitbilder des politischen Handelns sein. Die Einigung von Bund und Ländern zum Einstieg in eine CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr ist daher nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Dekarbonisierung und zur Sektorkopplung, sondern ergänzend zum ETS ein weiterer wichtiger Impuls für eine zunehmend marktwirtschaftliche Steuerung in der Energie- und Klimapolitik.
Bund und Länder sind sich einig, dass sie gemeinsam die gesamtstaatliche Verantwortung für eine dauerhaft sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung und die Einhaltung der Klimaschutzziele zum Wohle aller wahrnehmen.
Entwicklung des Strombedarfs
Während im Zielmodell des Klimaschutzprogramms für 2030 ein Bruttostromverbrauch von 580 TWh als Basis für das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 unterstellt wird, ist perspektivisch zu erwarten, dass der Strombedarf durch neue Stromverbraucher (z.B. Elektromobilität, Wärmepumpen, PtX-Anwendungen, Digitalisierung, neue industrielle Großverbraucher) insbesondere nach 2030 deutlich steigen dürfte. Für die weiteren Überlegungen zum Ausbaubedarf von Netzen und erneuerbaren Energien ist es wichtig, möglichst frühzeitig Trends in der Entwicklung des Strombedarfs zu identifizieren. Die Bundesregierung wird die Entwicklung des Strombedarfs daher im Rahmen eines Monitorings genau beobachten. Die Ergebnisse dieses Monitorings sowie fundierter Prognosen fließen in die Planungen und Entscheidungsprozesse zum weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien sowie bedarfsgerecht aufeinander abgestimmter Strom- und Gasleitungsinfrastruktur ein. Auf Grundlage konkreter Strombedarfsprognosen wird rechtzeitig ein Ziel- und Mengengerüst für 2035 / 2040 für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgelegt.
Steigerung der Energieeffizienz
Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch wurden in Deutschland erfolgreich entkoppelt. Dennoch sind insbesondere im Verkehrs- und Gebäudebereich verstärkte Anstrengungen nötig, um den Primärenergieverbrauch deutlich zu reduzieren. Um diesen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2008 zu senken, werden Bund und Länder u.a. im Rahmen der Effizienzstrategie 2050 und der Umsetzung der darin vorgesehenen Maßnahmen verstärkt zusammenarbeiten. Der Bund wird prüfen, ob es zur Sicherstellung der Zielerreichung weiterer Maßnahmen bedarf. Im Rahmen des Zukunftspakets hat der Bund bereits beschlossen, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm für 2020 und 2021 um eine Milliarde Euro auf 2,5 Milliarden Euro aufzustocken. Auch die Förderprogramme des Bundes zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude werden aufgestockt und ein Programm zur Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen wird aufgelegt.
Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030
Ein weiterer zielstrebiger, effizienter, weitestgehend netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende und Klimaschutzpolitik auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um den Kohleausstieg zu kompensieren und die Sektorkopplung zu beschleunigen, ist ein zügiger Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der notwendigen Netze dringend erforderlich. Um Planungssicherheit für den weiteren Ausbau zu gewährleisten, wird der Bund einen Entwurf für eine EEG- sowie eine Wind-See-Gesetz-Novelle u.a. mit technologiespezifischen Ausbaupfaden und jährlichen Ausschreibungsmengen im Hinblick auf das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 vorlegen. Darin wird der Bund zudem die Rahmenbedingungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien verbessern. Er wird u.a.:
1. das Wind-Offshore Ausbauziel auf 20 GW anheben und einen ersten Zielkorridor für 2040 definieren,
2. eine bessere Regionalisierung des Zubaus der Erneuerbaren Energien ermöglichen (Regionalisierungskomponente),
3. das Repowering erleichtern,
4. die stärkere finanzielle Beteiligung von Bürgern und Kommunen an Windenergieanlagen an Land und die Möglichkeiten für Projektbeteiligungen von Bürgerinnen und Bürgern an erneuerbare Energien-Projekten in enger Abstimmung mit den Ländern verbessern.
5. im Rahmen der EEG-Novelle eine bessere Erschließung des Potenzials für große PV-Dachanlagen prüfen,
6. das Mieterstrommodell verbessern,
7. wirtschaftliche Perspektiven für effiziente, systemdienliche und umweltverträgliche Biomasseanlagen prüfen und Entwicklungsoptionen für Bioenergie im Rahmen des nachhaltig, auch unter Beachtung weiterer Umweltfaktoren verfügbaren Potenzials aufzeigen.
Bund und Länder werden zeitnah den von den Koalitionsfraktionen angestrebten Koordinierungsmechanismus konkretisieren, um den Umsetzungsstand des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im Hinblick auf die Erreichung des bundesweiten 65%-Ziels im Jahr 2030 zu monitoren.
Die Bundesregierung wird prüfen, ob und wie auch Eigenstromproduktion so ermöglicht werden kann, dass diese einerseits wirtschaftlich und andererseits ohne Auswirkungen auf den Strompreis betrieben werden kann. Dies darf außerdem nicht zu einer Entsolidarisierung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur und der Energiewende führen.
Die Bundesregierung wird das Ziel- und Mengengerüst für den Ausbau erneuerbarer Energien mit Blick auf die Entwicklung des Stromverbrauchs und möglicher Anpassungen unserer Klimaziele regelmäßig überprüfen.
Bund und Länder sind sich einig, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende zentral ist. Die Länder beteiligen sich an der Ausarbeitung der verbesserten Rahmenbedingungen für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und insbesondere den akzeptanzsteigernden Maßnahmen vor Ort.
Bund und Länder schaffen gemeinsam die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen, insbesondere zur Erschließung ausreichender Flächen für den notwendigen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Sie begrüßen, dass die gesetzlichen Änderungen zur Abstandsregelung für Windenergieanlagen an Land mit Länderöffnungsklausel („Opt-in-Lösung“) sowie zur Abschaffung des 52 GW-PV-Deckels unverzüglich im parlamentarischen Verfahren umgesetzt werden sollen.
Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und Verbesserung der Genehmigungssituation beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze
Bund und Länder sind sich einig, dass zur Erreichung der Ausbauziele der Windenergie an Land eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine Verbesserung der Genehmigungssituation dringend notwendig ist. Hierzu sollen die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden:
1. Bedarfsgerechte Personal- und technische Ausstattung der Planungsund Genehmigungsbehörden
2. Möglichst zentrale Genehmigungsstrukturen je Land
3. Instanzenverkürzung (die Oberverwaltungsgerichte sollen künftig im ersten Rechtszug über Streitigkeiten im Genehmigungsverfahren entscheiden)
4. Entfall der automatischen aufschiebenden Wirkung von Widersprüchen und Klagen gegen Genehmigungen
5. Einrichtung einer zentralen Beratungsstelle
6. Naturschutzfachliche Standardisierung zur Vereinfachung des Vollzugs des Artenschutzrechts bei Genehmigungserteilung.
Natur- und Artenschutzvorschriften sind zentrale Faktoren für die Verfahrensdauer und Rechtswirksamkeit von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowohl beim Ausbau der erneuerbaren Energien als auch bei den Stromnetzen. Bund und Länder sind gemeinsam der Auffassung, dass die Belange des Natur- und Artenschutzes einerseits und des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie des Stromnetzes zu einem vernünftigen Ausgleich gebracht werden müssen.
Versorgungssicherheit und Netzausbau
Für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stromversorgung auf dem heutigen hohen Niveau und zum Erhalt der einheitlichen deutschen Stromgebotszone ist die zügige Umsetzung der im Netzentwicklungsplan bestätigten Netzausbaumaßnahmen erforderlich. Ihr energiewirtschaftlicher Bedarf wird durch Novellierung des Bundesbedarfsplangesetzes festgestellt, die zeitnah auf den Weg gebracht wird. Um die Netzausbauvorhaben fristgerecht fertigzustellen, bekräftigen Bund und Länder die vereinbarten Zeitpläne zum vorausschauenden Controlling des Netzausbaus vom Mai 2019 und aus der Offshore-Vereinbarung vom Mai 2020.
Die Netzintegration der Erneuerbaren Energien sowie neuer flexibler Verbrauchseinrichtungen spielt sich vor allem in den Verteilnetzen ab. Die Grundlagen hierfür hat das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende gelegt. Der Rollout intelligenter Messsysteme als zentrale Kommunikationsplattform hat begonnen. Auf der Verteilnetzebene sind die Voraussetzungen für den Einsatz neuer und digitaler Technologien zu verbessern (smart meter, smart grid etc.). Bund und Länder unterstützen die durch das BMWi angestoßene Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für flexible Verbraucher in den Verteilnetzen auf Grundlage des §14a EnWG.
Bund und Länder sehen eine Fortentwicklung des Monitorings der Versorgungssicherheit vor. Danach umfasst das Monitoring der Versorgungssicherheit künftig unter objektiven und belastbaren Kennziffern auch eine vertiefte Analyse mit Bezug auf die Netze und berücksichtigt kritische historische Wetter- und Lastjahre, ungeplante Kraftwerksausfälle sowie zeitliche und technische Restriktionen beim Kraftwerkszubau.
Die Bundesregierung wird das Monitoring der Versorgungssicherheit im Sinne eines Frühwarnsystems und einer zentralen Entscheidungsgrundlage im Rahmen eines Dialogprozesses mit den Betroffenen, der Wissenschaft und den Nachbarländern weiter verbessern.
Der Bund wird die Länder in das neue Monitoring einbinden und dabei auch prüfen, ob das bestehende Marktdesign ausreichend ist, auch zukünftig die Versorgungssicherheit in ganz Deutschland zu gewährleisten. Die Bundesregierung prüft zudem neue und innovative Ausschreibungsinstrumente, um die Systemverantwortung der erneuerbaren Energien zu erhöhen – z.B. durch die Kombination von Gaskraftwerken mit erneuerbaren Energien – und so zusätzliche gesicherte Leistung in das bestehende Marktsystem zu integrieren und die Versorgungssicherheit hinter dem Netzengpass zu erhöhen. In der anstehenden EEG-Novelle wird die Bundesregierung einen Vorschlag zur Regionalisierung der Biomasseförderung vorlegen, der insbesondere darauf zielt, kostengünstige und hochflexible Kapazität unter Beachtung des nachhaltig verfügbaren Biomassepotenzials südlich des Netzengpasses anzureizen.
In einem zunehmend auf erneuerbaren Energien beruhenden Energiesystem können effiziente und flexible Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zum Ausgleich von Angebots- und Nachfrageschwankungen beitragen. Die Bundesregierung hat im Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes die Weichen für eine Weiterentwicklung und Flexibilisierung der Kraft-Wärme-Kopplung gestellt. Damit werden verbesserte Bedingungen geschaffen, bestehende KWKKohlekraftwerke in ganz Deutschland vollständig auf Gas und/oder erneuerbare Energien umzustellen. Beim Kohleersatzbonus sollte die Höhe und eine Differenzierung geprüft werden, um die nötige Anreizwirkung zu entfalten. Mit einem neuen Südbonus werden südlich der Netzengpässe Anreize für mehr KWK-Leistung gesetzt. Die Bundesregierung wird die künftige Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung im Lichte des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie die Förderung von „Wasserstoff-ready“ Anlagen über das KWKG weiter prüfen.
Sektorkopplung und Speicher
Die Sektorenkopplung ist Voraussetzung für die Dekarbonisierung im Wärmeund Mobilitätssektor und in der Industrie. Mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien sowie mit dem bereits beschlossenen Atom- und Kohleausstieg wird eine funktionierende Sektorenkopplung (u.a. E-Mobilität, Wärmepumpen, Power-to-X-Technologien) und Energiespeicherung neben weiteren Flexibilitätsoptionen zunehmend an Bedeutung gewinnen und kann einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Bund und Länder setzen sich gemeinsam dafür ein, die regulatorischen Rahmenbedingungen sukzessive an die Erfordernisse einer effizienten, nachhaltigen Sektorkopplung anzupassen. Mit der im Klimaschutzprogramm 2030 und im Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern beschlossenen CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr und der beschlossenen Entlastung der EEG-Umlage mit den Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel wird – als erster Schritt – eine aufkommensneutrale Umgestaltung der Energiepreisbestandteile umgesetzt, die die sektorübergreifende Energiewende vorantreiben und die Anreize für eine zunehmende Elektrifizierung im Wärme- und Mobilitätssektor verstärken soll.
Entwicklung der Strompreise
Bund und Länder sind sich einig, dass bezahlbare Strompreise ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen sowie für die Akzeptanz der Energiewende sind.
Die Länder begrüßen, dass der Bund wie im Klimaschutzprogramm 2030 einschließlich des Vermittlungsausschussergebnisses vorgesehen die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass ein beträchtlicher Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr dafür eingesetzt werden kann, die EEG-Umlage zu entlasten. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Energiemärkten ist allerdings ein deutlicher Anstieg der EEG-Umlage zu erwarten. Dieser Anstieg würde die geplante Senkung der EEG-Umlage mit den Einnahmen der CO2-Bepreisung ab 2021 sogar überkompensieren. Um für mehr Verlässlichkeit bei den staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 zusätzlich zu diesen Einnahmen aus dem BEHG ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen, verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kWh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kWh liegen wird.
Bund und Länder nehmen die im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes vorgesehene Regelung zur Strompreiskompensation zur Kenntnis.
Bei der Umsetzung des nationalen Emissionshandels muss eine Doppelbelastung für Unternehmen, die bereits dem Europäischen Emissionshandel unterliegen, ausgeschlossen werden. Außerdem werden die zum Carbon Leakage-Schutz vorgesehenen Maßnahmen in Abstimmung mit den Ländern zügig umgesetzt und industrie- und mittelstandfreundlich ausgestaltet, um den betroffenen Unternehmen schnell Planungssicherheitnund Wettbewerbsfähigkeit zu gewähren.
Bei der Verabschiedung weiterer Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende und der Erreichung der Klimaziele werden Bund und Länder die Auswirkungen auf Strompreisbestandteile berücksichtigen und sicherstellen, dass diese das Ziel der Strompreissenkung nicht gefährden. Der Bund wird auch die Angemessenheit der staatlich induzierten Preisbestandteile mit Blick auf die Anforderungen der Energiewende prüfen, über die Ergebnisse der Prüfung informieren und einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen vorlegen. Gegenüber der EU-Kommission wird sich der Bund zudem für eine Verstetigung und Fortentwicklung der ETSStrompreiskompensation für energieintensive Unternehmen einsetzen.
Weiteres Verfahren
Bund und Länder bekräftigen das Ziel, den Netzausbau zu beschleunigen und gleichwohl den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht zu blockieren. Bund und Länder werden sich im Rahmen der EEG- und der Wind-auf-See-Gesetz-Novelle auf konkrete Maßnahmen zur besseren Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der Netze verständigen. Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die einheitliche deutsche Stromgebotszone erhalten bleibt und die Grundsätze der Kosteneffizienz und Kostentransparenz gewahrt bleiben. Dabei werden Bund und Länder auch prüfen, in wie weit übergangsweise Nutzungsmöglichkeiten für abgeregelten Überschussstrom bestehen. Der Transport des Stroms in die Lastzentren hat aber Priorität.
Für das Gelingen der Energiewende in einigen Bereichen des Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektors sind Alternativen zu den derzeit eingesetzten fossilen Energieträgern zwingende Voraussetzung. Durch erneuerbare Energien erzeugter Wasserstoff wird hier in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Daher ist es Ziel der Bundesregierung, mit der Nationalen Wasserstoffstrategie einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren. Deutschland hat das Ziel, weltweit führender Technologielieferant für grüne Wasserstofferzeugung und dessen effektive Nutzung zu sein. Da die verfügbaren Kapazitäten an erneuerbaren Energien für die Wasserstoffproduktion am Standort Deutschland auf absehbare Zeit begrenzt sind, wird Deutschland zur Deckung des steigenden Bedarfs europäische und internationale Partnerschaften und Kooperationen aufbauen und intensivieren. Als erster Schritt für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien ist eine starke und nachhaltige inländische Wasserstoffproduktion und Wasserstoffverwendung – ein „Heimatmarkt“ – unverzichtbar. Daher sollen bis 2030 industrielle Produktionsanlagen von bis zu 5 GW Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen. Für den Zeitraum bis 2035 werden nach Möglichkeit weitere 5 GW zugebaut. Bis 2040 werden die weiteren 5 GW spätestens entstehen. Neben der Prüfung, ob die Wasserstoffproduktion über Ausschreibungen von Elektrolyseleistungen gefördert werden kann, soll der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Wasserstoff insbesondere bei industriellen Prozessen in der Entwicklung und Prozessumstellung gefördert werden. Dabei wird bei den Fördermaßnahmen darauf geachtet, dass alle Regionen Deutschlands von den neuen Wertschöpfungspotenzialen der Wasserstoffwirtschaft profitieren. Die Umstellung wird sowohl durch Investitionszuschüsse in neue Anlagen als auch über ein neues Pilot-Programm zur Unterstützung des Betriebs von Elekrolyseanlagen auf Basis des Carbon Contracts for Difference-Ansatzes gefördert werden. Der Bund strebt die Befreiung der Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage an. Dabei wird sichergestellt, dass dadurch die EEG-Umlage nicht steigt. Zudem werden die regulatorischen Grundlagen für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur zügig umgesetzt. Um Maßnahmen aufeinander abzustimmen, Synergieeffekte zu nutzen, Pfadabhängigkeiten vorzubeugen, wertvolle Erfahrungen auszutauschen und verbleibende Handlungsbedarfe zu identifizieren, arbeiten Bund und Länder eng zusammen.
Der Bund wird die projektbezogene Forschung (u.a. SINTEG-Programm und Reallabore der Energiewende) ausweiten. Der Fokus liegt auf den nächsten großen Umbrüchen im Energiesystem: Digitalisierung und Sektorkopplung.
Bund und Länder werden prüfen, welche weiteren Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Genehmigungssituation im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien und des Netzausbaus bestehen, die zeitnah realisiert werden können. In diesem Zusammenhang soll auch geprüft werden, welche Änderungen, Präzisierungen, Verfahrenserleichterungen und Standardisierungen im Natur- und Artenschutzrecht zu Beschleunigungen führen.
In die Prüfung einbezogen werden sollen neben der erforderlichen Standardisierung auch Vereinheitlichungen im Naturschutz- und Artenschutzrecht, insb. auf untergesetzlicher Ebene, und eine mögliche Vorrangregelung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Energiewende. Bund und Länder setzen sich mit dem Ziel der Beschleunigung von Planungsund Genehmigungsverfahren gemeinsam dafür ein, diesbezüglich Verbesserungen anzustoßen, auch im Rahmen der deutschen EURatspräsidentschaft, darunter in der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) und der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG).
In diesem Zusammenhang begrüßen und unterstützen die Länder auch den von Seiten des Bundeskanzleramtes aufgesetzten Prozess zur Identifizierung von Beschleunigungspotenzialen im Bereich der Planungs- und Genehmigungsverfahren und Verbesserung der Genehmigungssituation.
Die Länder begrüßen, dass die Bundesregierung in einem ersten Schritt für die Bereitstellung neuer Flächen für die Windenergienutzung an Land das Bewertungsverfahren der DFS (Deutsche Flugsicherung GmbH) zum 1. Juni 2020 auf Grundlage gesicherter, anerkannter neuer Erkenntnisse geschärft und entsprechend aktualisiert hat. Dieser Prozess soll durch eine zügige Modernisierung der Infrastruktur beschleunigt werden, um eine Verringerung des Prüfbereichs zu ermöglichen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird die zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit bestehenden Reserveinstrumente im Sinne eines transparenten Marktdesigns prüfen und die Gespräche mit der Europäischen Kommission zur beihilferechtlichen Bewertung der Instrumente fortführen.
Quelle: Bundesregierung
Titelbild: Kanzlerin Merkel berichtet gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsidenten Söder (l.) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Tschentscher (2.v.r.) über die Bund-Länder-Beratung. Foto: Bundesregierung/Münch