Das Virus zirkuliert nicht mehr in Neustadt
UKJ-Experten präsentieren erste Ergebnisse der großen Neustadt-Studie
Jena/Neustadt am Rennsteig (ukj/kbo/ane).„Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Wir können die Neustädterinnen und Neustädter beruhigen, wir haben keine Coronaviren mehr nachweisen können“, sagt Professor Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena (UKJ). Der wissenschaftliche Leiter der großangelegten Corona-Studie rund um den ehemaligen Quarantäneort Neustadt am Rennsteig kann schon wenige Wochen nach Studienstart erste Ergebnisse vorstellen. Unter anderem, dass keiner der Teilnehmer aus dem Ort positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde.
Immerhin rund 71 Prozent, insgesamt 626 Bewohner des 883-Einwohner-Orts, hatten an der Studie teilgenommen, darunter über 50 minderjährige Teilnehmer. „Wir sind überwältigt vom Interesse und der großen Hilfsbereitschaft der Neustädter“, freut sich Pletz. Der kleine Ort im südthüringischen Ilm-Kreis stand im März 2020 für zwei Wochen unter Quarantäne, weil es dort ein erhöhtes Infektionsaufkommen mit vielen Kontaktpersonen gab.
Mit einem zehnköpfigen Wissenschaftsteam war Pletz Mitte Mai in Neustadt am Rennsteig, nahm von den Teilnehmern Blut- und Rachenspülwasserproben, befragte sie über Einzelheiten zur Symptomatik und möglichen Exposition mit dem Virus. „Im Rachenspülwasser konnten wir kein zirkulierendes Virus mehr nachweisen“, sagt Pletz. „Die Bewohner von Neustadt haben bereits in der vergangenen Woche ihre individuellen Ergebnisse mitgeteilt bekommen“.
Bei ca. 8 Prozent der Teilnehmer wurden in mindestens zwei von insgesamt sechs verschiedenen CoVID-19 Antikörpertests, sogenannte IgG Antikörper gegen das Virus nachgewiesen. Überraschenderweise fanden die Wissenschaftler bei einem Teil der Studienteilnehmer, bei denen im März das Virus nachgewiesen worden war, keine Antikörper. Ob bei diesen Personen statt Antikörper spezielle Abwehrzellen gebildet wurden, wird gerade in aufwendigen Untersuchungen getestet. Dabei handelt es sich aber um sehr komplexe Messungen. Die Untersuchungen dazu dauern noch an und werden erst über den Sommer fertiggestellt werden“, erklärt Oberarzt PD Dr. Sebastian Weis, stellvertretender Studienleiter vom Institut für Infektionsmedizin des UKJ.
Andererseits fanden die Wissenschaftler Antikörper bei Personen, die nicht wissentlich infiziert waren. Ob hier eine Immunität gegen das Virus besteht, kann aus diesen Ergebnissen nicht sicher abgeleitet werden.
Die schnellen Ergebnisse waren nur möglich, weil insgesamt fünf Institute am UKJ zeitgleich und unter Hochdruck die Proben ausgewertet haben:
• Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene unter Leitung von Prof. Dr. Matthias Pletz,
• Institut für medizinische Mikrobiologie unter Leitung von Prof. Dr. Bettina Löffler,
• Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. nat. Michael Kiehntopf,
• Institut für Immunologie unter Leitung von Prof. Dr. med. Thomas Kamradt sowie
• Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. rer. physiol. André Scherag, M.Sc. Biostatistics.
Quelle: Universitätsklinikum Jena
Titelbild: Ein zehnköpfiges Team um Prof. Mathias Pletz vom UKJ besuchte Mitte Mai den Ort Neustadt und nahm bei vielen Bürgern Blut- und Rachenwasserproben. Foto: UKJ/Hoppert