Warum Kindergartenplatz bezahlen, wenn Betreuung Zuhause erfolgt?
Leserbrief. Liebe Leserinnen und Leser, sehr geehrter Herr Ramelow, heute möchte ich einen Brief schreiben, um die Sorgen von vielen Eltern anzusprechen.
Zur Zeit befinde ich mich in Elternzeit, das heißt, das ich momentan 68 Prozent von meinem Lohn bekomme. Bevor ich mein zweites Kind bekommen habe, hatte ich in Teilzeit gearbeitet, da mein Mann als Maurer tätig ist und die Firma sehr viel zu tun hat. Wir waren uns einig, das es für uns als Familie so besser passt. Soviel zu mir.
Mein eigentliches Problem ist, dass ich auf Grund meiner Elternzeit keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz habe. Anfang März – beim ersten Lockdown – dachte ich mir, dass es ganz schön ist, beide Kinder zuhause zu haben und diese Zeit mal richtig zu genießen.
Zwei Wochen später fing meine große Tochter (4 Jahre) an zu weinen und wollte wieder in den Kindergarten. Leider durfte sie nicht gehen. Umso trauriger wurde mein Kind. Die Tage und Wochen vergingen und es wurden 3 Monate. Meine Tochter war immer ein freundliches und aufgewecktes Kind. Danach war sie irgendwie ärgerlich und fing gleich an zu weinen.
Ich weiß, ich spreche vielen Eltern aus der Seele. Es sprechen aber die wenigsten aus. Das ist kein Zustand für unsere Kinder – nicht für die Kindergartenkinder und auch nicht für die Schulkinder.
Am wichtigsten ist die Frage für die Eltern, die auf Grund der Pandemie, Elternzeit, Arbeitslosigkeit oder, oder, oder Zuhause bleiben müssen: Was passiert mit dem Kindergartengeld oder dem Schulgeld?
Meine beiden Kinder sind Zuhause, aber ich zahle die volle Kindergartengebühr. Ich zahle für eine Leistung, die ich das ganze Jahr 2020 fast nicht in Anspruch genommen habe. Von März bis Mitte Juni habe ich die volle Gebühr gezahlt und erst ab dem 12. Juni 2020 war offen bis zum 24. November 2020. Solange durfte mein Kind mit einigen Unterbrechungen in den Kindergarten.
Seit November muss mein Kind wieder Zuhause bleiben, aber ich bezahle weiterhin den vollen Platz. Für was?
Soviel ich weiß, bezahlt ein Arbeitgeber auch keinen Lohn, wenn man nicht arbeiten geht, weil es eine nicht erbrachte Leistung ist. Warum muss ich als Mutter einen Kindergartenplatz bezahlen, obwohl mein Kind Zuhause betreut wird?
Als mein Kind vor 4 Jahren in den Kindergarten gekommen ist, habe ich eine Art „Pflegevertrag“ mit dem Kindergarten geschlossen, in dem ich unterschrieben habe, das ich mein Kind in die Obhut von Erzieherinnen gebe. Der Vertrag wurde beidseitig geschlossen: Kindergarten betreut mein Kind – Eltern bezahlen den Kindergarten. Somit wird dieser Vertrag beidseitig erfüllt.
Momentan wird der Vertrag allerdings nur einseitig erfüllt: Eltern bezahlen den Kindergarten, aber der Kindergarten betreut nicht die Kinder. Wir als Eltern müssen monatelang für einen Vertrag bezahlen, der nicht erfüllt wird. Das ist für mich persönlich eine große Sauerei.
Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, der Kindergarten und die Erzieherinnen können für dieses Problem nichts, aber sie könnten sich in den Kommunen erkundigen und nachfragen und uns nicht einfach mit „Wir wissen davon nichts!“ abspeisen.
Man hätte gerne eine klare Antwort. Andere Kindergärtnerinnen sagen: „Wir wollen auch unser Geld bekommen!“ Natürlich, und das ist richtig, das ihr euer Geld haben wollt. Das soll auch so bleiben, weil ihr arbeiten geht. Aber dann sollten die Eltern bezahlen, deren Kinder in die Notbetreuung dürfen, und nicht von den Eltern, deren Kinder Zuhause bleiben.
Soviel ich weiß, wird im Landkreis für alle Firmen die Gewerbesteuer erhoben. Warum wird die erlassen, wenn die Firmen steuerlich von der angemeldeten Kurzarbeit profitieren? Die Gewerbesteuer könnte dafür genutzt werden, unsere Kindergärtnerinnen zu bezahlen und die Eltern zu entlasten, die auf Grund von Kurzarbeit, Elternzeit oder Arbeitslosigkeit wenig, weniger oder kaum bis gar kein Geld bekommen.
Mir wurde von der Finanzabteilung gesagt: „Wenn Sie nicht zahlen, müssen wir einen Mahnbescheid rausschicken und irgendwann haben Sie keinen Anspruch mehr auf einen Kindergartenplatz!“ Damit wird man doch schon automatisch unter Druck gesetzt, weil man Angst hat, dass man sein Kind gar nicht mehr bringen kann. Warum wird sich denn nicht darum gekümmert?
Liebe Kindergärtnerinnen, bitte kümmert euch darum! Erfragt das bitte bei den Kommunen und entlastet uns ein bisschen, wenigstens finanziell.
Sehr geehrter Herr Ramelow, anstatt auf 15 km zu beschränken oder einen wirtschaftlichen Total-Lockdown zu erwirken, kümmern Sie sich um dieses Problem. Ich bin mir sicher, dass 90 Prozent der Eltern dies als eine große Erleichterung ansehen.
Danke fürs Lesen!
Ich bin weder links noch rechts, ich möchte meine Meinung äußern und ein Problem ansprechen, weil ich mir momentan um das Finanzielle Sorgen mache, große Sorgen und davor habe ich sehr große Angst.
Mutter von 2 Kindern
(4 und 1 Jahr alt)
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