Auf dem einen Auge blind und auf dem anderen eine Scheuklappe – aber die Bürger manipulieren
Leserbrief. In unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat ist Meinungsfreiheit ein grundgesetzlich gesichertes, hohes und unantastbares Gut.
Ich darf es durchaus empörend und erschreckend finden, wenn zwei Bundestagsabgeordnete aus der CDU/CSU-Fraktion die Corona-Krise dazu nutzen, sich ihre eigenen Taschen mit mehreren Einhunderttausend Euro zu füllen. In einer Zeit, wo Menschen sterben und leiden. Ich kann in diesen Zusammenhang auch kritisieren, dass die Parteiführungen von CDU und CSU viel zu lange die Füße still gehalten haben.
Ich kann auch kritisieren, das der Impfstart und der Testbeginn voll in die Hose ging. In diesen Zusammenhang stelle ich mir auch die Frage, wieviel Menschen dadurch unnötig gestorben sind, gelitten haben oder noch leiden.
Auch die vielfache Kritik an der Strategie der Kontaktbeschränkungen, die aus meiner Sicht richtig ist, müssen die Regierungen von Bund und Ländern ertragen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es schwer ist, das richtige Maß und die richtigen Bereiche zu treffen. Es ist durchaus normal, dass es Jeder aus seiner Sicht betrachtet und es somit immer falsch ist, was gemacht wird.
Für mich stellt sich immer mehr die Frage, ob wir 16 Bundesländer brauchen. Das Durcheinander bei der Corona-Bekämpfung hat gezeigt, dass es nicht funktioniert. Es erinnert eher an Kleinstaaterei.
Wenn sich jeder so seine eigene Meinung über die Handlungen der gewählten Regierungen macht und auch diese aussprechen darf, muss es auch erlaubt sein, über andere Handlungsfelder oder Personen und deren Ansichten zu sprechen.
Bei vereinzelt jüngeren Menschen besteht oft die Meinung, wenn man besonders durchtrainiert ist, sich gesund ernährt und rundum fit ist, was durchaus gut ist, Corona ihnen nichts anhaben kann. Somit sind sie der Meinung, dass sie keine Regeln oder Maßnahmen einhalten oder sich ihrer annehmen müssen. Das ist ein Irrtum. Es ist sehr abenteuerlich zu glauben, dass damit alles in Ordnung wäre. Bei einer eventuellen Ansteckung zeigen sich eventuell keine Symptome, aber man kann andere anstecken. Vor allem, die die krank, älter oder anders gehandicapt sind. Also jene, die ein schwaches Immunsystem haben. Diese, also die Schwächsten der Gesellschaft, können somit angesteckt werden. Dieses Verhalten ist überheblich, egoistisch und höchst unsolidarisch.
Wie man sieht, hat Meinungsfreiheit eine große Bandbreite. Gegen andere, aber auch gegen sich selbst.
Was jedoch nicht durch Meinungsfreiheit abgedeckt und geschützt ist, sind Lügen, Hetze, Beleidigungen, Rechtsverstöße und vieles mehr. Und genau das erleben viele Menschen jeden Tag in den sozialen Medien, in Leserbriefen und bei bestimmten Gruppierungen.
Wöchentlich texten Herr Eisenblätter, Herr Rauch und einige andere die Leser mit ihrer Meinung zu. Sie respektieren weder die öffentliche Meinung noch die Private. Sie beschimpfen all die, die nicht so denken wie sie. Jene, die sich an Regeln halten, zum Impfen gehen, einfach nur Sorge haben und sich an die Volksgesundheit halten, sind Zielscheibe ihrer Deformierung und Beleidigungen. Wenn man standpunktfeste Menschen auffordert selber zu denken, ihr Hirn einzuschalten und noch Schlimmeres, ist das für die Menschen nicht nur beleidigend, nein es ist eine bodenlose Frechheit. Da wird ungeniert aufgefordert, aus Protest die Masken nicht aufzusetzen, nicht zu Tests und zum Impfen zu gehen. So sieht Manipulation aus. Sehen diese „Brieflesschreiber“ nicht, was in der Welt, in Europa und in Deutschland passiert?
Schlimmer noch finde ich die sozialen Medien. Dort gehen Coronaleugner und bestimmten Gruppierungen mit Halbwahrheiten, Lügen, Beleidigungen um, was schon teilweise kriminell ist. Ebenso schlimm ist es, wenn Demonstrationen dazu missbraucht werden.
Es ist nicht hinnehmbar, wenn dabei die Regeln gebrochen werden, menschenverachtende und beleidigende Reden geführt und auch solche Transparente und Plakate mit sich geführt werden. Alle, die der Meinung sind, ein Recht dazu zu haben, sollten nicht vergessen, dass die übergroße Mehrheit der Menschen ihr grundgesetzlich gesichertes Recht auf Leben, Unversehrtheit und Gesundheit in Anspruch nehmen will.
Diese Coronaleugner und jene, die sie unterstützen, würden gut daran tun, sich bei den Hinterbliebenen der Coronaopfer, bei den Versehrten und bei denen, die gelitten haben und noch leiden, zu entschuldigen.
Horst Gärtner
Kreisrat FDP/FB
Bürgermeister a.D.
Foto: Markus Spiske on Unsplash
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