Hildburghausen – wohin gehst du noch?
Leserbrief. Nicht mehr lange und es stehen die nächsten Kommunalwahlen an. Zeit also, auf einige Entwicklungen in unserem Landkreis und unserer altehrwürdigen Kreisstadt zurückzublicken. Immerhin war Hildburghausen einmal eine Stadt der Schulen, Denker und Handwerker.
Und was ist daraus geworden?
Kürzlich fielen mir dazu einige Zeitungsausschnitte aus den 90er Jahren in die Hände, die mir Anlass geben, bei den anstehenden Wahlen sehr genau hinzusehen, wem ich künftig meine Stimme geben kann.
So war in den Ausgaben der „Südthüringer Rundschau“ vom 8. und 15. Januar 1996 unter der Überschrift „Bachplatz Hildburghausen“ bereits die Warnung darüber laut geworden, was geschehen wird, wenn sich der bereits zu jener Zeit in Amt und Würden befindliche Landrat Thomas Müller (CDU) mit seiner Auffassung durchsetzt, ein Landratsamt auf „grüner Wiese“ (Wiesenstraße) neu zu errichten. Die Stadträte von Hildburghausen, so ist nachzulesen, hatten sich eindeutig dagegen ausgesprochen. Aus gutem Grund, wie sich heute zeigt.
„Sie entschieden sich für den Bachplatz, … Es geht um die Belebung des inneren Berings der Kreisstadt, es geht auch um die Vermeidung von Fehlern, die in den kleineren Städten und ihren toten Kernräumen in den alten Bundesländern zu Genüge studiert werden können…“, wie zu lesen war.
Wie recht hatten die damaligen Stadträte und der Autor dieses Artikels.
Mit dem Bau des Landratsamtes in der Wiesenstraße wurde die Innenstadt förmlich „entvölkert“. Die Kaufkraft der Mitarbeiter des Landratsamtes verliert sich regelrecht in ALDI, Netto, AWG und Mayer-Schuhe.
Die altehrwürdige Altstadt verliert sich in leeren Straßen und Schaufenstern. Der Markt ist zwar mit seinem historischen Rathaus schön anzusehen; doch wo bleiben die Menschen, die das Leben in einem solchen Ambiente ausmachen?
Alle Vorhersagen haben sich bewahrheitet; von einer „Belebung des inneren Berings von Hildburghausen“ keine Spur.
Immer mehr Geschäftsräume in Unterer und Oberer Markstraße und dem Markt können mit ihren leeren Schaufenstern bewundert werden.
Als alter Hildburghäuser kann ich da nur sagen: Danke, Herr Müller!
Doch wie soll es nun weitergehen?
Heute tut sich ein neuer Schauplatz auf, um den gestritten wird. Wer wird diesmal recht behalten? Ich denke hier an den Multifunktionsplatz nördlich der Dr.-M.-Mitzenheim-Straße.
Setzt sich hier wieder einmal ein CDU-Politiker (als Bürgermeister) mit seinem geplanten „Schnellschuss“ durch oder erfährt hier einmal die „Demokratie“ einen Sieg? Ein derartiges Millionenobjekt sollte man tatsächlich vor Inangriffnahme einer gründlichen Prüfung unterziehen.
Dabei sollten parteipolitische Interessen völlig in den Hintergrund rücken. Hier geht es nicht um das Ansehen einer Partei oder Wählervereinigung, sondern hier geht es um die Interessen der Bevölkerung von Hildburghausen.
Nur weil das Theresienfest 2019 nicht mehr auf dem bisherigen Gelände in der Dammstraße stattfinden kann, sollten nunmehr keine überstürzten Entscheidungen bezüglich der Auswahl des günstigsten Standortes getroffen werden.
Der Plan von Bürgermeister Obst (CDU) muss nicht von vornherein unüberlegt gewesen sein. Er mag in Teilbereichen etwas für sich haben. Die Vorstellungen der Fraktion „DIE LINKE“, veröffentlicht durch dessen Vorsitzenden der Stadtratsfraktion, Dr. Peter Nowak, in der Südthüringer Rundschau vom 9. März 2019 unter der Überschrift: „Wir kümmern uns“, sind nicht von der Hand zu weisen.
Im Gegenteil. Es erscheint mir mehr als unüberlegt, wenn ein derartiges Prestigeobjekt, wie dieser Multifunktionsplatz, unmittelbar an eine stark befahrene Bundesstraße angrenzt, über die im Übrigen einer der wichtigstens Zugänge zu diesem Festplatz führen wird. Obwohl bereits jetzt feststeht, dass mit einer „ Lärmpegelüberschreitung“ zu rechnen ist, wie das Planungsbüro HSP Dresden in einem Planungsentwurf feststellte (vgl. Tagespresse vom 17.8.2018, S. 13 „ Ausschüsse geben grünes Licht für Multifunktionsplatz“) und eine Einzelfallprüfung für erforderlich hielt, soll das Vorhaben durchgezogen werden. Wo bleibt da das Miteinander im Interesse der Wähler?
Warum wurde die Suche nach einem Festplatz nicht öffentlich ausgeschrieben? Warum wurde der Auftrag an das Ingenieurbüro HSP Dresden nicht zugleich mit der Suche nach dem geeignetsten Standort für einen Festplatz verbunden? Vorschläge dafür lagen ja offensichtlich zu Genüge vor.
Man muss sogar die Frage stellen, ob Hildburghausen überhaupt noch einen solchen Multifunktionsplatz braucht.
Lange Zeit verfügte Hildburghausen über ein Kulturhaus. Großveranstaltungen, wie Fasching (an 4 Tagen), Weihnachts- und Neujahrsveranstaltungen, Hubertusfest und viele mehr fanden bei regelmäßig ausverkauftem Hause statt. Wäre es nicht an der Zeit, über einen solchen Saal wieder einmal nachzudenken? Für eine Kreisstadt mit einer solchen Tradition müsste dies auf der Tagesordnung stehen. Dies umso mehr, als Festveranstaltungen in einem Festzelt in Hildburghausen aus den verschiedensten Gründen immer mehr an Zuspruch verloren haben. Höhepunkt in dieser negativen Entwicklung stellte sicherlich das Theresienfest 2018 dar. Das Interesse der Bevölkerung tentierte fast gegen Null. Ich halte die Zeit für gekommen, daraus endlich die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Für mich stellt deshalb dieser Multifunktionsplatz am Standort Mitzenheimstraße keine Option dar. Ich folge deshalb dem Rat von Dr. Peter Nowak, meine Einwände gegen dieses Prestigeobjekt öffentlich kund zu tun.
Und für die bevorstehenden Kommunalwahlen bedeutet das für meine Person, mich für eine bessere Zukunft für Hildburghausen zu entscheiden. Meine Wahl habe ich dabei schon jetzt getroffen.
Wolfgang Juch
Hildburghausen
Foto: Südthüringer Rundschau
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