Zum Vorfall im Hildburghäuser Amtsblatt – Warum diese Aufreger?
Leserbrief. Was regen sich denn der Ministerpräsident, diese Landes- und Kommunalpolitiker, Mitglieder der Vereine „Aktiv für Schleusingen“ und „Bündnis gegen Rechts“, der Liedermacher aus Weitersroda und der Kirchenvertreter auf?
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Hildburghausen wurde umbenannt. Die Brücke beim Technikum wurde restauriert und so manch alter Spruch ist heute wieder aktuell: „UNSEREN FÜR DAS VATERLAND GEFALLENEN DOZENTEN UND KOMILITONEN ZUM GEDENKEN IHRER PFLICHTERFÜLLUNG.“ 2016 macht das Hildburghäuser Ordnungsamt aus der Bahnhofstraße einen Hindenburgweg. Dieser Hindenburg ist „Der Mann, der Hitler an die Macht verhalf“, zu sehen in dem gleichnamigen Dokumentarfilm von 2013.
2017 folgte der Eisfelder Bürgermeister mit seinem Stadtrat dem Beispiel der Stadt Coburg und benennt eine Straße nach einem Nazi.
Im Vorfeld wurde der Geehrte im Auftrag der Stadt durch Halbwahrheiten und Vermutungen des Stadtchronisten im Amtsblatt ins rechte Licht gerückt, da er lt. Aussage des Bürgermeisters „mit seiner Rüstungsproduktion das Nazi-Regime und dessen Kriegsführung unterstützte“. Diese Kriegsführung, die der Geehrte unterstützte, machte den Holocaust erst möglich.
Am 80. Jahrestag der Reichspogromnacht fand in der Eisfelder Dreifaltigkeitskirche eine Gedenkveranstaltung statt. Teilnehmer waren u. a. der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen und Befürworter der Nazi-Ehrung.
Keiner von denen, die heute den Rücktritt oder Ähnliches vom Hildburghäuser Bürgermeister fordern, hat sich von dieser Nazi-Ehrung öffentlich distanziert, sondern sie demonstrierten gemeinsam mit Verantwortlichen der Straßenumbenennung gegen Rechts-Rock Konzerte in Themar. Die regionale Tagespresse spielte auch eine unrühmliche Rolle.
1953 lobte der Deutsche Bundeskanzler die Soldaten des Führers und Reichskanzlers, seine Kollegen von der CDU applaudierten. Bei der gleichen Lobhudelei trat ein Bundestagsabgeordneter der AFD ins Fettnäpfchen.
Bei der letzten Demo in Themar lag eine Info aus, in der unter „Rechtsextreme Erscheinungsformen“ unter anderem steht: „Es existiert eine Grauzone mit fließenden Übergängen. Nicht immer haben wir es mit bis ins Mark gefestigten Rechtsextremen zu tun, sondern oft kommen problematische Positionen mitten aus der Gesellschaft.“
Die Thüringer Ministerpräsidentin a. D. Christine Lieberknecht schrieb mir 2017 unter anderem: „Sie haben recht: Geschichte muss man vollständig kennen, um dann die Fakten bewerten zu können.“
Andreas Traut
Eisfeld
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