Lesermeinung zu den „Fridays for Future“-Demonstrationen in Hildburghausen
Leserbrief. Es fällt nicht leicht, all die Beiträge zu den Freitagsdemonstrationen der Schüler im Überblick zu behalten und all die Meinungen aufzunehmen. Dennoch zeigen gerade die Lesermeinungen hier in der Rundschau sehr deutlich den Charakter unserer Zeit: Meinung statt Wissen.
Waren wir nicht Jahrzehnte stolz auf all unsere Errungenschaften des letzten Jahrhunderts mit dem enormen technischen Fortschritt, von dem wir alle täglich profitieren? Was ist falsch daran zuerkennen, dass dieser Fortschritt auch negative Folgen hat?
All die Kritik am „menschgemachten Klimawandel“ hat eines gemeinsam, und das ist eine Oberflächlichkeit, die kaum zu überbieten ist. Rechnet man sich selbst nicht zu den Kreationisten, sollte man wie immer zu allererst den gesunden Menschenverstand einschalten. All die Vorwürfe gegen die Wissenschaft und ihren angeblich so falschen Erkenntnisse relativieren sich, denn es ist genau die selbe Wissenschaft mit den selben Grundlagen und Naturgesetzen, die täglich in unserem Umfeld dafür sorgen, dass Handys funktionieren können, ebenso Festplatten, Autos, die Ampelsteuerung, die Flugzeuge heute in der Luft hält und all die anderen hochtechnologischen Produkte, die auf den Erkenntnissen der hier gescholtenen Wissenschaft basieren.
Dennoch ist der Wandel des Klimas etwas, das seit Jahrmillionen diesen Planeten ausmacht. Warmzeiten wechseln sich mit Kaltzeiten ab und ursprünglich war der Planet ein unbewohnbarer unwirtlicher Ort, bevor Organismen auftraten, die eine Atmosphäre bildeten und den Planeten, später dann auch mit den Pflanzen am Land, über Jahrmillionen in einen belebten blauen Planeten verwandelten. Wer nun allen Ernstes annimmt, dass es keine Folgen hat, dass wir in einer enormen Geschwindigkeit und in großer Menge all die auch in diesem Prozess gebundenen Stoffe wieder freisetzen, dem ist kaum zu helfen.
Damit es klarer wird: Mit unseren fossilen Energieträgern stossen wir jedes Jahr all die Stoffe aus, die zuvor in einer Million Jahre gebunden wurden und den Planeten wohnlich machten. Wir lassen also die Uhr rückwärts laufen und das eine Million mal schneller als sie natürlich vorwärts lief!
Und es geht auch nicht um die Umwelt oder die Natur, denn der Natur ist es vollkommen gleichgültig, wie viel CO2 wir ausstossen oder wieviel Dreck wir machen!
Die, die darunter leiden werden, sind wir! Das sind unsere Kinder und Enkel!
Naturgesetze, Messwerte und Beobachtungen dagegen werden zwangsweise ihren Regeln folgen und sicherlich mit niemanden vorher über die Alternativen diskutieren!
Es geht bei einer ernsthaften „Klimadebatte“ ausschließlich darum, unseren Kindern und Kindeskindern auch einen Lebensstandard zuzugestehen, den wir uns heute „einfach so“ leisten!
Es ist also durchaus sinnvoll, auch vollkommen losgelöst von der konkreten Klimadiskussion unseren Ressourcenverbrauch zu überdenken und zu verändern bzw. einzuschränken!
Wenn wir die heute verfügbare Technik nutzen, dann könnten wir schon vieles besser machen und es wäre auch oft gar nicht teuerer, im Gegenteil!
Wer profitiert denn, wenn Autos plötzlich weniger Treibstoff verbrauchen?
Wer profitiert denn, wenn weniger Schornsteine Abgase ausstoßen? Wer profitiert denn davon, dass Energie losgelöst von verbrauchenden Ressourcen eigentlich nur billiger werden kann? Wem schadet es, wenn wir weniger Öl und Kohle verbrennen?
Werden sich unsere Enkel darüber beschweren, dass wir jetzt anfangen, weniger verschwenderisch mit den begrenzten Vorräten dieses Planeten umzugehen? Wer hat ein Interesse daran, dass alles bleibt wie es ist?
Ich nicht und meine Kinder sicher auch nicht!
Ja, ich verstehe den großen Unmut mit der aktuellen Politik und ihren Akteuren sehr gut, denn die Politik redet von Klimaschutz und schafft damit meist nur neue profitable Märkte für gewisse, meist ihr nahestehenden oder verbundenen Unternehmen. Sie schafft angebliche „Klimaschutz“-Regelungen, wo weder die Umwelt noch wir Bürger von den Veränderungen profitieren, sondern meist nur Konzerne und Investoren!
Dort ist die Kritik angebracht und der laute Widerspruch ist notwendig!
Wir müssen endlich Wege in eine Zukunft diskutieren, die unabhängig von den Interessen der heutigen Wirtschaft die besseren Lösungen für uns Menschen und unsere Kinder ermöglichen und diese beschreiten. Und wir sind spät dran, denn konkrete Möglichkeiten haben wir seit zumindest 30 Jahren und wir nutzen sie nicht oder kaum!
Wer jetzt wegen 16-Jährigen schimpft, die nicht zur Schule gehen, sondern zu den „Fridays for Future“-Demonstrationen und darauf verweist, dass auch die Schüler in Plastik verpackte Pausenbrote dabei haben, der verkennt, dass wir Älteren den Jugendlichen ihr Leben lang nichts anderes vorgelebt haben und wir diejenigen sind, die sie mit dem SUV zur Schule fahren.
Es ist gut, dass die junge Generation informiert ist und ihre Meinung kund tut. Der Unterrichtsausfall erscheint in einem anderen Licht, wenn die Tragweite der Thematik bekannt ist. Ich war bei der ersten Demonstration in Hildburghausen dabei, ich habe mit den Schülern gesprochen. Ausnahmslos alle waren erstaunlich gut informiert, kannten Zusammenhänge und auch ganz Aktuelles aus Forschung und Politik war ihnen bekannt, ebenso die Kritik an ihrer Sache. Sie waren dabei selbstreflektiert und haben oft abgewogen, ob die Klassenarbeit oder die Unterrichtsstunde nachgeholt werden kann oder nicht.
Daran sollten sich die Klimawandel-kritischen Kommentatoren eine Scheibe abschneiden, anstatt sich mit Scheinargumentationen öffentlich zu blamieren, indem sie grundlegende physikalische Erkenntnisse ebenso wie durch einfache Messungen überprüfbare Sachverhalte, verleugnen.
Die Lehrkräfte sollten jetzt die Chance nutzen und das Thema aufgreifen und fächerübergreifend behandeln. Dabei sollten auch lokale Akteure einbezogen werden und es können auch Handlungskonzepte für die Region entwickelt werden.
Natürlich sind auch Diskussionen mit den „Klimawandelkritiker“ willkommen, denn auch diese Meinungsvertreter dürfen sich gerne dem Gespräch stellen.
Bernd Schreiner
Dipl.Ing. (FH)
Westhausen
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