Das neue Thüringer Schulgesetz – ein Angriff auf unsere Schulen
Leserbrief. Der Entwurf des neuen Thüringer Schulgesetzes ist raus. Über Sinn und Qualität dieser Aktion lässt sich sicher trefflich streiten. Das einzig Positive an diesem Gesetz – es bringt den Funken, der erneut eine heiße öffentliche Debatte um die Schulstandorte der Region entfacht. Ist das gut? Ich denke ja. Jedoch glaube ich, dass wir gerade versuchen, das Pferd von der falschen Seite her aufzuzäumen.
Worum geht es?
Aktuell leiden insbesondere staatliche Schulen in ganz Thüringen unter Lehrermangel. Ein Grund liegt in jahrzehntelang verfehlter Einstellungspolitik. Es spielt hier keine Rolle, welche der Parteien gerade an der Regierung war. Ein schlüssiges Zukunftskonzept, geschweige einen kritischen Blick für die Fehlentwicklungen hatten offensichtlich alle nicht.
Nun versucht man, dem Ganzen entgegenzuwirken, indem zu kleine Schulen zusammengelegt oder geschlossen werden. Das Konzept der gemeinsamen Verwaltung von so genannten „Filial-Schulen“ mag grundsätzlich wirtschaftlicher sein. Ob es wirklich gut für die Kinder und Lehrer ist, bleibt abzuwarten.
Wenn ein Lehrer in den Pausen zwischen Schulen pendeln muss, wie viel Zeit bleibt dann noch für den individuellen Kontakt zu den Kindern? Bildung findet nicht nur im 45 Minuten-Takt statt. Wir tragen die politischen Verfehlungen einmal mehr auf dem Rücken derer aus, die nichts dafür und sich nur schwer wehren können. Fair geht anders.
Vielleicht steckt in diesem Gesetz aber auch eine riesige Chance?
Kritische Stimmen könnten jetzt fragen, warum äußert sich eine Bürgermeisterkandidatin zu solch einem Thema. Für Bildung ist das Land zuständig – geht sie gar nichts an. Doch! Der Grund dafür ist einfach. Hier geht es nicht nur um Zuständigkeit, sondern um Verantwortung!
Mein Ziel ist es, Verantwortung für ganz Schleusingen zu übernehmen und damit auch für alle Schulen unseres Gemeindegebietes.
Betrachtet man die gesetzlichen Grenzwerte der Schülerzahlen, sieht es nicht nur für unser Traditions-Gymnasium kritisch aus. Basierend auf den Schülerzahlen zum Stichtag 30.8.2017 (siehe unter: www.schulportal-thueringen.de) liegen die Grundschule Erlau sowie die Grund- und Regelschule Schleusingen nur knapp über der festgelegten Größe. Die Grundschule Hinternah sowie das Gymnasium in Schleusingen schaffen es nicht über die Grenzwerte. Eine signifikante Verbesserung der Zahlen ist aktuell noch nicht in Sicht. Wollen wir das wirklich einfach so akzeptieren?
Machen wir uns einmal bewusst, dass wir etwas Wunderbares bei uns haben. Etwas Entscheidendes für viele Familien, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben oder finden wollen. Wir haben alle Schulformen in einer Gemeinde – drei Grundschulen, eine Regelschule und ein Gymnasium. Welcher Ort unserer Größe kann das schon vorweisen? Es ist ein positives Pfund, dass wir hier in der Waagschale haben. Wenn sich ein Bürgermeister dafür nicht verantwortlich fühlt, hat er seinen Job nicht verstanden.
Wir können allerdings die Augen vor der aktuellen Situation unserer Schulen nicht verschließen. Der Kelch wird nicht an uns vorübergehen – außer wir machen uns stark für unsere Schullandschaft in der Gemeinde. Hier liegt unsere Chance, denn ein einfaches „weiter so“ wird es nicht geben.
Es braucht eine kritische und lösungsoffene Debatte, wie wir Schule und Bildung in Zukunft betreiben wollen. Wir müssen endlich auch innovativere Schulkonzepte durchdenken und deren Vor- und Nachteile gemeinsam kritisch diskutieren. Wir brauchen wieder mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit in den Schulen. Die permanent voranschreitende Beschneidung der Selbstverwaltung, gepaart mit Bürokratiewahnsinn, die auch vor unseren Schulen nicht haltmacht, ist nicht länger hinnehmbar.
Am Ende geht es um unsere Kinder, die hier in Schleusingen eine qualitativ hochwertige Schulbildung genießen sollen. Warum ist das wichtig? Diese Kinder sind unsere Zukunft … auch die dieser Stadt!
Ordentlich ausgebildete Jugendliche sind die Azubis und späteren Fachkräfte unserer Betriebe, unserer Handwerker und Dienstleister. Vielleicht ist auch ein zukünftiger Unternehmer unter ihnen. Fachkräfte und Unternehmer brauchen wir hier dringend. Somit sollte sich auch jeder Unternehmer angesprochen fühlen und sich aktiv an der Debatte beteiligen.
Machen wir uns einmal mehr bewusst, dass die Dinge stets zusammenhängen und wir ganzheitlich an die Erarbeitung von Ideen und Maßnahmen gehen müssen.
Starten wir doch eine Schleusinger Bildungsoffensive! Nehmen wir Schulen, Wirtschaft, Eltern, Vereine und die Stadt an einen Tisch und überlegen, wie wir gemeinsam Sinnvolles auf unseren Weg bringen. Wir tragen die Verantwortung.
Ich wäre dabei – Sie auch?!
Mit besten Grüßen
Kathrin Kern-Ludwig
Schleusingen
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