Lauf, Forrest Lauf
Leserbrief. Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel: Bevor du sie aufmachst, weißt du nie, was drin ist.
Neulich war wieder Gemeinderatssitzung in Masserberg. Nicht öffentlich. Auch kein Aushang, der die Bürger informiert, war zu finden, obwohl das vom Gesetz verlangt wird. Es gab keinen Beschluss des Gemeinderates, die Öffentlichkeit auszuschließen. Also wollte ich mich schon bei der Rechtsaufsicht beschweren. Nach kurzem Überlegen verwarf ich diesen Gedanken. Habe ich doch in 5 Jahren Gemeinderat in Masserberg gelernt, dass die Rechtsaufsicht gerade in Masserberg großzügig auf die Einhaltung des Rechtes und auf Wahrheit verzichtet.
Ich denke mir, dass die Rechtsaufsicht in die „höheren“ Ziele einiger in Masserberg eingeweiht ist und deshalb alles mit trägt und unterstützt. Also ging ich zur Nicht-öffentlichen Sitzung in der Hoffnung, nun vielleicht selbst diese „höheren“ Beweggründe zu verstehen. Thema war die Kurtaxe: 3 Euro sind zu viel. Aber die Gemeinde braucht diese Einnahmen für den Tourismus. Deshalb hatten wir uns selbst Gedanken gemacht und schriftlich Vorschläge dazu vorgelegt. Aber der Gemeinderat bekam diese Vorschläge nicht zu sehen. Der Bürgermeister hatte sie in Verwahrung genommen. Es war vorgeschlagen, Parkgebühren für Tagesgäste einzuführen und dass die, die Objekte der Gemeinde nutzen, doch der Gemeinde auch etwas zurückgeben könnten. Andere Kommunen haben es uns vorgemacht – mit Parkgebühren und Skiliften – zum Beispiel. So könnte die Kurtaxe locker auf 2 Euro gesenkt werden und trotzdem noch Geld übrig bleiben für die Gemeinde.
Aber es stellte sich sehr schnell heraus, dass dieser Gedanke falsch war. Ein Vertreter von „Pro Masserberg“ (CDU, SPD und LINKE) erklärte, dass Parkgebühren für Tagesgäste rechtswidrig seien. Der Bürgermeister bekräftigte das und ergänzte, dass die Parkplätze z. B. am Skilift nicht kostenpflichtig werden können. Immerhin in der Saison ca. 150 Autos täglich am Skilift, die kostenfrei parken können.
Jedenfalls stand die Fraktion Bürgerinitiative OBERER WALD sehr schnell allein da, dieser Vorschlag war vom Tisch. Weil ich das Große Ganze (noch) nicht verstand, wurde ich immer saurer. Aber es blieb ja noch der Vorschlag, dass die, die Objekte der Gemeinde nutzen, beteiligt werden können. Und dann kam es. Ein Vertreter von „Pro Masserberg“ erklärte, dass die 90%ige Förderung, die die Gemeinde in den Skilift steckte, geschenktes Geld sei und deshalb nicht betrachtet werden dürfe. Und unser Bürgermeister nahm diesen Gedanken schnell dankend auf und ergänzte, dass er tatsächlich 10% der Kosten als Eigenanteil finanziert hat und so den Skilift erst möglich gemacht hat. Und fasste zusammen: „Ich habe der Gemeinde den Skilift geschenkt, ohne mich gäbe es den Lift nicht!“ Und jetzt wurde mir klar, wie falsch unsere Vorschläge doch waren, dass z. B. Skilift-Pächter – wie gesetzlich möglich – eine Tourismusabgabe zahlen sollen. Gesetze sind eben nicht immer richtig. Und der Bürgermeister machte aber gleich viel bessere Vorschläge (er ist schließlich der Bürgermeister): Den größten Nutzen von Touristen haben doch die Firmen der Gemeinde. Die Autowerkstatt, die auch mal ein Auto eines Urlaubers repariert, die Apotheke, die Urlaubern ein Pflaster und Sonnencreme verkauft und die Hotels und Gaststätten, alle Gewerbetreibenden sollen einen Tourismusbeitrag leisten, dann kann die Kurtaxe auf 2 Euro gesenkt werden.
Ausgenommen natürlich die, die der Gemeinde so großzügige Geschenke gemacht haben. Es wäre ein großer Fehler, die „Schenkenden“ an den Kosten zu beteiligen. Das war also der höhere Sinn! Sofort wurde klar, warum der Bürgermeister im Alleingang die Öffentlichkeit ausgeschlossen hat. In seiner Bescheidenheit will er nicht, dass die Einwohner und vor allem die Gewerbetreibenden von seiner Großzügigkeit erfahren. Und er möchte, dass erst nach der anstehenden Wahl dieser Großmut und sein Vorschlag bekannt werden. Deshalb war sich der Gemeinderat auch sofort einig und erklärte der Fraktion Bürgerinitiative OBERER WALD einstimmig, dass man in der Presse nur noch positive Beiträge wünscht. Auch hier setzte der Bürgermeister noch einen drauf. Damit das auch jeder richtig verstehen und zukünftig richtig handeln kann, erklärte er, dass es ein Ordnungsgeld bis 5.000 Euro geben kann, wenn es jemand wagt, seinen Großmut vor der Wahl nach außen zu tragen. Da wurde mir klar, dass das eine so positive Nachricht ist, dass ALLE es erfahren müssen. Ehre, wem Ehre gebührt.
Forrest Dump (H. Gießler)
Bürgerinitiative OBERER WALD
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