Am Heiligabend kommt das Christkind ins Haus
Gellershausen / Gleichamberg / Linden / Hindfeld. Am Abend des 24. Dezember ist es soweit: Das Christkind kommt persönlich und beschert die Kinder. So wird es noch in Gellershausen, Gleichamberg, Linden und Hindfeld nach altem Brauch gehalten. Mit Ausnahme von Hindfeld ähnelt sich das Ritual in den einzelnen Orten sehr. Die Ausführenden sind die Jugendlichen des Konfirmandenjahrgangs, wobei das jüngste Mädchen das Christkind sein darf.
Die begleitenden Gestalten unterscheiden sich von Dorf zu Dorf nicht wesentlich. Das Christkind ist weiß gekleidet, wofür ein ausgedientes Hochzeitskleid und ein Krönchen oder ein goldener Stern am Stirnband den festlichen Liebreiz ausmachen. Ein Schleier verdeckt das Gesicht, denn die Darstellerin soll ja nicht erkannt werden. Die begleitenden Gestalten tragen Masken. Glockengurte über Schulter oder Taille sorgen für die lautstarke Ankunft der Gruppe.
Während Knecht Ruprecht oder der Weihnachtsmann eher die letzte Prüfung von Gehorsam, Benehmen, Frömmigkeit und Fleiß vornehmen, ist das Christkind immer die verehrte liebenswürdige Gabenbringerin. Die Herscheklase sind meistens gefürchtete Respektspersonen.
In Gellershausen wird das Christkind mittlerweile von mehreren Weihnachtsmännern in roten Mänteln und Kapuzen begleitet. Zwischen Knecht Ruprecht und Herscheklas ist kaum zu unterscheiden, sie tragen aber traditionsgemäß dunkle Mäntel und Woll- oder Pelzkappen. Außerdem haben sie für alle Fälle Sack, Rute oder Stock dabei.
Am ersten Weihnachtsfeiertag läuten morgens um 6 Uhr die Kirchenglocken. Die Kinder werden geweckt und ans Fenster gebracht, weil jetzt das Christkind in den Himmel zurückkehrt.
In Gleichamberg geht der Läufer (es ist ein Mädchen) in einem weißen, mit roten Bändern umwundenen Anzug voraus und kündigt die Gruppe an. Die „Rölln“ am Glockengurt der Begleiter geben das lautstarke Ankunftszeichen. Während das Christkind mit seinen Helfern die Bescherung vornimmt, wartet im Flur die Bettelfrau mit dem Huckelkorb auf milde Gaben.
In Linden erscheinen drei Mädchen im Outfit des Christkindes zusammen mit den männlichen Begleitern. Im Ursprung könnten die beiden anderen Mädchen als Engel gesehen werden, denn es gibt nun einmal nur ein Christkind. Aber im Verlauf der Jahrzehnte ist so manche Sinndeutung verloren gegangen, so wie eben auch die Begriffe für Nikolaus, Weihnachtsmann, Knecht Ruprecht und Herscheklas in den einzelnen Orten sehr unterschiedlich gebraucht werden.
Während sich das Ritual von festgeschriebenen Versen sehr ähnelt, mit denen die Mitwirkenden in diesen drei Orten auftreten, wird in Hindfeld am Heiligabend eine Szene der Weihnachtsgeschichte dargestellt. Der Läufer kündigt die Gruppe an, und dann erscheinen neben dem Christkind König Herodes, der sich vor seinem Angreifer wegen Kindsmords verteidigen muss, der Hirte, der beim Hüten seiner Herde den wegweisenden Stern am Himmel gesehen hat, das Christkind und schließlich der Mohr als Vertreter der Könige aus dem Morgenland. Außerdem gehört noch die „Frau von Hintendrein“ dazu, welche den Korb für den Empfang der Belohnung mitführt. Nachdem in der kleinen Gemeinde die Kinder beschert wurden, werden auch noch einsame, alte und kranke Personen besucht.
Inge Grohmann
Heldburg
Foto: I. Fuchs