Bahnhof verstehen
Vorige Woche fuhr ich nach Hamburg. Mit dem Zug!!!
Ich fahre – trotz der Ärgernisse, die ziemlich regelmäßig auftreten – gerne Zug. Speziell Langstreckenfahrten mit dem Auto gehen mir dagegen zunehmend auf die Nerven. Ich kenne dieses Autobahndeutschland in- und auswendig. Das Essensangebot der oft unvermeidlichen Autobahnraststätten ist unterirdisch schlecht. Dazu kommen Rückenschmerzen, die sich spätestens nach der dritten Autostunde bei mir einstellen.
Ich habe mir also auch dieses Jahr wieder eine Bahncard 50 gekauft. Ich fahre Zug, wann immer es möglich ist.
Seit der ICE von Berlin nach München an uns vorbeirauscht, sind auch eine ganze Menge wichtiger Zugverbindungen deutlich verbessert – sogar, wenn man in Hildburghausen einsteigt. Grimmenthal als Umsteigebahnhof bleibt freilich eine verkehrsplanerische Hirnlosigkeit. Warum der Lückenschluss nach Bad Rodach auch im Jahr 30 nach der Wiedervereinigung noch nicht gebaut wurde, verstehe wer will.
Dass meine Bahnreisen an einem wenig einladenden Bahnhof beginnen, bin ich ebenfalls gewöhnt. Dass ich am hiesigen Automaten nur ein Ticket für die Südthüringenbahn erwerben kann, ist mir bekannt. Auch das Schild „Vorübergehend geschlossen“ hängt am Bahnhofsgebäude, seit ich 2007 zum ersten mal in die Stadt gekommen bin.
Besonders angenehm ist es also nie am Bahnhof Hildburghausen.
Letzte Woche aber war der Bahnsteig ein einziger Müllhaufen. Zwei zerschmissene Bierflaschen lagen auch da. Es war sogar für die üblichen Hildburghäuser Bahnhofsverhältnisse schockierend.
Ich machte also drei Fotos und stellte sie auf Facebook in die Gruppe „Hildburghausen“. Das aktivierte zunächst die üblichen Reaktionsmuster. Da ist die Bahn zuständig, das Gebäude gehört einem privaten Eigentümer, wieso machst Du unsere Stadt so schlecht usw.
Wie immer halt. Niemand ist zuständig. Und schon gar nicht ist die Stadtverwaltung oder der Stadtrat für die Stadt zuständig. Werden 25 alte Bäume gefällt, ist auch niemand zuständig, weil die Marienstraße eine Bundesstraße ist. Für den verwaisten Marktplatz kann auch keiner was, weil digitaler Wandel und überhaupt. Es nervt.
Dieses Geplänkel ging unter meinem Facebook-Post gute 80 Kommentare lang hin und wieder her. Immerhin aber sagten zwei Stadträte – Thomas Schmalz und Alette Pommer – zu, sich der Sache anzunehmen.
Zwei Tage später kam ich von Hamburg heim: der selbe Müllhaufen lag, etwas größer geworden, immer noch da. Inzwischen waren es immerhin drei zerschmissene Bierflaschen.
Folglich erwartete ich, als ich am Dienstag, dem 13. August 2019 wieder in den Zug stieg, um diesmal nach Frankfurt zu fahren, das gleiche erbärmliche Bild. Was aber sahen meine ungläubigen Augen? Einen blitzblank gefegten Bahnsteig 1 – und auf Bahnsteig 2 war gerade ein Mann mit Motorsense zugange!!
Wunderbar! Es geht doch.
Vielleicht kann demnächst sogar eine Lösung für das an sich sehr hübsche Bahnhofsgebäude erarbeitet werden.
Bis dahin aber: Dank an die Stadträte Pommer und Schmalz und alle anderen, die nicht Schwarzer Peter gespielt, sondern sich gekümmert haben.
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Foto: Pixabay
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