Das Drama „Straßenausbaubeiträge“
Leserbrief. In vielen Bundesländern werden die Bürger trotz sprudelnder Steuereinnahmen weiterhin für zuweilen luxuriös ausgebaute Straßen abgezockt, unabhängig davon, ob die Grundstücksbesitzer ihre Alters- vorsorge hinblättern müssen bzw. überhaupt finanziell dazu in der Lage sind. In manchen Bundesländern wie in der verschuldeten Hauptstadt Berlin gibt es keine Straßenausbaubeiträge. Wie sollte man auch von den Clans in den No-Go-Areas, in die selbst die Polizei nur noch mit einem großen Aufgebot hineingeht, jemals Straßenausbaubeiträge einfordern können?
In Bayern hat man dem Druck der Bevölkerung nachgegeben und diese Kommunalabgaben im Zuge der bevorstehenden Landtagswahl gesetzlich abgeschafft. Und wer glaubte, die Thüringer Landesregierung zieht mit und nutzt die bayerischen Erfahrungen, um für seine Bür- ger Entlastungen zu bringen, der hatte ganz schnell wie in den vergangenen Jahres ein böses Er- wachen.
2010 hat der damalige Innenminister Huber im seiner- zeit CDU-regierten Thüringen für unser Steuergeld Gutachten in Auftrag gegeben, die Kommunen um diverse Zuarbeiten gebeten und den Anschein er- weckt, man wollte ernsthaft Gesetzesänderungen zur Entlastung der Grundstückseigentümer von ungerechten und überhöhten Kommunalabgaben vornehmen. Herr Huber hat so- gar seine Untertanen empfangen und diese durften dem Innenminister ihre Stellungnahmen, Bedenken, Probleme der Bürger, Vorschläge vortragen – eine einzige Farce.
Auch die Rot-Rot-Grüne Regierung unter Ramelow änderte zunächst nicht die Gesetzeslage. Im Gegenteil, die Kommunen wurden weiterhin von den Landratsämtern unter Androhung von Strafen gezwungen, die Straßenausbaubeiträge rückwirkend bis 1991 einzufordern. Sollte sich ein Bürgermeister weigern und keine Beiträge von seinen Grundstücksbesitzern einkassieren, wäre dieser verpflichtet worden, diese Beträge aus privater Tasche zu bezahlen. Erst nach Ablauf der gesetzlichen Fristen, bis zu denen die Straßenausbaubeiträge verpflichtend waren, wurden aus Erfurt „Wohltaten“ verkündet. Die Kommunen, die es sich leisten können, dürfen auf Straßenausbaubeiträge verzichten, was aber nicht für die alten Baumaßnahmen rückwirkend bis 1991 möglich war. Das hat man den Bürgern nicht erzählt, sondern den schwarzen Peter den Kommunen zugeschoben. Als Bürgermeister mit seinem Gemeinde- bzw. Stadtrat hatte man nur noch die Option, die kleinstmöglichen Beitrags- sätze von seinen Bürgern einzu- fordern. Trotzdem gab es bei uns in der Gemeinde Reurieth in dieser Variante einige Härtefälle, so mussten manche Grundstücksbesitzer für die letzten 25 Jahre insgesamt mehr als 1000 Euro Straßenausbaubeiträge bezahlen.
Bis heute gibt es aus der Erfurter Staatskanzlei keine klaren Ansagen über den Verfahrensweg der angesagten endgültigen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Es herrscht nach wie vor in den Kommunen eine von der Politik geschürte Verunsi- cherung. Herr Ramelow will erst Haushaltsrisiken abprüfen. Er äußert Bedenken, dass ohne Aus- baubeiträge Gelder für Kinderbetreuung, Schulen, Universitäten fehlen könnten, ohne allerdings zu erwähnen, dass allein 2017 der Landesregierung durch den Thüringer Rechnungshof über- flüssige Ausgaben in Höhe von 60 Millionen Euro attestiert wurden. Bevor man Bürgern tief in die Tasche greift, sollten sich die Verantwortlichen in der Landesregierung an die eigene Nase fassen und vor allem nie vergessen, dass sie aus den Steuergeldern der von Straßenausbaubeiträgen Betroffenen überdurchschnittlich bezahlt werden.
Dass sich Parteien gegenwärtig im Landtag um die „Trophäe“ streiten, grenzt an bodenlose Frechheit und ist Ausdruck der Ignoranz der Regierung gegen über dem Volk.
Im jüngst in alle Haushalte geflatterten CDU-Parteiblatt übertrifft man sich selbst mit Forderungen zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und verkündet stolz, dass sogar Rot-Rot- Grün einlenkt. Wo war die CDU mit dieser Forderung bis September 2018? Schnell noch eine Profilierung vor der kommenden Landtagswahl und danach wie immer: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!“
Die eigentlichen Kämpfer zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge sind nicht unsere Politiker und Volksvertreter im Landtag, sondern die vielen Bürgerinitiativen vereint in der Bürgerallianz Thüringen (www. birso.de). Die Mitglieder dieses Vereins, insbesondere der Vorsitzende Herr Wolfgang Kleindienst, führen schon über viele Jahre einen kräftezehrenden Kampf für die Abschaffung von Zwangsabgaben jeglicher Art. Unterstützt werden sie vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN). Leider beteiligten sich viel zu wenige Thüringer an Protestaktionen vor dem Thüringer Landtag. Hier sollten wir uns ein Beispiel an den Franzosen nehmen. Wenn die Satzungen beschlossen sind und die Beitragsbescheide ins Haus flattern, ist es zu spät. Der Druck muss im Vorfeld von der Bevölkerung kommen. Wir sollten uns auch nicht mit der Ausrede, dass eine Gegenfinanzierung durch das Land nicht möglich ist, abspeisen lassen. Unsere Steuern versickern, für immer verloren. Deutschland ist in Europa ein Land, das laut EU-Statistik bei den Ländern mit den höchsten Abgaben und Steuern, den geringsten Vermögen und der niedrigsten Renten ist. Trotz sprudelnder Steuereinnahmen gibt es keine Entlastungen für die Bürger, sondern mehr Kinder- und Altersarmut, aber viele Milliarden für eine raffgierige, aufgeblähte „EU-Regierung“ und Millionen für illegal ins Land eingereiste Wirtschaftsflüchtlinge (ich meine nicht die Kriegsflüchtlinge), die durch den Merkelschen Migrationspakt zu legalen gemacht werden sollen.
Annette Häfner
Bürgermeisterin der Gemeinde Reurieth
Foto: Südthüringer Rundschau
(Leserbriefe spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider. Um die Meinung der Leser nicht zu verfälschen, werden Leserbriefe nicht zensiert, gekürzt und korrigiert. Mit der Einsendung geben Sie uns automatisch die Erlaubnis, Ihren Leserbrief in unserem Medium abzudrucken und online auf unserer Internetseite zu veröffentlichen.)