Das letzte verlorene Denkmal
Schloss Weitersroda hatte am Tag des Offenen Denkmals diesmal nicht geöffnet. Das gab mir Gelegenheit, mich selber einmal unter die Massen der umherziehenden Denkmalenthusiasten zu mischen. Tatsächlich ist der Tag des Offenen Denkmals inzwischen die publikumsstärkste Veranstaltung Deutschlands geworden.
Wir waren also zunächst im Palais Feuchtersleben in Hildburghausen. Dort ist ein kleiner Saal aus dem Rokokko wiederhergestellt worden und das Ergebnis ist umwerfend. Das Palais Feuchtersleben ist nun ein Projekt, wie es wichtiger nicht sein könnte für Hildburghausen. Denn genau das tut unserer Kreisstadt Not: ein „neues“, historisch bedeutendes Kleinod im Herzen der Stadt, das einen wirklichen Wow-Effekt auslöst und eine hochwertige Heimat für Empfänge und Kulturveranstaltungen bietet.
Gleichzeitig haben wir die Haselstaude von 1828 jetzt endgültig verloren. Die Bagger haben das Haus vernichtet. Die wahrlich empörende Geschichte dieses Verlusts können andere besser erzählen. Ich will hier nur soviel sagen: Hildburghausen hat es jetzt haargenau beieinander!
Wollen wir den Anspruch des „kleinen Klassikers“ nicht verspielen, muss es ab sofort einen breiten Konsens geben, dass wir von unserem bauhistorischen Erbe nicht mehr das Geringste verlieren dürfen. Dass wir um jedes historische Gebäude kämpfen und eine parteiübergreifende Anstrengung unternehmen müssen, die vorhandenen Denkmale in gutem Zustand zu erhalten.
Was in dieser Gegend an Denkmalen verloren gegangen ist, geht überhaupt auf keine Kuhhaut. Dort, wo heute das Arbeitsamt steht – ein Verbrechen in architektonischer wie in sozialpolitischer Hinsicht – stand einmal der prunkvolle Kaisersaal. Das Offizin (ehemaliges Druckhaus) ist weg. Das Sendelbachhaus ist weg. Der Schlosskeller wurden einem potthäßlichen Bau mit Kettengeschäften geopfert.
Mit zu den verbrecherischsten Entscheidungen jedoch gehört der Abriss der Porzellanmanufaktur des Prinz Eugen in Kloster Veilsdorf. Ein ewiger Skandal!
Alles das und noch zahlreiche weitere Katastrophen sind in der Zeit nach der Wiedervereinigung passiert. Die Liste der Verluste davor, zu DDR-Zeiten, wäre vermutlich noch um einiges länger. Der Verlust des Hauptturms in den 50er Jahren und der Abriss eines ganzen Schlossflügels in Weitersroda 1988 gehören dazu.
Selbstverständlich wäre die Rettung all dieser Gebäude mit hohen Kosten und großem Aufwand verbunden gewesen. Das muss mir niemand sagen. Ich haue mein Geld seit vielen Jahren in so einen alten Kasten. Aber wir sollten endlich erkennen, welche positiven auch wirtschaftlichen Auswirkungen eine gut erhaltene Denkmalsubstanz ermöglicht – und wie wichtig sie für die Seele und Identität einer Gegend ist.
Immerhin gibt es auch zahlreiche positive Entwicklungen. Wir waren am Tag des Offenen Denkmals dann noch in Bedheim, und was dort aus einer wirklich verheerenden Lage in 30 Jahren geschaffen worden ist, kann nicht hoch genug bewertet werden. Auch manche Stadtvilla hat es in Hildburghausen geschafft in den letzten Jahren und wurde vor dem Verfall bewahrt. Die Denkmalhochburg im Landkreis bleibt allerdings das prachtvolle Schleusingen.
Dennoch: wir haben mit der Haselstaude einen weiteren historischen Ort verloren. Es steht fest, dass dieser Verlust ganz überflüssig gewesen ist. Gefehlt hat der politische Wille, die Vision und vor allem die parteiübergreifende Überzeugung, dass unser baukulturelles Erbe eine große Bedeutung hat für unsere Zukunft.
Die Haselstaude ist nicht mehr. Aber lasst uns diesen Verlust zum Anlass nehmen für eine breit getragene Entscheidung: kein einziges Denkmal darf mehr verloren gehen!
Prinz Chaos II.
Weitersroda
Titelbild: Das Gasthaus „Zur Grünen Haselstaude“ in Häselrieth (um 1910). Foto: Verlag E. Schmidt
Abschließend: Werbung.
Ein gewisser Florian Kirner hat einen Roman geschrieben. Er heißt „Leichter als Luft“. Er ist im Westendverlag erschienen. Er ist überall im guten Buchhandel, aber natürlich auch bei Amazon und Co. erhältlich.
Ich persönlich rate zum Kauf im Büro der „Südthüringer Rundschau“, Johann-Sebastian-Bach-Platz 1, Hildburghausen und zu diesem Buch.
Die Bücher, die es dort zum Preis von 17,95 Euro gibt, sind handsigniert!
Florian Kirner hat die in der Rundschau erhältlichen Bücher exklusiv für Sie signiert.
Das Roman-Debüt von Prinz Chaos II.
Florian Ernst Kirner – Leichter als Luft
Eine verrückte Zeitreise durch das gentrifizierte Berlin vom 11. September bis heute. Donna Fauna, der Kanarienquex und das Weazel – drei Gewächse der Berliner Elektroszene – erleben auf LSD den 11. September 2001! Die Wucht des Ereignisses katapultiert das Trio endgültig in die Gegenwelt der Drogenkultur – bis sie im gentrifizierten Berlin wieder erwachen. Dort geraten sie in einen aberwitzigen Fight mit einem Immobilienkonzern, lernen alternative Medienleute, Neureiche und den mysteriösen Freiherrn von Tadelshofen kennen. Das Projekt „gesellschaftlicher Aufstieg“ erweist sich als Spiel mit dem Feuer. Ein faszinierender Ritt durch eineinhalb Jahrzehnte Zeitgeschichte. Glänzend beobachtet, mit brillantem Humor und Sprachwitz aufgeschrieben.
„Kirner erzählt auf fantastische Weise vom Anfang und dem Ende unseres Zeitalters der Verwirrung. Seine Sprache surft meisterhaft auf dem Aberwitz der Ereignisse. Das erstaunlichste an „Leichter als Luft“ ist jedoch, dass hier etwas gelungen ist, was kaum noch zu erwarten war: die Wiederbelebung einer totgesagten literarischen Gattung, des Sittenromans.“
Dirk C. Fleck (ausgezeichnet mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis 1994 und 2008)