Der Ablauf bis zur Schließung des Freibades in Hildburghausen nötigt mich zu einem Kommentar
Leserbrief. Es ist vollbracht. Wieder kann ein Relikt der Vergangenheit der Nutzung entzogen werden. Du mein geliebtes Freibad von Hildburghausen musst schließen.
Aber ehrlich gesagt, fehlen Dir ja die ideologischen Grundlagen für unsere neue demokratische Zeit. Du wurdest erbaut im Geiste des dunkelsten und totalitären Regimes, um deine Besucher physisch auf die „Weltherrschaft“ zu ertüchtigen, später solltest Du junge entwickelte sozialistische Persönlichkeiten fit für den Kampf gegen den imperialistischen Klassenfeind machen. Das ist vorbei. Du musst weg. Die Zeit für etwas Neues ist da.
Kein 50-m-Becken, ein Ensemble mit Attraktionen und Spaßfaktor muss her. Schwimmen oder Schwimmen erlernen braucht man nicht mehr, planschen und rutschen ist ausreichend. Vielleicht eine Wasserhöhe von 0,5 Meter, da spart man Wasser und vielleicht auch die Bademeister.
Falls in den nächsten Jahren doch kein Geld für ein neues Bad da sein sollte, könnte auf dem Grundstück ein Einkaufsmarkt entstehen oder es wird parzelliert und als Bauplätze veräußert, das Stadion vielleicht gleich mit.
2020: Hildburghausen hat kein Freibad mehr. Vielleicht war im Jahre 2019 die letzte Badesaison überhaupt. Der Stadtrat lässt das Freibad nicht reparieren. Ca. 37.000 Euro sind zu viel Geld. Gut wenn man im April 2020 die defekte Folie und maroden Fußmatten entdeckt, dann wird auch ohne Coronaauflagen die Zeit knapp, um eine geeignete Firma mit der Instandsetzung zu beauftragen und das Bad rechtzeitig zu öffnen.
Mir ist schleierhaft, warum zum Saisonende 2019 keine Mängelliste aufgestellt wurde, um diese zeitnah zu beseitigen. Auch für eine Generalsanierung 2021 wird kein Eigenanteil bereit gestellt und die Fördermittel abgelehnt. Übrigens Gelder für Planungskosten des 3.Bauabschnitt unseres Theaters sind da.
Es wurde eine Umfrage über zwei Varianten gestartet. Mir persönlich hätte eine Sanierung des Bestandes gereicht, aber egal: Umfrage bei den Bürgern. Ca.150 Einwohner nahmen sich die Zeit und stimmten per Brief oder Email ab. Das Ergebnis wird ignoriert, weil die Umfrage nicht vom Stadtrat sondern der Stadtverwaltung initiiert wurde, weil eine 3.Variante in kürzester Zeit auch 150 Likes in Facebook erhielt. Meiner Meinung ist das nicht repräsentativ, da in den sozialen Medien jeder ganz fix die Artikel seiner Freunde positiv bewerten kann. Ergebnis: Niemand möchte ein 50-m-Becken. Es müssen mehr Attraktionen und ein Alleinstellungsmerkmal her.
Im Gegensatz zu den meisten Stadträten nutze ich das Freibad relativ oft. 2019 erfreute ich mich sicher 30mal am kühlen Nass. Auch die anderen Besucher, natürlich wie ich bereits ältere Bürger, begeisterten sich für unser großes Becken. Auch sahen wir alle die kosmetischen Mängel, aber darüber schauten wir hinweg.
Wenn ich jetzt in den Medien vernehme, dass der Stadtrat darüber weiter beraten will, kann ich mir vorstellen, wie es weitergeht. Konzepte werden erstellt, Planungen veranlasst, die Folgen sind, dass Zeit und Geld ins Land gehen. Aber wie sagte ein Stadtrat so schön (ungefährer Wortlaut): „Auch wenn wir zukünftig weniger Fördermittel erhalten sollten und der Eigenanteil der Stadt steigt, dann haben wir doch dem Freistaat Steuermittel erspart.“
Als leidenschaftlicher Nutzer unseres Freibades mit dem 50-m-Becken bin ich wütend, schwer enttäuscht und vor allem traurig von der Arbeitsweise unseres Stadtrates. Übrigens ist die Stimmenthaltung ein demokratisches Recht unserer Abgeordneten aber nicht der richtige Weg, um die Interessen der Bürger zu vertreten, eventuell möchte man sich manchmal nur um einen klaren Standpunkt drücken.
Mir schwant nichts Gutes, ich glaube fast, es ist gewollt, das Freibad zu schließen.
André Hanuschek
Hildburghausen
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