Der Kampf um die Linde
Diesen Dienstag war richtig Party im Kehrweg, Hildburghausen. Drei Polizisten, zwei Vertreter des Ordnungsamtes, zwei von der Umweltbehörde, vier Holzarbeiter, der Superintendent der evangelischen Kirche, der Landtagsabgeordnete Tilo Kummer, einige Anwohner, der Chefredakteur vom Freien Wort, Frieder Dummer von dieser Zeitung und Herr Achim Hofmann, der die Fällung stadtseitig verfügt hatte. Vorher war Bernd Schreiner von der Piratenpartei da gewesen.
Alle standen wir unter einer zu diesem Zeitpunkt bereits arg amputierten Linde am Kehrweg 48 und diskutierten über eben dieselbe.
Dazwischen stand mein Auto und blockierte seit nunmehr über vier Stunden die Fällarbeiten.
Ich will das Ergebnis der Auseinandersetzung zusammenfassen:
- Der fragliche Baum ist eindeutig stark geschwächt. Frau Greßmann, von der ausführenden Firma (Baumbiber, Kloster Veßra), die leider erst ganz am Ende eintraf, hat mir soeben in einem langen Telefonat das von der Hebebühne aus zu erkennende Schadensbild beschrieben. Ob die Linde in ihrem jetzigen Zustand zu retten ist, ist demnach auch für mich fraglich. Frau Greßmann sagt klar: nein.
- Der Zeitpunkt der Fällung wurde derweil von den Vertretern des Umweltamtes klar beanstandet. Die Rodungssaison endet am 28. Februar. Einen Baum dieses Alters in der Brutzeit zu fällen, ist nicht nur ein Unding. Es ist illegal.
- Das Argument „Gefahr im Verzug“ zieht nicht. Dann hätte man vor der Brutzeit handeln müssen. Angeblich sind die Schäden ja schon lange bekannt gewesen.
- Dass dieser Baum überhaupt so geschwächt dasteht, hat dann wiederum entscheidend mit baulichen Maßnahmen zu tun. Diese dicke Linde hat kaum eineinhalb Quadratmeter unversiegelter Fläche um sich herum, um über das Wurzelwerk Wasser aufzunehmen. Diese Versiegelung und Bodenverdichtung rund um den Baum verurteilt diesem nicht nur zuverlässig einem langsamen Sterben, sondern sie widerspricht wiederum den Vorschriften!
- Die Schnitte älteren Datums, die der Baum reichlich zeigt, zeugen ebenfalls von einer fortgesetzt lieblosen Behandlung. Zahlreiche Wunden wurden, wie auch jetzt noch deutlich zu erkennen ist, unzureichend oder gar nicht verarztet.
Jaja: Aufregung! Aufregung um einen Baum und um seine Bewohner.
Zeit wird’s.
- Zeit, dass wir uns in dieser Stadt darüber unterhalten, welchen Stellenwert unser Naturerbe hat. So wie wir das unter der Linde am Kehrweg begonnen haben.
- Zeit, dass sich auch in dieser Stadt an die per Bundesgesetz geregelte Rodungssaison gehalten wird.
- Zeit, dass Baumschutzvorschriften eingehalten und durchgesetzt werden, die dafür sorgen, dass die Natur den Platz bekommt, den sie braucht, um gesund zu bleiben.
- Und Zeit, dass wir uns als Bürger einmischen und für den Erhalt der Natur aufstehen.
Und auch darauf sei hingewiesen: der Kehrweg war vor Jahrzehnten einmal eine Prachtallee mit wuchtigen Bäumen auf beiden Seiten. Jetzt beerdigen wir die allerletzten Überlebenden dieser Allee.
Dieser Irrsinn muss aufhören!
Prinz Chaos II.
Weitersroda
Fotos: Prinz Chaos II & Südthüringer Rundschau