Eine gut geführte Stadt
Eine gut geführte Stadt hätte, um ein Beispiel zu nennen, nicht zugelassen, dass die prächtigen Bäume entlang der Marienstraße im Kahlschlagverfahren gerodet werden.
Wer hat das angeordnet? Wer hat das ausgeführt?
Man führe die Schuldigen vor! Der Narrenkäfig wartet.
Anders gefragt: ist die Marienstraße, unterhalb des Grabes der Dunkelgräfin, nicht eine der repräsentativsten Straßen der schönen Kreisstadt Hildburghausen? Die Häuser unten am Stadtberg sind besonders gelungene Architektur, sind gut gepflegt.
Die Bäume da waren eine Pracht.
Ist die Straße jetzt schöner als vorher, so ohne diese Bäume? Gereicht die Marienstraße unserer Stadt zu größerer Zier, ohne die 25 mächtigen Laubbäume, die an ihrem Rand standen? Ist der Autoverkehr wohl sicherer geworden, durch diesen Baumfrevel? Hat irgendwer von nun an weniger Schatten im Sommer?
Ich weiß schon, ich weiß! Was scheren uns die Bäume? Was schert uns die stolze Blutbuche, die an exponierter Stelle im Stadtbild, wo eh schon alles verparkplatzt ist, einem… Parkplatz weichen musste? Was scheren uns die Baumverstümmelungen und die skandalösen Fällungen, die in Schleusingen regelmäßig angerichtet wurden und werden sollen?
Eine wahrhaft gut geführte Stadt würde im Jahre 2019 längst beherzigen, dass unser Naturerbe ein zentraler Zukunftsfaktor ist, den es zu bewahren und zu entwickeln gilt. Jeder, der mitdenkt, weiß, dass die Menschheit endlich dem Ökosystem Luft zum Atmen lassen muss.
Viele haben es auch begriffen. Der Hildburghäuser Stadtwald wurde über drei Jahrzehnte mustergültig umgebaut: vom Monofichtenstangenwald zu einem kerngesunden, kräftigen Mischwald! Unzählige Menschen betreiben ihre Gärten seit jeher ökologisch vorbildlich. Nicht unbedingt, weil es ökologisch vorbildlich ist. Sondern weil der Garten halt auch besser wächst, wenn er wachsen darf.
Und ja, natürlich, wir leben am Südhang des Thüringer Waldes. Menschen, die sich mit den Bäumen und dem Wald identifizieren, gibt es zwar nicht genug, wie man sieht. Aber es gibt viele, die in einem Baum nicht nur den Holzwert erkennen. Sondern den Wert eines machtvollen Wesens, mit dem wir Menschen in Freundschaft leben müssen – bei Strafe unseres Untergangs.
Nun gibt es im Schlosshof zu Weitersroda zwar keinen Narrenkäfig mehr, aber eine alte Hoflinde von königlicher Pracht. Es gibt auch eine Hofweide. Die steht noch, weil der Fleischhauer Ronald sie einst verteidigt hat. Sei wie Ronald. Verteidige die Bäume!
Prinz Chaos II.
Weitersroda
Fotos: Südthüringer Rundschau