Wenn man seit mehr als 20 Jahren Musik macht, ist es irgendwann vielleicht Zeit für einen „Neuanfang”. Bei Clueso war dieser Punkt 2016 erreicht. Alles überdenken, die Weichen auf Anfang stellen, sich von langjährigen Wegbegleitern verabschieden und von vorne beginnen – genau das machte Clueso, und er machte es auf seine Art: mit einem neuen Album, das er passenderweise „Neuanfang” nannte, und einer ausgedehnten Tour. Denn auch wenn er sich von seiner Band und seinem Manager getrennt hatte, war die Musik eine feste Konstante in Cluesos Leben.

Thomas Hübner, wie Clueso eigentlich heißt, kann gar nicht anders, als seine Gefühle in Musik auszudrücken. Wenn ihn etwas beschäftigt, greift er zur Gitarre und singt seine Gedanken heraus. Texte und Melodien sind sein Zugang zu allem, was um ihn herum passiert – er erklärt sich die Welt durch Musik und teilt sich ihr auf gleiche Weise mit. Clueso ist eben mit Leib und Seele Musiker. Da ist es wenig verwunderlich, dass er schon als Teenager damit anfing.

Damals war er in der Hip-Hop-Szene zu Hause und rappte beim „Erfurt Projekt 1996” mehr als dass er singt. Auch sein 2011 erschienenes Debütalbum „Text und Ton” und die Single „Spiel da nicht mit” enthielten Hip-Hop-Elemente, die Clueso geschickt mit Reggae vermischte. Dieses Spiel mit unterschiedlichen musikalischen Stilrichtungen entwickelte sich im Laufe der Zeit zu Cluesos Markenzeichen. Zwar dominierten Reggae- und Hip-Hop-Klänge auch auf dem zweiten Longplayer „Gute Musik”, doch zeichnete sich hier bereits deutlich ab, dass Clueso sich nicht so einfach in eine musikalische Schublade stecken lässt. Seine Offenheit und Experimentierfreude – und ganz besonders seine Qualitäten als Songschreiber – stellte der Erfurter 2006 mit seinem dritten Album „Weit weg” eindrucksvoll unter Beweis. Die darauf enthaltenen Stücke waren ein bunter Mix aus Pop, Funk, Reggae und Rock. Einen ähnlich abwechslungsreichen Kurs verfolgte Clueso zwei Jahre später auf „So sehr dabei”. Längst hatte er sich zu diesem Zeitpunkt einen Platz unter den großen deutschsprachigen Musikern erspielt, wie die „1Live Krone” als bester Künstler 2008 bestätigte. Die Single „Gewinner” war genau das und wurde mit Gold ausgezeichnet.

Der Nachfolger „An und für sich” wurde zum noch größeren Erfolg und erreichte Platin-Status. Auf dem Album ergänzte Clueso seine gefühlvollen Melodien durch verschiedenartige elektronische Komponenten zu einer gelungenen Fusion aus Synthie-Sounds, wummernden Beats und eingängigen Gitarrenriffs, alles gekonnt vereint durch cleveres Songwriting. Mit jedem Album erfand sich Clueso ein Stück weit neu – und blieb sich und seinem ganz persönlichen Stil dabei dennoch treu. 2014 veröffentlichte er „Stadtrandlichter” auf seinem neu gegründeten eigenen Label „Text und Ton”. Die Elektronik-Anteile hatte Clueso zugunsten „echter Instrumente” wieder deutlich zurückgefahren. Den Fans schien es zu gefallen – ohne Umwege landete das inzwischen sechste Studioalbum des sympathischen Sängers auf Platz eins der deutschen Charts. Im Herbst 2016 erschien „Neuanfang”, dessen Titel nicht von ungefähr kam, hatte Clueso doch in mehrfacher Hinsicht einen Neubeginn gewagt. Musikalisch läutete er den „Neuanfang” mit der ersten Singleauskopplung gleichen Namens ein.

Doch letztlich ist ja eigentlich jedes neue Clueso-Album wie ein neuer Anfang – wie kaum ein anderer deutscher Musiker erfindet er sich schließlich mit jeder neuen Platte immer wieder neu.

Clueso – Sag Mir Was Du Willst (Official Video)

Foto: © Kolja Eckert