Hibu ist schön – Ihr Pfeifen!
Hildburghausen. Vor Kurzem hatte ich Besuch von einem jungen Stadtplaner. Er ist darauf spezialisiert, heruntergekommene Städte wieder nach vorne zu bringen. Ein Jahr hat er in Detroit verbracht – jener alten amerikanischen Autostadt, die seit einigen Jahren zu neuem Leben findet. In der Hauptstadt von Uganda hat er die Wiederbelebung jenes Opernhauses mitorganisiert, das die Engländer kurz vor ihrem Abzug noch errichtet hatten. Nach 20 Jahren Bürgerkrieg wusste aber halt niemand mehr so recht, was anzufangen mit dem schönen Bau. Jetzt ist es wieder ein brummender Ort der Kultur geworden.
Wir waren also im Stadttheater Hildburghausen. Der junge Planer war schwer beeindruckt. Die Verbindung des alten und des neuen Hauses hat ihm gefallen. Und dass eine kleine Stadt so ein tolles Theater hat, erklärte er zu einem riesigen Plus. Das Defizit von 150.000 Euro pro Jahr fand er dagegen völlig normal und unbedenklich. Die Erhaltung von Straßen sei wesentlich teurer und da frage nie jemand nach den Kosten. Außerdem seien die positiven Nebeneffekte von Kultur heutzutage kaum hoch genug zu bewerten.
Dann waren wir in der Kernstadt unterwegs. Wir besichtigten einige der leerstehenden Ladengeschäfte und waren erleichtert über deren nach wie vor sehr guten Zustand. Die Läden stehen zwar leer, aber sie sind völlig intakt. Der Markt hat dem Planer überhaupt sehr gut gefallen. Marktsanierung? Wozu? Das Allerletzte, was dieser Marktplatz jetzt braucht, ist eine mehrjährige Großbaustelle. Der Markt ist doch toll, wie er jetzt ist.
Überhaupt fasste der junge Stadtplaner seinen Eindruck von unserer Stadt so zusammen: „Man kann über exakt dieses Hildburghausen, so, wie es jetzt ist, problemlos eine positive Geschichte erzählen.“ Das tut aber fast keiner.
Fast alle Hildburghäuser, die ich dem jungen Planer vorgestellt habe, haben ihm die Ohren vollgejammert mit ihren endlosen Klageliedern. Es war wirklich peinlich. Führende Vertreter dieser Stadt haben dem jungen Stadtplaner nicht von Chancen berichtet, sondern von Problemen, Problemen, Problemen. Nicht von der guten Zukunft, sondern von der besseren Vergangenheit. Sie haben den jungen Planer nicht umworben, sondern gekonnt abgeschreckt, was zum Glück aber nicht geklappt hat.
Es gibt da überhaupt so eine Art Wettbewerb: „Wer redet am schlechtesten über die eigene Stadt?“ Ja, natürlich: es gibt Probleme. Aber wir könnten auch einmal sehen, dass die Probleme erstens überschaubar und zweitens lösbar sind. Dafür müssten wir aber anfangen, das zu nutzen, was wir schon haben. Stadttheater, Marktplatz, Schlosspark – aus meiner Sicht gibt es keinen Grund, dass wir diese fabelhaften Orte nicht jetzt schon wesentlich besser nutzen und ins Spiel bringen. Das Theater ist grandios und ein riesiges Plus für unsere Stadt. Auch ohne dritten Bauabschnitt kann es sofort viel mehr genutzt werden. Alles, was es dafür braucht, ist ein Minimum an mehr Personal und der entsprechende politische Wille des Stadtrats.
Es ist sowieso ein Wunder, was unser Ali Fröhlich bei den aberwitzigen Bedingungen, unter denen er arbeitet, für eine großartige Theaterarbeit abliefert. Danke, Ali! Bester Mann!! Oder der Schloßpark. Anstatt sich darüber zu mokieren, wer diesen Park alles nutzt, den man nicht mag, könnte man ihn auch selber mehr nutzen. Es könnten Familien den Picknickkorb packen, junge Paare sich auf Decken sonnen oder Federball spielen. Da wäre die Stimmung dort zumindest tagsüber und des Sommers sofort eine ganz andere. Und wenn Abfall herumliegt, bückt man sich, hebt ihn auf und wirft ihn weg, anstatt über das Ordnungsamt zu lästern.
Worauf ich hinaus will: Was dieser Stadt fehlt, ist nicht in erster Linie Geld. Denn mit viel Geld kann man auch viel Blödsinn machen. Wir könnten auch mit den bestehenden Möglichkeiten viel erreichen. Trotz schwieriger Haushaltslage. Was wir brauchen, ist ein neuer Bürgergeist, der an die besten Zeiten Hildburghausens anknüpft. Ein Geist, der nicht die Schuld für Fehlentwicklungen herumschiebt, sondern aktiv und engagiert für gute Entwicklungen sorgt.
Eine solche Kraft möchte der Hildburghäuser Werbering sein. Die Wohnungsgesellschaft Hildburghausen mbH, der Lionsclub, das Frauenkommunikationszentrum BINKO und viele andere sind ebenfalls solche Kräfte für das Positive in Hildburghausen.
Und hört doch endlich auf, Eure eigene Stadt herunterzureden, als sei sie ein Slum. Ich sehe doch außerdem Eure Häuser und Gärten. Wer sein Haus und seinen Garten so herrichtet, wie fast alle Hildburghäuser das tun, braucht mir nicht zu erzählen, dass er oder sie nicht gerne in dieser Stadt lebt.
Also: gebt es endlich zu – und erzählt es auch anderen: Hibu ist schön!
Florian Kirner
1. Vorsitzender
Hildburghäuser Werbering e.V.
Foto: Südthüringer Rundschau