Homeschooling: Hilfeschrei einer Oma
Leserbrief. Seit einem Dreivierteljahr bin ich im wohlverdienten Ruhestand, den ich mir ehrlich und mit körperlich schwerer Arbeit verdient habe. Allerdings hatte ich mir meinen Ruhestand ganz anders vorgestellt. Früh bin ich Lehrerin, Hausfrau, Köchin und am Nachmittag bin ich Kindergärtnerin (Kindergarten schließt 15 Uhr).
Nun zu meinem eigentlichen Hilferuf.
Da beide Elternteile systemrelevant berufstätig sind, habe ich im März 2020 diese vielen „Berufe“ gerne übernommen. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Eigentlich sollte (wollte) ich nur die Kontrolle der Hausaufgaben übernehmen.
Mein Enkelkind besucht die 7. Klasse der Schule in Heldburg, die aber für diese Klasse schon über vier Monate geschlossen ist. Jetzt versuche ich zu lehren und zu kontrollieren.
Spätestens am Montag kann man die Hausaufgaben im Internet abrufen. „Schickt mir eure Lösungen bis… (Datum). nach Erledigung der Hausaufgaben werden sie wieder an den zuständigen Lehrer gesendet. So weit, so gut. Aber unsere Kinder sollten ja auch etwas lernen.
Ich beschreibe nun die verschiedenen Arten von Lern- oder Lehrmethoden an der Schule in Heldburg, beziehungsweise was haben Lehrer für unsere Kinder übrig:
Lehrer 1 (Deutsch, Englisch) schickt die Hausaufgaben und korrigiert sie. Er führt zweimal wöchentlich eine Videokonferenz mit den Kindern durch. Note 1.
Lehrer 2 (Biologie, Chemie, Kunst, Geschichte) kontrolliert die Hausaufgaben und schreibt den Kindern was fehlt und was falsch ist. Note 1 bis 2.
Lehrer 3 (Mathe, Physik) schickt ein großes Pensum an Hausaufgaben. Eine Woche später schickt er die Lösungen ohne Lösungsweg. Mit viel Glück stimmen die Lösungen mit den Aufgaben überein (meistens nicht). Er will auch nicht die gelösten Aufgaben zugeschickt bekommen und korrigiert sie demzufolge auch nicht. „Wir schreiben einen Lerntest, versucht ohne Hilfe die Aufgaben zu lösen. Schickt mir nach Erhalt der Lösungen (eine Woche später) eure Note.“(!) Also Kinder schreiben einen Lerntest zu Hause, müssen diesen bewerten und benoten. Der Lehrer will nur die Note. Da frage ich mich doch, was macht denn der Mathe- und Physiklehrer? Note 4.
Lehrer 4 (Heimat und Welt, Geschichte) schickt alle 3 bis 4 Wochen vielleicht einmal Hausaufgaben, verlangt keine Rücksendung der gelösten Aufgaben und korrigiert sie demzufolge auch nicht. Note 5.
Ich habe mir erlaubt, auch einmal Noten an Lehrer zu vergeben. So läuft Schule in Coronazeiten ab. Wenn beide Elternteile arbeiten, ist das ein Ding der Unmöglichkeit.
Es gäbe noch so vieles zu berichten, was unseren Enkelkindern alles vorenthalten oder verboten wird. Aber das Thema „Schule Heldburg“ lag mir besonders am Herzen.
Was bitte schön, sollen die Kinder in manchen Fächern lernen? Was soll aus den Kindern einmal werden, die schon vier Monate keine Schule von innen gesehen haben?
Lasst die Kinder der Klassenstufen 7 bis 9 wieder in die Schule!
Ratschlag noch an so manchen Lehrer. Bitte nehmen Sie das Homeschooling ernst, denn so funktioniert es nicht.
Eine ganz besorgte Oma
(Name der Verfasserin ist der Redaktion bekannt.)
Foto: Südthüringer Rundschau
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