In Themar stinkt’s gewaltig! Umweltskandal rund um die Biogasanlagen in Themar und Henfstädt
Offener Brief von Kreisrat Michael Binek und Mitgliedern der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld an die Thüringer Landesregierung:
Themar/Henfstädt. Sehr geehrte Damen und Herren, nachfolgende Fragen sind vollkommen ernst gemeint. Ich bitte hiermit als Kreisrat und Bürger um Beantwortung:
Wann zwischen der Wende und dem heutigen Tag wurde der Landkreis Hildburghausen zum rechtsfreien Raum erklärt?
Wie lange sollen die Bürger hier noch hinnehmen, dass der Vollzug von Gesetzen hier in keinster Weise mehr funktioniert?
Wie lange nimmt man hin, dass die Landwirtschaft hier völlige Narrenfreiheit genießt und die „schwarzen Schafe“ den Ruf guter Betriebe nachhaltig schädigen?
Was muss passieren, damit jemand der aus reiner Gier hundertfach Recht & Gesetz bricht, endlich verurteilt wird und Berufsverbot erteilt bekommt?
Wie erklären Sie betroffenen Bürgern, welche wegen dieser Zustände zum Teil schon ihr Leben fast aufgegeben haben, dass so etwas hier problemlos möglich ist und Sie nichts dagegen tun können?
Wie lange sollen wir hinnehmen, dass Beweismaterial in Form von Proben bei Behörden vergammelt bzw. unbrauchbar wird und durch Falschaussagen von Behördenmitarbeitern strafrechtliche Ermittlungen verhindert werden?
Wie kann es sein, dass beim Betrug mit Steuermitteln in Millionenhöhe nach 6 Jahren immer noch keine Anklage erhoben wurde?
Gelten in Thüringen auch einzelne Menschen als Bürger, mit dem Recht auf eine lebenswerte Umwelt, oder gilt dies erst ab einer bestimmten Anzahl?
Wo bleibt der respektvolle Umgang mit den Menschen und Familien, die seit 11 Jahren die, laut Baugesetz, unzulässigen Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität ertragen müssen und den Glauben an den Rechtsstaat verloren haben?
Uns behandelt man nämlich oftmals als Störenfriede, anstatt die aufgedeckten Dinge ernst zu nehmen. Und so wundert es mich und die anderen Mitglieder der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld inzwischen auch überhaupt nicht mehr, warum es immer mehr enttäuschte Bürger gibt, die sich antidemokratischen und verschwörerischen Organisationen anschließen.
Anbei finden Sie einige Bilder (siehe unten) von Vorfällen im Umfeld von Themar, unter anderem zuletzt einer stark qualmenden Biogasanlage und der entstandenen Wolke, die auch aus drei Kilometer Entfernung sehr deutlich zu erkennen war. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisberges, denn gegen den Betreiber läuft unter anderem seit mindestens 2016 ein Verfahren wegen Subventionsbetrug in Millionenhöhe. Die Veröffentlichung der entstandenen Bilder in sozialen Medien wurde unter anderem wie folgt kommentiert: „Ich kenne das nicht anders, fahre da öfter vorbei. Dachte das ist normal.“
Desweiteren gab es viele schwere Umweltverschmutzungen, inkl. Fischsterben – der Großteil davon blieb ohne Konsequenzen für den Betreiber. Selbst Schwarzbauten, mit darin vergrabenen Asbestbrocken und anderem Müll sind hier kein Problem, denn obwohl Behörden, wie z.B. das Landesverwaltungsamt, bescheid wissen, steht dieses Bauwerk seit inzwischen zwei Jahren.
Während selbst das Landesverwaltungsamt es scheinbar nicht hinbekommt, diesem Treiben Einhalt zu gebieten, macht der Betreiber munter weiter, denn die Behörden des Landkreises bedrohen lieber die Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld mit Strafzahlungen oder verklagen mich persönlich für Aussagen, deren Richtigkeit ich nachweisen kann.
Um es an einem Beispiel zu untermauern: Bei auslaufender Gülle bekam ich von einem leitenden Mitglied der zuständigen Feuerwehr die Aussage: „Ich mach da nichts, sonst verklagt der mich noch!“ Oder um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Selbst Polizisten konnten eine Ölqualmwolke nicht von Nebel unterscheiden! Um es genau zu machen: Ich unterstelle diesen Beamten hiermit eine Falschaussage!
Die damalige Landwirtschaftsministerin Keller hatte ich zur einer Besichtigung der Havarieorte des „schwärzesten Schafs der Thüringer Landwirtschaft“ eingeladen. Ihr Mitarbeiter schrieb mir einige Zeit später, dass der Termin erst nach einer vom Ministerium durchgeführten Prüfung des Betriebes erfolgen wird. Das war es dann aber auch, denn seit dieser Mail hielt man es nicht mehr nötig, sich zu melden, geschweige denn auf Nachfragen zu antworten.
Wenn dann selbst der Petitionsausschuss im Landtag sich nicht dazu durchringen kann, hier aktiv zu werden, und das obwohl den Mitgliedern eine Liste mit über hundert Vorfällen vorlag, fragt man sich schon, wie Thüringen scheinbar zu einer Bananenrepublik verkommen konnte.
Ich bin entsetzt, dass nachweisbare Umweltdelikte vom zuständigen Kripobeamten seit mehreren Jahren nicht konsequent geahndet werden. Auch der zuständige Staatsanwalt stellt jedes Verfahren bei Umweltdelikten ein und sagte am Telefon zu engagierten Bürgern, dass man sich überlegen sollte, ob man sich wirklich für die Verfolgung dieser Straftaten verantwortlich fühlt. Diese Aussage hat bei mir das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht.
Im Landkreis Hildburghausen ist scheinbar alles möglich.
Möglich unter anderem dadurch, dass Behördenmitarbeiter Genehmigungen erstellen, obwohl sie von dem entsprechenden Thema kaum eine Ahnung haben. Möglich dadurch, dass Behörden ihren Kontrollpflichten in keinster Weise nachkommen. Möglich dadurch, dass dank kommunaler Selbstverwaltung ein Landrat alles abwehren und verhindern kann, dass die Verantwortlichen in seinem Landratsamt zur Rechenschaft gezogen werden.
Wenn Sie jetzt denken, dass dies Einzelfälle sind und nur ein Unternehmen betreffen, liegen Sie falsch. Selbst den Leiter des Umweltamtes muss ich mit den Worten zitieren: „Sie glauben wohl wir haben nichts anderes zu tun, es gibt hier noch viel Schlimmeres im Kreis.“ Was das bedeutet, mag ich mir nicht vorstellen. Wobei sich mir aber die Frage stellt, warum es eben dieser Amtsleiter seit vielen Jahren nicht hinbekommt, solche Probleme auch nur ansatzweise unter Kontrolle zu bekommen.
Es gab hier Vorfälle, bei denen Gärreste aus der Anlage über mehrere Tage in einen Altarm der Werra liefen. Nachdem auch das Umweltamt dies überprüft hatte, passierte nichts. Man hätte gesehen, dass Material ausläuft und meinte lapidar, das man die Quelle nicht gefunden hätte. Erst als Mitglieder der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld die Quelle des Problems identifizierten und entsprechend verschlossen, stoppte dieser Auslauf. Erst daraufhin wurde ein TÜV-Gutachten der, laut mehrfacher Behördenaussage problemlosen Anlage, erstellt. Ergebnis waren 40 Mängel, 13 davon im Bereich schwerwiegend/gefährlich.
Die Aussagen von Kollegen aus anderen Bundesländern zu den Vorkommnissen sind eindeutig und sollten jeden Einzelnen von Ihnen zum Nachdenken anregen: „Für das was bei euch ungestraft bleibt, hätten bei uns Leute ihre Jobs verloren bzw. wären im Bau gelandet und das schon lange.“
Meiner Meinung nach könnte eine gut ausgestattete und mit entsprechenden Befugnissen versehene Stabsstelle „Umweltkriminalität“ frühzeitig helfen, solche Probleme zu lösen. Da es diese aber genauso wenig gibt, wie einen verpflichtenden Bereitschaftsdienst der Umweltämter, braucht es hier und jetzt andere wesentlich schnellere Lösungen!
Abschließen möchte ich meinen Brief mit den Worten des heutigen Präsidenten des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) Mario Suckert, welcher im Landesverwaltungsamt damals für die Probleme an den Biogasanlagen zuständig war: „Man müsse bei dieser Behörde (SG Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Hildburghausen) mal mit dem scharfen Schwert agieren.“
Leider gleichen die bisherigen Maßnahmen nicht einmal einem stumpfen Messer.
Ich selbst bin Mitglied der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld, die seit inzwischen elf Jahren gegen die Machenschaften des Betreibers als auch die entsprechend dazugehörigen Verfehlungen und die Ignoranz der Behörden bei den weit mehr als 100 Vorfällen an diesen Anlagen kämpft. Und um es nicht unerwähnt zu lassen: ehrenamtlich und ohne jegliche Unterstützung, tausende Stunden Arbeit investiert hat um für etwas zu kämpfen, was normal sein sollte – eine lebenswerte Umwelt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Binek, Themar
Kreisrat Landkreis Hildburghausen für Bündnis90/DieGrünen
Mitglied der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld
und mehr als nur enttäuschter Bürger
sowie den Mitgliedern der Bürgerinitiative Biogas Themar/Lengfeld
Ralf Geyer
Helmut Thein
Dirk und Gabi Schröder
Frank Schelhorn
Hubert Henneberger
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