Ist der Ausdruck „Altweibersommer“ noch „politisch korrekt“?
Leserbrief. Liebe Leserinnen und Leser, angesichts der dunklen Jahreszeit – auch wenn der Herbst immer wieder schöne Lichtblicke mit sich bringt – und den bestehenden Beschränkungen und Einschränkungen, möchte ich unter der Rubrik „Kuriose Urteile“ zu dem einen oder anderen Lächeln beitragen.
Mit Beginn des Novembers neigen sich der September und Oktober, die uns noch viele sonnenreiche und warme Tage gebracht haben, dem Ende. Ein solcher Spätsommer wird immer wieder gern „Altweibersommer“ genannt. Hierbei handelt es sich um eine meteorologische Phase gleichmäßiger Witterung im Herbst oft Ende September und Oktober, die durch ein stabiles Hochdruckgebiet und ein warmes Ausklingen des Sommers gekennzeichnet ist. Das kurzzeitig trockenere Wetter erlaubt eine gute Fernsicht, intensiviert den Laubfall und die Laubverfärbung.
Heutzutage wird die Wortwahl, mal aus guten, mal aus weniger guten Gründen, allerdings oft auf die Goldwaage gelegt. Jüngstes Beispiel dürfte eine unter ursprünglich anderen Namen bekannte Soße sein, die nunmehr in „Paprikasoße ungarischer Art“ unbenannt werden soll.
Von daher stellt sich die Frage, ob der Ausdruck „Altweibersommer“ noch als „politisch korrekt“ verwendet werden darf, könnte hierin doch eine Diskriminierung älterer Damen liegen. Dass dies nicht ganz von der Hand zu weisen ist, zeigt ein Fall, den in der zurückliegenden Zeit die Gerichte beschäftigt hat.
In diesem Fall sah eine in den frühen 90er Jahren geborene Dame unter Verwendung dieses Begriffs sowohl eine Diskriminierung der Frauen, als auch eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts bei Verwendung dieses Begriffs, insbesondere in den Wetterberichten verschiedener Medien. Die verklagte Rundfunkanstalt rechtfertigte die Verwendung des Begriffs damit, dass dies seit Jahrhunderten im deutschen Sprachgebrauch fest verankert ist.
Der „Altweibersommer“ sei ursprünglich eine Bezeichnung für die im Herbst bei schönem Wetter herumfliegenden Spinngewebe gewesen und erst später auf die Schönwetterperiode selbst übertragen worden. Darüber hinaus sei dieser Begriff in der meteorologischen Wissenschaft geläufig. Weiterhin sei insbesondere mit diesem Begriff auch etwas Angenehmes, und zwar schönes spätherbstliches Wetter, verbunden.
Diese Argumentation überzeugte auch das erkennende Gericht, dass die Klage abgewiesen hat. Dementsprechend dürfte uns der Begriff „Altweibersommer“ auch weiterhin in unserem traditionellen Sprachgebrauch erhalten bleiben. An warmen sonnigen Tagen im Herbst dürfte wahrlich nichts Schlimmes zu finden sein.
Persönliche Anmerkung: Liebe Oma Anneliese, lieber Opa Günther, wir alle sind so dankbar, dass es euch gibt.
Rechtsanwalt Marko Knoth
Schönbrunn
Foto: Sven Siegling