Lebenserinnerungen führen zu kritischer Betrachtung der Wahlergebnisse zur Kommunal- und Europawahl
Leserbrief. Zunächst zu einigen Briefen in der Südthüringer Rundschau: Ein großes Lob für ihre Rubrik „Der Narrenkäfig“ und für Prinz Chaos, sachliche Kritik, die sein muß. Solch positive „Chaoten“ sollte unser Land mehr haben.
Ebenso volle Zustimmung für die Stellungnahme von Bernd Schreiner „CO2 ist nicht die Ursache…“ und seinem Beitrag in Nr. 25 der Südthüringer Rundschau! G. Bähring habe ich vor allem verübelt, daß er als naturwissenschaftlich Ausgebildeter so einen Schwachsinn verzapft und mit seinem Titel noch „veredelt“. Da ich einen persönlichen Bezug zu ihm habe, wollte ich den Disput mit ihm im kleinen Kreis austragen, was aber mit weiteren Mitgliedern seiner „Glaubensrichtung“ nicht möglich war. Meine mehrseitige Argumentation gegen seinen Artikel war übrigens fast deckungsgleich mit der von B. Schreiner.
Doch zu meinem Hauptanliegen, den vielen Wählerstimmen bei den Kommunalwahlen für Thommy Frenck (BZH), also für Nazis. Die AfD nehme ich bewußt aus, da ich einige gemäßigte AfD-ler kenne, wobei ich nicht verstehe, wie man einem Björn Höcke folgen kann.
Da eine sachliche Diskussion mit BZH-Anhängern kaum möglich ist, will ich versuchen, über eine gekürzte Geschichte meiner Familie BZH-Wähler zum Nachdenken zu bringen.
Ich wurde im Oktober 1944 in Schlesien , Regierungsbezirk Liegnitz geboren. (meinen Stammbaum konnte ich bis 1780 in Schlesien verfolgen). Meine Eltern lebten in einer separaten Wohnung im Hause meiner Großeltern, meine Oma Martha war eine geborene „Milch“, was noch eine Rolle spielen wird.
Um 1934/35 fährt auf dem Stammgut der Familie Milch eine große schwarze Limousine, Berliner Kennzeichen, vor und ein hoher Besuch wird angemeldet: General der Flieger Erhardt Milch, der spätere Stellvertreter von Hermann Göring im Luftfahrt-Ministerium. Wie sich bald zeigt, sucht dieser nach Urkunden/Kirchenbüchern, die seine arische Herkunft belegen. In der Führungsriege in Berlin werden immer wieder Gerüchte laut, Erhardt Milch sei Halbjude. Obwohl die Nachforschungen für ihn nichts bringen, gibt sich General Milch natürlich als Gönner seiner „arischen Verwandtschaft“.
Man weiß ja nie, ob man die als arisch eingestufte Familie Milch aus Schlesien nochmal gebrauchen kann. Natürlich sind die kleinen Verwandten, die Cousine Irmgard meiner Oma, und besonders ihre 4 Söhne, noch Jugendliche, vom Besuch beindruckt, zumal sie glühende NS-Anhänger sind. Ihr Mann ist höherer Offizier der Wehrmacht. Besonders für die örtliche und kreisliche Prominenz ist der Besuch ein zu würdigendes Ereignis, besonders die Parteibonzen sind in ihren Anschleimungen kaum zu bremsen. (Erhardt Milch wurde dann von Göring persönlich als „Arier“ eingestuft. „Wer Jude ist und wer nicht, bestimme ich!“)
Der 2. Weltkrieg beginnt und von den Söhnen melden sich drei freiwillig zum Militär, einer wird später eingezogen. Sie alle werden den Krieg gegen Rußland vom ersten bis zum letzten Tag mitmachen und in Rußland für Führer, Volk und Vaterland den „Helden- oder Opfertod“ sterben.
Der jüngste Sohn kommt zu einer Eliteeinheit, der motorisierten Waffen-SS.
Nach dem Einmarsch in die Ukraine erhält die Mutter Feldpostbriefe, die deutschen Truppen werden mit Brot und Salz und Blumen begrüßt, die ukrainischen Mädchen machen ihnen schöne Augen. Beim Heimaturlaub Weihnachten 41 hat sich besonders ihr Jüngster total verändert, er ist nicht mehr der fröhliche, offene Sohn. Sie hört nur, daß die Russen der Wehrmacht schwere Kämpfe liefern und daß die Stimmung der Bevölkerung in Feindschaft umgeschlagen ist. Das hat sie auch von ihren anderen Söhnen gehört, aber sie spürt, das ist beim „Kleinen“ nicht alles.
Im Sommer 42 kommt er wieder zum Urlaub, traurig, niedergeschlagen. Mit der Hartnäckigkeit einer Mutter bohrt sie nach und sie hört Furchtbares: Die „Elite-Panzereinheit“ ihres Sohnes mußte die „Arbeit“ der SS-Einsatzgruppen in der Ukraine absichern. Er mußte mit ansehen, wie die SS-Schergen Tausende Männer, Frauen, Kinder, Mütter mit Kleinkindern und Babys peitschten und sie mit Mpi`s vor sich her in die Wälder und Felder trieben, er hörte das anschließende Dauerfeuer und dann mußten sie mit ihren Panzern die endlosen Gräben mit Leichen, Halbtoten, wimmernden Kindern und zappelnden Babys, für die die Munition, das Bajonett oder Spaten zu schade war, zuschieben. Das und andere Gräuel kann er nicht mehr ertragen und erschießt sich am letzten Urlaubstag im Haus seiner Eltern.
Für seine Mutter bleibt nur blankes Entsetzen und der totale Zusammenbruch ihrer NS-Überzeugung.
Bei der Beisetzung ihres Sohnes macht sie gegenüber ihren Cousinen Martha und deren Schwester Selma erste Andeutungen, bei späteren Familientreffen erzählt sie ihnen alles ausführlicher. Die halten sich die Ohren zu, „Irmgard hör auf, wenn das der Führer wüßte“, „Der hat es doch befohlen!“. Irmgard verbreitet die Geschehnisse in abgeschwächter Form im Freundes- und Bekanntenkreis, wird denunziert und entgeht der Verhaftung und dem KZ nur durch die guten Beziehungen ihres Mannes, inzwischen Oberst, zur SS-Führung in Liegnitz.
Im Winter 42/43 erhält sie die Nachricht – laut offizieller Mitteilung – vom Heldentod ihres zweiten Sohnes im Kessel von Stalingrad. Zur gleichen Zeit humpelt der größte Lügner durch Deutschland und brüllt vor grölenden Massen seine Opfer- und Siegesparolen heraus. Dabei hat er seinem engsten Gefolge und seinem Tagebuch schon lange anvertraut, wie sehr er diese dumpfen Massen verachtet. Und zur gleichen Zeit läßt er sich tief unter Berlin einen bombensicheren Bunker mit allem Komfort bauen. Der Pöbel kann doch in seinen Häusern und Straßen im verbrecherischen Bombenhagel der Engländer und Amerikaner jämmerlich verrecken. Er wird noch gebraucht! Sieg Heil!
Im Spätherbst/Winter 1944 taucht Erhardt Milch, 1940 „vom Führer persönlich“ zum Generalfeldmarschall befördert nochmals zu einer Stippvisite auf. Die „gute Irmgard“ läßt ihn nicht in ihr Haus. Bei den weiteren Verwandten faselt er von Wunderwaffen, die er mit dem Reichsmarschall Göring mitentwickelt hat und die kurz vor dem Einsatz stehen. Der Endsieg ist sicher! Im übrigen können sich alle auf ihn, den Führer und Göring verlassen.
Abgang!
Zu der Zeit haben sich Göring, Milch, Oberverbrecher Himmler und Gefolge schon längst in Schweden oder im Westen nach Kontakten bemüht, die sie vor dem Untergang retten sollen.
In den ersten Februartagen 1945 steht eines morgens ein Offizier der Wehrmacht in der Tür meines Elternhauses. „Was macht ihr denn noch hier, seid ihr wahnsinnig?“ „Aber der Ortsgruppenführer hat versprochen, uns mit dem Auto mit nach Westen zu nehmen“. „Der Einzige, der euch hier abholt, bin ich oder der Russe, der ist in spätestens 2 Tagen hier und dann gnade euch Gott.
Die Bonzen haben sich längst abgesetzt. Ich bin in 1,5 bis 2 Stunden mit den lezten LKW, die ich habe wieder hier und bringe euch zum letzten Zug nach …( ich glaube, es war Lüben). Bis dahin habt ihr das wichtigste gepackt, jeder nur einen Koffer!“ Der Offizier hält Wort, holt sie ab, meine Großeltern, meine Mutter (29 Jahre) mit 2 Kindern, (mein Bruder ist 4 Jahre, ich 4 Monate), ihre Schwester (23) mit einjähriger Tochter (ihre Männer sind für den Sieg abkommandiert) und die Schwester meiner Oma, Selma, die die jungen Frauen mit ihren Kleinkindern nicht allein lassen will und die dann zu meiner praktizierenden Oma, der Erzählerin, wird. Außerdem noch einige andere „verrückte Gläubige“ aus der Nachbarschaft. Meinem Opa fällt nach kurzer Fahrt ein, daß er die Mappe mit allen Papieren vergessen hat. Er will unbedingt zurück, läßt sich ein Fahrrad vom LKW reichen und radelt los. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört.
Der völlig überfüllte Zug kommt wegen laufenden Tieffliegerangriffen nur schleppend voran, in Ruhland bei Spremberg ist am 12. Februar 1945 Schluß, Bomberangriffe, absolutes Chaos. Eigentlich unser Glück, denn der Zug sollte über Dresden geleitet werden, der 13. Februar 1945. Wir kommen schließlich mit einem nachfolgenden Pferde-, Kinderwagen- und Handwagentreck im Altenburger Land an, bleiben hier, obwohl wir nach Bayern weiter sollen. Kraft am Ende. Die NS-Volksgemeinschaft „bewährt“ sich auch hier, an vielen Türen und Toren kleben Schilder: „Zigeuner, Bettler und Pollacken (das sind wir) haben keinen Zutritt!“ Nur 2 oder 3 Bauern haben Mitleid oder soviel Menschenwürde und geben Essen und die so wichtige Milch für die Kinder.
Irmgard hatte durch Radio London schon lange gewußt, was kommen wird und sich mit dem Rest ihrer Familie im Dezember 1944 zum Weihnachtsbesuch zur Verwandtschaft nach Niedersachsen aufgemacht, die Rückfahrkarte in ihre Heimat ist nur ein Alibi für die allgegenwärtigen Spitzel.
Die Verwandtschaft kann ihre Warnungen bis zum bitteren Ende nicht glauben.
Soviel zum Verdienst des GröFaZ, des „Größten Feldherrn aller Zeiten“, wie ihn seine Paladine nennen, Görings Bruder hatte eine treffendere Schreibweise: GröVaZ. Das Land, welches meine Vorfahren in Jahrhunderten besiedelt und aufgebaut haben, hat der Größenwahnsinnige und sein Gefolge im verbrecherischsten aller Kriege vernichtet.
Zum Glück gibt es heute Europa, ich bin noch als „Reichsdeutscher“ geboren, was mir egal ist, ich bin Europäer!
An Thommy Frenck und sein Gefolge: Euer widerliches „Sieg Heil“ soll euch im Halse stecken bleiben oder ihr werdet eines Tages daran ersticken.
An die Wähler von BZH: Lest meinen Bericht und überlegt euch, wen ihr da wählt, sonst landet ihr vielleicht selbst in einem Leichengraben oder einer Gaskammer. Ich wünsch es euch nicht!
An die Regierung und die Justiz: Setzt endlich das Gewaltmonopol des Staates durch, auch gegen die geistigen Brandstifter, und schaut diesem Wahnsinn nicht länger tatenlos zu!
Laßt uns zusammenstehen, gegen den Irrsinn, Stellung beziehen, damit es nie wieder dazu kommt!
Werner Bindzettel
Lengfeld
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