Leserbrief zum Bürgerbegehren: Konzept „Künftige Strukturen der Freiwilligen Feuerwehr Römhild“
Leserbrief. Alle meine Kolleginnen und Kollegen als Nachwendebürgermeister können mir bestätigen, welche Lebensbereiche zu dieser Zeit von uns„beackert“ werden mussten. In den meisten Fällen waren wir ja selbst Unwissende, die aber gefordert wurden, den Job nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen.
Das betraf auch das Gebiet der Freiwilligen Feuerwehren, im Speziellen den Brandschutz. Keine Gesetze, ein Überangebot an Feuerwehrausrüstungen, hilfsbereite Kameraden aus den alten Bundesländern, die unseren Kameraden ihre alte Technik und Ausrüstung mit den rosigsten Umschreibungen schmackhaft machten, u.v.m.
Es war eine enorme Herausforderung. Doch letztendlich kann ich aus meiner Sicht sagen, für die Orte Haina und Sülzdorf, damals Ortsteil von Haina, haben wir mit den Gemeinderäten, der Freiwilligen Feuerwehr, sie gehörte und gehört laut Thüringer Kommunalordnung § 2 (3) zu den Pflichtaufgaben einer Gemeinde, den Vereinen und allen Einwohnern getan, was in unserer Macht stand. Gemeinsam haben wir sie zu Orten gemacht, die sich sehen lassen konnten und heute noch können.
Mit der Bildung der Stadt Römhild aus den 14 Gemeindestrukturen musste sich vieles verändern und hat sich verändert. Es ist verständlich, Aufgaben zu zentralisieren. Und es war und ist gut so, die ehemalige Stützpunktfeuerwehr Römhild mit aller Technik, die sie laut Gesetz vorzuhalten hat, weiter auszustatten und als zentralen Schulungs- und Weiterbildungsstandort zu erweitern. Mit dem neu errichteten Feuerwehrgerätehaus sind hierfür die Voraussetzungen gegeben.
Doch besteht durch diese Errungenschaft tatsächlich eine Notwendigkeit, die Feuerwehren in den anderen Orten der Stadt Römhild, so wie es das Konzept über die künftigen Strukturen der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Römhild vorsieht, zu reduzieren?
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Feuerwehren in den einzelnen Orten zu Zeiten der Selbständigkeit Pflichtaufgaben waren und es sich um gewachsene Strukturen handelt.
Was ist das Problem?
Die Wehren in den Orten besitzen feuerwehrtechnische Gerätschaften, Ausstattungen und Schutzbekleidungen, die maximal Wartungskosten verursachen. Die Kameraden haben einen Ausbildungsstand, der mit der üblichen Weiterbildung erhalten bleibt. Gebäude, na ja, wer die Feuerwehr seines Ortes bisher nach den Vorschriften betrieben hat, der hat auch die baulichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Im Falle der Feuerwehr Haina dürfte es diesbezüglich keine Forderungen geben.
Was und wer verursacht dann die Kosten von 125 bis 130.000n Euro? Wie hoch ist der Anteil davon für die zentrale Feuerwehr Römhild, der so oder so zu stemmen ist?
Doch was gibt es für Gründe, im Speziellen jetzt die Feuerwehr Haina aufzulösen?
Die Standortnähe scheidet aus, denn welcher Ortsunkundige kann einen Ortskundigen in einem Katastrophenfall ersetzen?
Oder waren es etwa die Erwartungen der Hainaer Kameraden?
Ich könnte mir schon vorstellen, dass die sich ständig weiter entwickelnde Technik das Interesse der Kameraden weckt. Doch dafür gibt es nun einmal die zentrale Feuerwehr Römhild. Und das ist zu akzeptieren.
Angesprochen wurde auch die nicht garantierte Einsatzbereitschaft. Nun frage ich mich, gibt es außer den Berufswehren überhaupt eine Wehr, die die Besetzung der vorhandenen Technik und die entsprechende Mannschaftsstärke über einen normalen Werktag hinweg absichern kann? Das wird auch für Römhild ohne die Beteiligung der Hainaer Kameraden und Kameraden anderer Wehren schwierig werden.
Eine Unterstützung durch die Feuerwehr Haina wäre bei vollständiger Auflösung, und darüber wird in den Reihen der Kameraden diskutiert, dann nicht mehr möglich.
Völlig unverständlich ist, dass im Zusammenhang mit der Standortaufgabe Haina die Mängelauflistung durch die „Feuerwehrunfallkasse Mitte“ in Verbindung gebracht wird.
Der derzeitige Stand der Ausstattung und Ausbildung der Hainaer Feuerwehr fällt mit Sicherheit nicht unter die Aufzählungen, siehe Gleichberg-Kurier Ausgabe 05/2019 „Erläuterungen und Sichtweise der Kommune“. Meines Wissens ist ein notwendiger Stand an Technik vorhanden, sind die Gebäude bis auf den laufenden Unterhaltungsaufwand in Ordnung. Es sind WC, Dusche, beheizbare Umkleidemöglichkeiten, ausreichende Lagerungsmöglichkeiten für die persönlichen Schutzausrüstungen, für Geräte und Material sowie Schulungsräume da.
Hinzu kommt, dass die Wehr einen gesunden Altersdurchschnitt hat, die Kameraden gut ausgebildet sind und auch auf jahrzehntelange Erfahrung zurückblicken können, was im Ernstfall von großer Bedeutung ist. Der Nachwuchs in der Feuerwehr Haina ist Ergebnis der jahrzehntelangen Kinder- und Jugendarbeit. Es wäre sehr schade, wenn die seit vielen Jahren bestehende Ausbildung auf diesem Gebiet verloren ginge.
Erwähnenswert ist, dass aus den Reihen der Kinder- und Jugendfeuerwehr zwei Mädchen die Befähigung als Ausbilderinnen erlangt haben und nun 16 junge Leute für die Feuerwehrtätigkeit begeistern.
Feuerwehr ist Ehrenamt!
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sich die Kameraden unserer Feuerwehr fest mit der Dorfgemeinschaft verbunden fühlen. Ihr bedingungsloser Einsatz in der Gemeinde hat über die vielen Jahre dazu beigetragen, die Gewässer und den Feuerlöschteich, auch mit der Maßgabe der Sicherung der Löschwasserbereitstellung, sauber und funktionsfähig zu halten, bei dörflichen Höhepunkten für Ordnung und Sicherheit zu sorgen und sich mit der Dorfgemeinschaft an der Mitgestaltung und Durchführung gemeindlicher Höhepunkte zu beteiligen.
Die Feuerwehrtätigkeit ist Ehrenamt. Das sollte von jedem verstanden werden.
Die Hainaer Feuerwehr besteht nunmehr 107 Jahre und hat in all den Jahren nicht immer rosige Zeiten erlebt. Doch sie hat überlebt, weil der Sinn und die Wichtigkeit erkannt, geachtet und wertgeschätzt wurden. Umso weniger verstehe ich, dass sie nun aus nicht nachvollziehbaren Gründen oder aber aus kurzsichtigen Einschätzungen überflüssig sein soll.
Ich für meine Person kann mir nur ein Urteil über die Situation in Haina erlauben und lehne die Auflösung des Feuerwehrstandortes Haina ab. Doch es stehen in Zukunft mehrere Standorte zur Disposition, so der Stadtratsbeschluss!
Dem Ehrenamt gebührt in jeder Gemeinde Achtung und Anerkennung.
Jeder Einwohner ab dem 16. Lebensjahr hat am 30.6.2019 die Möglichkeit zu entscheiden, ob der Stadtratsbeschluss vom 11.6.2018 bleibt oder aufgehoben wird. Unabhängig davon kann aber auch der Stadtrat seine Beschlüsse aktualisieren.
Mit dem Sterben der Feuerwehren in den Gemeinden der Stadt Römhild sterben dort auch Sicherheit, Tradition und Teile des gesellschaftlichen Lebens.
Gerlinde Niedner
ehem. Bürgermeisterin der Gemeinde Haina
Foto: Pixabay
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