Leserbrief zur Informationsveranstaltung „Vorranggebiet Windenergie in Oberstadt“
Darum ist mir um die Zukunft nicht bange
Leserbrief. Auch wenn ich als ehemaliger „Oberschter“ nun schon mehr als 50 Jahre in der Feldsteingemeinde Ehrenberg wohne und im 78. Lebensjahr nicht mehr viel von der Zukunft zu erwarten habe, war ich der Einladung der Verwaltungsgemeinschaft zum Bürgertreffen in Oberstadt am 7. Mai 2019 Feldstein gefolgt – ging es doch um keine geringere Sache als um die Folgen der Errichtung von Windanlagen, die im Rahmen der Ausweisung als Vorranggebiet für Windenergie W 6 – Oberstadt auf die ganze Region über mehrere Generationen zukommen könnte.
Vorab möchte ich der Vorsitzenden der Gemeindeverwaltung Feldstein Frau Dummer danken, die als Leiterin der Veranstaltung schon im Vorfeld darum bat, die Informationsveranstaltung als solche zu verstehen und nicht in eine Wahlveranstaltung ausgleiten zu lassen. Dass sie wiederholt und rechtzeitig in der mitunter hitzigen politischen Debatte eingegriffen hat, dafür meine Hochachtung – sollte es doch zunächst um die Sache gehen und die war prekär genug.
Ich war begeistert über die überaus zahlreiche Beteiligung von vor allem jungen Menschen aus der ganzen Region und ihren mitunter barschen Kampfeswillen, der hier sicherlich angebracht war – den scheint so mancher Politiker besser zu verstehen. Da kommen ja Erinnerungen an die Unerschrockenheit eines Andreas Hofer auf.
Wenn ich die Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie in den Planvorlagen des Regionalplanes Südwestthüringen sehe, da stellt sich mir die Frage: Ja, sind die Verantwortlichen für die Festlegung solcher Gebiete in dieser Region noch richtig beieinander, oder hat der Schatten der Windräder sich schon auf ihre Birne gelegt? Eine letzte noch intakte Region der Ruhe und Erholung mit solch derartigen Baumaßnahmen zu vernichten, allein schon der Gedanke dazu ist absurd. Diesen Gedanken dann noch in so einem Umfang als Planvorstellung zu beschließen und an die Öffentlichkeit zu treten, erscheint mir kriminell. Mir reicht es schon, wenn ich von meiner Wohnung in Ehrenberg aus den auf dem Apfelberg bei Kloster Veßra installierten Funkturm der Telekom (oder welcher Betreiber auch immer) sehen muss. Er ragt schon etwa das Doppelte der Baumhöhe über deren Gipfel hinaus. In der gleichen Blickrichtung liegt der Schneeberg und die ganze Region des geplanten Einzugsgebietes mit deren Windparkanlagen, Monster mit der 10-fachen Höhe der Bergwipfel – allein daran mag ich gar nicht denken, da wird mir jetzt schon schlecht.
Ihr verehrten Verantwortlichen für unsere Thüringer Heimat – bewahret und erhaltet die letzte Rückzugsregion für eure Bürger, gebt auch den jetzt schon durch unzählige Windkraftanlagen gebeutelten „Flachlandtirolern“ in der Region hinterm Rennsteig die Chance, ihre Wanderschuhe anzuziehen und dieses Kleinod zu genießen – schickt sie nicht vom Regen in die Traufe. Nehmt in euren Regionalplanungen Varianten auf, geeignete günstige Transportmöglichkeiten besagter Menschen zu kurzzeitigen Aufenthalten in dieser Region zu ermöglichen und unterstützt die Aktivitäten zur Entwicklung der Region „ Kleiner Thüringer Wald“ als Erholungsgebiet, da habt ihr was Vernünftiges erbracht!
Auch wenn mitunter die Aussage des Landrates Thomas Müller bezüglich der gesetzlichen Pflicht eines neu zu erstellenden Regionalplanes einleuchtend scheint, so ist letztendlich schwer nachzuvollziehen, dass er nicht rechtzeitig im Vorfeld die Bevölkerung umfangreich in geeigneter Weise informiert hat und nicht nur intern, auf den kleinen Dienstweg über die Räte der Gemeinden Stellungnahmen eingeholt hat. Bei derartig brisantem Thema nicht in allen Kommunen Bürgerversammlungen einzuberufen, ist sträflich, da kann ich mich nicht hinterher hinstellen und offerieren, dass ich schon immer gegen Windkraftanlagen im Wald gewesen bin, das erscheint mir ein wenig unglaubhaft. Als verantwortlicher Dienstleister für den Landkreis, der einen derartigen Regionalplanentwurf auslegt, sollte er nach meinem Dafürhalten sich über seine Fachabteilungen und allen in diesem Zusammenhang in Frage kommenden Fachleuten informieren lassen, dann hätte er im Vorfeld, allein ob der Vorkommen solch geschützter Tierarten wie Schwarzstorch, Rotmilan, Fledermäuse ecta. den Planentwurf als undurchführbar der Landesverwaltung vorlegen können, ja müssen. Da kann sich auch ein Ex-Bürgermeister Klaus Brodführer nicht einfach frei sprechen.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, wenn ich hören muss, dass bereits im Vorfeld, wie gesagt, auf dem kleinen Dienstweg, die Räte aller Kommunen um ihre Stellungnahme zu besagter Planung gebeten wurden, dieses Vorhaben ablehnten und ungeachtet dieser Ablehnung diese Planung von der Landesregierung erarbeitet wurde und nun auch noch umgesetzt werden soll. Ein Gemeinderat vertritt immerhin die gesamte Bevölkerung einer Kommune – ja ist deren Entscheidung ohne Wert – wofür haben wir denn unsere Kommunalordnung?
Natürlich hat ein Herr Harzer, der als Vertreter des Landes Thüringen dieses Vorhaben Windpark im Wald umsetzen soll, in derartiger Veranstaltung einen schweren Stand. Und ich bin mir sicher, dass spätestens sei dieser Veranstaltung in Oberstadt auch ihm klar ist, wie irreal es wäre, diesen Plan an derartigen Standorten umzusetzen. So wird er seine Mitstreiter in Erfurt auch überzeugen müssen über Fakten, denen sich auch die Landesregierung nicht verschließen kann und letztendlich sachlich entscheiden wird.
Es steht auch einem Politiker gut zu Gesicht, wenn er einen Fehler einsieht und ihn korrigiert.
Es ist nur richtig, wenn in derartiger Form und mit derartiger Kraft wie zur o.g. Veranstaltung die ganze Bevölkerung der Region gegen solch ein Vorhaben aufbegehrt. Nur eine geballte Kraft kann sich erfolgreich gegen eine derartige Entscheidung stellen, daran ist vor 30 Jahren eine Diktatur in die Knie gegangen und da sollte es doch möglich sein, in einer Demokratie den Volkswillen durchzusetzen. Das in Art. 20 Abs. 4 GG gewährte Recht zum Widerstand ist Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und gilt als grundrechtsgleiches Recht. „Wenn Unrecht Recht wird, wird Widerstand Pflicht“ – diesen Ausspruch von Herrn Dr. Wiegand kann ich nur unterstützen – Hut ab vor solch Engagement um die Sache, für die Region. Ich bin mir sicher, dass bis zum 15. Mai diesen Jahres noch eine Flut von Widersprüchen bei der Regionalen Planungsstelle in Suhl eingehen wird. Mit der Möglichkeit, seine Einwände per E-Mail zu senden, wird vor allem die Jugend ihr Recht und ihre Bürgerpflicht wahrnehmen. Des Volkes Wille wird sich durchsetzen – deshalb ist mir um die Zukunft nicht bange (Stellungnahmen per E-Mail an folgende Adresse: regionalplanung-suedwest@tlvwa.thueringen.de).
Wolfgang Keller
Ehrenberg
Foto: Pixabay
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