Offener Brief an Landrat Müller: Das eine sagen und das andere tun
Zu verschiedenen Äußerungen von Landrat Thomas Müller unter anderem in einer Tageszeitung vom 27. August und 3. September, in der Südthüringer Rundschau vom 4. September sowie im Amtsblatt:
Leserbrief. „Wir sind keine Verhinderer“, „Geselligkeit und das „Aufstellen von Pavillons“ Triathlon „erfreulich“ – Landrat Thomas Müller versucht derzeit den üblichen Politiker-Spagat: Das eine tun und das andere sagen.
Mit aller Macht und mit der Billigung durch den Landrat haben die Beamten des Landratsamtes Hildburghausen entgegen der Möglichkeiten der jeweiligen Thüringer Corona-Verordnung so ziemlich alles, was nur irgendwie nach „Veranstaltung“ riecht, untersagt.
Egal ob „Heidewitzka“, „Woodstock forever“, „Countryfestival“ aber auch „Rats-Run“ und das Singen von Kirmes-Ständchen, kein Hygiene-Konzept war gut genug, dass man nicht noch irgend ein Haar in der Suppe gefunden hat.
Sogar den Campingplatz am „Bergsee Ratscher“ hat man grundlos am 26. August 2020 geschlossen (der Campingplatz ist mit Eil-Urteil des Verwaltungsgerichtes Meiningen seit 4. September 2020, 13.05 Uhr wieder geöffnet) um den „Bergsee-Triathlon“ zu verhindern. Nur dem Landessportbund, dem Thüringer Sportministerium und zwei hochkarätigen Anwälten ist es zu verdanken, dass der Triathlon nun doch stattgefunden hat. Ob Landrat Müller dies wirklich „erfreulich“ findet, das sei einmal dahingestellt. Da ist es kein Wunder, dass andere Veranstalter, die nicht die Möglichkeit oder Nerven haben, bis zum Äußersten zu kämpfen, aufgegeben haben. Wohlgemerkt: aufgegeben, obwohl deren Veranstaltungen nach Landesverordnung möglich gewesen wären.
Im aktuellen Amtsblatt sucht das Landratsamt nach neuen Mitarbeitern das für Gesundheits- und Rechtsamt(!), insbesondere zum Handling der Corona-Pandemie mit der Stellenbeschreibung: „ …ein(en) Arbeitsplatz im Herzen eines von hoher Lebensqualität, sozialer und kultureller Vielfalt geprägten Landkreises…“.
Welchen Landkreis mag man da gemeint haben? Hildburghausen sicher nicht denn speziell die „kulturelle Vielfalt“ liegt derzeit komplett am Boden. Eher gemeint sein könnte da der Landkreis Schmalkalden-Meiningen und die kreisfreie Stadt Suhl.
Dorthin müssen Hildburghäuser Bürger nämlich fahren, um etwas – für Corona-Zeiten eigentlich eine ganze Menge – kulturelle Vielfalt zu erleben.
Hallo Thomas [Müller] (das „Lieber Thomas“ bleibt mir gerade im Halse stecken), wir kennen uns seit mehr als 30 Jahren, wir haben die eine oder andere Tasse Kaffee zusammen getrunken und über Gott und die Welt geredet, wenn du mit deiner Frau am „Bergsee Ratscher“ zu Gast warst. Ich dachte sogar, wir wären lose befreundet.
Warum, frage ich dich, hast du den Gesprächstermin am 30. Juni 2020 bei dir im Landratsamt wieder abgesagt? Wir wollten mit dir über das Countryfestival sprechen.
Warum hast du auf meine private WhatsApp-Nachricht nicht reagiert? Wir wollten uns von dir beraten lassen? Oder einfach gesagt bekommen: Es hat keinen Sinn, Veranstaltungen zu planen, wir genehmigen diese sowieso nicht.
Warum sagst du, dass die Experten des Gesundheitamtes nicht dafür zuständig sind, bei Hygieneschutzkonzepten zu beraten und zu helfen? Sind Veranstalter und Vereine inzwischen studierte Hygiene-Experten? Ist es nicht etwas zynisch, zu behaupten, die Konzepte der „Laien“ seien nicht gut genug?
Warum dauert es Wochen oder Monate, bis man einen Führerschein umgeschrieben bekommt?
Warum ist es so schwierig ein Fahrzeug zuzulassen oder abzumelden?
Warum schaffen das andere Landkreise besser? In Bielefeld (gibt es doch) wurde gerade dem Leiter der Zulassungsstelle genau aus diesen Gründen gekündigt bzw. wurde er versetzt.
Warum sorgt ihr Euch um die Ansteckungsgefahr an der Triathlon-Schwimm-Boje?
Und warum ist Kanu-Fahren mit Familie im Landkreis Hildburghausen verboten, so dass man in Belrieth (Landkreis Schmalkalden-Meiningen) einsteigen muss und nicht wie üblich in Henfstädt?
Ende September ist in Hildburghausen die dezentrale Veranstaltung „Kleine Hildburghäuser Kulturnacht“ und der „Michaelismarkt“ geplant. Ein Gemeinschaftsprojekt vom Werbering, der Stadt Hildburghausen und der IHK.
Das Landratsamt wird sich daran messen lassen müssen, je nachdem, ob es die Veranstaltung genehmigt oder nicht, ob der Landkreis irgendwann einmal wieder von hoher Lebensqualität, sozialer und kultureller Vielfalt geprägt sein könnte.
Frank Fischer
Schleusingen
Foto: Pixabay
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