„Oh, wie ist das schön!“ Was soll das?
Leserbrief. Ich bin sehr schockiert über die Uneinsicht einiger weniger Hildburghäuser. Wir leben in einer Demokratie, in der sich jeder äußern darf, haben ein Demonstrationsrecht, das die Bürger berechtigt ihren Unmut sichtbar zu machen.
Doch welche Unvernunft am Mittwoch in Hildburghausen herrschte, habe ich nicht in meinen kühnsten Träumen, zu glauben vermocht. Wer sich ohne Masken und ohne Sicherheitsabstand in dieser Corona-Zeit in einer Gruppe aufhält, gefährdet sich und andere in einer vorsätzlichen Art. Dazu wird noch skandiert: „Oh, wie ist das schön!“ Was soll das? Je länger man sich dagegen wehrt, den Kontaktbeschränkungen Folge zu leisten, desto länger dauert es, bis sich ein einigermaßen „normaler Alltag“ wieder bewerkstelligen lässt.
Mit der Arbeit des Landratsamtes und vor allem mit der des Herrn Landrates kann man geteilter Meinung sein – doch Morddrohungen gegen diese Person auszusprechen, geht eindeutig zu weit. Er hat sicherlich viele Fehler bei der Eindämmung der Pandemie begangen, aber ihn deshalb so zu attackieren ist das falsche Mittel. Richtiger wäre, ihn mit Sachargumenten zu überzeugen und ihn an einen Tisch mit Vertretern der immer größer werdenden Zahl seiner Kritiker zu zwingen. Deeskalation ist immer besser, als auf sture, manchmal auf falsche Fakten basierende Meinung, zu beharren.
Reicht es nicht schon, dass fast täglich über unsere Stadt berichtet wird? Hildburghausen wird in ein Licht gerückt, ihre Bürger als renitente Horden, als Corona-Leugner und sture Besserwisser der Öffentlichkeit präsentiert.
Auch geht nicht, dass Mitarbeiter des Landratsamtes beschimpft und bedroht werden. Dieser Menschen haben Familien und sind nur ausführende Organe der Beschlüsse, welche in der Allgemeinverfügung des Herrn Landrats Müller ausgearbeitet wurden. Bemängeln muss ich leider die schlechte Öffentlichkeitsarbeit des Landratsamtes. Ich weiß nicht, ob es einen Pressesprecher gibt – oder wer den Herrn Landrat in Sachen Verlautbarungen nach außen berät. Eine Äußerung wie: „Die Nähe zu Bayern“, wäre ein Grund für den Anstieg der Infektionszahlen, halte ich für reine Polemik. Will man den Nachbarkreis gegen sich aufbringen?
Man sollte nun alle Kräfte bündeln und schauen, wie man aus dem teilweise selbstverschuldeten Dilemma wieder herauskommt.
Nehmen wir das Beispiel Schulschließungen. Ich bin kein Freund davon, dies zu tun, doch habe ich meine Meinung geändert. In der jetzigen Situation ist es richtig. Kontakte müssen so weit wie möglich beschränkt werden. Sie selbst Herr Landrat sind ausgebildeter Pädagoge und wissen, dass der Präsenzunterricht mit nichts zu ersetzen ist. Da wir aber momentan eine besorgniserregende Ausnahmesituation haben, ist die Suche nach Alternativen oberstes Ziel, um den Unterricht der Schüler nicht gänzlich einzustellen.
Wie wird der Digitalpakt SCHULE im Landkreis umgesetzt? Die Gestaltung des digitalen Wandels an den Schulen ist eine der großen Zukunftsaufgaben in der Bildungspolitik. Eine Herausforderung besteht darin, eine zeitgemäße und pädagogisch sinnvolle IT-Ausstattung an allen Schulen bereitzustellen. Leider sieht es in Thüringen teilweise so aus: Kein WLAN in den Klassenzimmern, lahmes Internet und weiter warten auf die Anschaffung von Laptops und Tablets. Man sollte jetzt nicht parteipolitisch argumentieren und sich den schwarzen Peter zu schieben. Der Bund tut sein Möglichstes, um die Länder bei der Digitalisierung ihrer Schulen zu unterstützen. Dass dieses Geld tatsächlich bei den Schulen ankommt, ist aber Aufgabe der Länder und Landkreise. Sind Förderanträge gestellt worden?
Digitaler Unterricht von Zuhause aus bietet eine Reihe von Chancen, stellt aber auch Herausforderungen dar. Zum Beispiel ist es wichtig, dass die Anwendungssoftware auf verschiedenen Geräten funktioniert, denn jedes Kind hat andere Hardware-Voraussetzungen zu Hause. Durch den Einsatz digitaler Tools kann Unterricht sowohl live als auch zeitunabhängig stattfinden. Zeitunabhängige Angebote sind insbesondere wichtig, damit digitale Endgeräte von Familienmitgliedern flexibel verwendet werden können und das Lernen an den veränderten Familienalltag in der aktuellen Ausnahmesituation angepasst werden kann.
Das Lernen von zu Hause sollte weiterhin im Austausch mit der Lehrkraft stattfinden können, damit die Schüler beim Homeschooling nicht nur von Eltern unterstützt werden und Verständnisfragen geklärt werden können. In der momentanen Situation ist schnelles und pragmatisches Handeln gefragt.
Ich glaube das wäre ein guter Anfang, wenn sich in Hildburghausen eine TASK-Force „Alternative Lernformen“ bilden könnte und der Unterricht solange von zuhause stattfinden könnte. Sich in Quarantäne befindliche Lehrer und Schüler könnten während dieser Isolation den Unterricht fortführen.
Hildburghausen muss endlich wieder für positive Schlagzeilen sorgen und nicht wie seit Wochen ein Bild des Chaos nach außen tragen.
Schluss jetzt mit den Grabenkämpfen – vorwärts schauen und vorwärts denken.
Hans-Jürgen Rumm
Hildburghausen
Foto: Privat
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