REGIOMED schafft es ins Schwarzbuch der Steuerzahler
Coburg. Im heute veröffentlichten Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler ist der REGIOMED-KLINIKEN Verbund genannt. Mit der jährlichen Liste will der Verein die öffentliche Verschwendung von Steuergeldern anprangern und hat in der aktuellen Ausgabe diverse Projekte von REGIOMED aus den Jahren vor 2019 unter die Lupe genommen.
Der im Jahr 2008 gegründete bayerisch-thüringische Klinikverbund „Regiomed-Kliniken GmbH“ galt lange Zeit als zukunftsweisendes Erfolgsmodell. Gesellschafter der „Regiomed-Kliniken GmbH“ sind der Krankenhauszweckverband Coburg, der getragen wird von der Stadt Coburg und dem Landkreis Coburg, der bayerische Landkreis Lichtenfels sowie die thüringischen Landkreise Sonneberg und Hildburghausen. Der Klinikverbund betreibt unter anderem Akutkrankenhäuser in Oberfranken und Südthüringen, medizinische Versorgungszentren, Rettungsdienste sowie Seniorenzentren. Ins Zwielicht geraten ist die Klinikgruppe, als sie vor einigen Jahren mit einem Betriebsdefizit im unteren zweistelligen Millionenbereich (2018: rund 25 Millionen Euro) von sich reden machte.
Im Fokus sind dabei Rechts- und Beratungskosten in Höhe von rund 17,5 Millionen Euro gestanden, die zwischen den Jahren 2013 bis 2018 angefallen sind. Teilweise sollen Aufträge für Berater, Rechtsanwälte, Gutachter und Planer ohne Ausschreibung vergeben und dafür auch noch zum Teil überzogene Honorare gezahlt worden sein. Zudem seien Leistungen nicht sachgerecht erbracht worden. Um aus dem Dilemma herauszukommen, wurden „neue Strategien zur Umsetzung von Synergieeffekten bei konsequenter Weiterentwicklung des Verbundgedankens“ entwickelt. Die Bereitstellung von Kassenkrediten in Höhe von rund 30 Millionen Euro der an dem Klinikverbund beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften sollte zudem verhindern, dass das Unternehmen in die Insolvenz abgleitet.
Fragwürdige Projekte wurden angestoßen, unter anderem die neue Zentralküche in Lichtenfels. Sie wurde viel zu groß und überdimensioniert ausgelegt. Dies schlägt sich auch in den Baukosten von rund 21 Millionen Euro nieder. Die Auslastung der Zentralküche allein für Regiomed beträgt aber nur 50 Prozent. Die Kosten je Beköstigungstag mit 17,50 Euro (marktüblich sind 12,50 Euro) waren deutlich zu hoch angesetzt.
Daher fährt die Zentralküche einen jährlichen Verlust von rund 2 bis 3 Millionen Euro ein. Man versucht daher, die Auslastung mit einem externen Partner zu erhöhen und den Beköstigungstag, der nach Inbetriebnahme der Küche aktuell bei circa 16,50 Euro liegt, auf Marktniveau zu senken.
Auch hat es die Planung eines Seniorencampus auf dem Gelände der „Alten Post“ in der Hindenburgstraße in Coburg in sich. 480.000 Euro wurden für eine Machbarkeitsstudie und Planungen, die nicht umgesetzt werden konnten, in den Sand gesetzt. Das Projekt muss komplett neu konzipiert und ausgeschrieben werden, was wiederum zusätzliche Kosten verursachen wird.
Zu guter Letzt hat „Regiomed“ circa 4 Millionen Euro für Planungen eines Gesundheitscampus auf dem Gelände des ehemaligen Bundesgrenzschutz-Standorts Coburg verbraten. Dort sollte ein neuer Krankenhauskomplex entstehen, der auch Vor- und Nachsorgeeinrichtungen mit Rehabilitationsangeboten umfassen sollte. Ohne sich vorab mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege über eine mögliche Finanzierung des rund 500 bis 750 Millionen Euro teuren Projekts abzustimmen, wurden Planungs- und Beratungsaufträge vergeben, noch dazu ohne ordnungsgemäße Ausschreibung.
Fazit: Die Planungsleistungen sind nicht verwendbar, da sie nicht den Förderrichtlinien entsprechen. Das dafür ausgegebene Geld in Höhe von rund 4 Mio. Euro ist verloren. Die Planungen für einen Krankenhausneubau in Coburg müssen daher komplett überarbeitet und mit den Förderbehörden abgestimmt werden. Hierfür fallen zusätzliche Kosten an.
All diese Unregelmäßigkeiten und eventuell strafrechtlich relevante Sachverhalte werden juristisch aufgearbeitet. Gleich, wie am Ende die juristische Aufarbeitung ausfallen wird, zu guter Letzt werden die Steuerzahler die „Gelackmeierten“ sein, denn sie haben die vielen Millionen aufzufangen. Erlaubt muss aber auch die Frage sein, ob einzelne Beteiligte sachlich überfordert und gutgläubig oder gar blauäugig waren.
Reaktion von REGIOMED
Die neue Geschäftsführung hat sich mit viel Engagement und dem Willen zur absoluten Transparenz bereits in den letzten Jahren ausführlich mit der Aufarbeitung der Vergangenheit und mit den Entscheidungen der vorher Verantwortlichen beschäftigt. Das Hauptaugenmerk des kommunalen Unternehmens liegt nun in der wirtschaftlichen Stabilisierung des Unternehmens sowie der Pandemiebekämpfung, auch da es keinerlei neue Erkenntnisse zu den aufgeführten Punkten gibt.
„Schade, dass wir gerade jetzt mit dieser Thematik wieder negativ in der Öffentlichkeit stehen“ beschreibt Birgit Schwabe, Pressesprecherin bei REGIOMED, die aktuelle Situation. „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten tagtäglich mit vollem Einsatz für die Menschen der Region, sichern die medizinische und pflegerische Leistungsfähigkeit gerade auch in der aktuell sehr angespannten Corona-Lage und setzen gemeinsam mit der neuen Geschäftsführung den 2019 eingeleiteten Sanierungskurs stringent um. Der Blick zurück wirft Fragestellungen wieder auf, die bereits mehrfach diskutiert wurden. Ich würde mir wünschen, dass wir die Chance erhalten gemeinsam die Zukunftsaufgaben anzugehen, die nun vor uns liegen.“ Alexander Schmidtke, Hauptgeschäftsführer des REGIOMED-Verbundes ergänzt: „Ich finde es traurig, dass das bundesweit beachtete und wirklich erfolgreiche Modellprojekt „REGIOMED“ jetzt durch die Aufnahme in das Schwarzbuch Glanz verliert. Ich wäre froh, wenn damit die Vergangenheitsbewältigung abgeschlossen ist. Wir haben aufgrund der notwendigen Umstrukturierungen, der Sanierungsmaßnahmen und der Pandemiebewältigung enorme Herausforderungen zu meistern. Hierzu brauchen wir auch ein psychologisch ruhiges Fahrwasser.“
Foto: Südthüringer Rundschau