Schließung von öffentlichen Einrichtungen am 18. März 2020 in Thüringen
Erfurt/Landkreis Hildburghausen. In Thüringen sind ab dem 18. März öffentliche Einrichtungen, wie Bars, Theater, Schwimmbäder, Familienzentren etc. zu schließen. Gaststätten dürfen offen bleiben, sofern ihre Betreiber garantieren, dass zwischen den Plätzen jeweils ein Abstand von eineinhalb Metern besteht.
Darüber hinaus treten weitere Maßnahmen im Bereich der Krankenhäuser und stationärer Pflegeeinrichtungen, wie beispielsweise Besuchsverbote, in Kraft. Ein vollständige Auflistung aller beschlossenen Maßnahmen sowie eine Liste aller betroffenen Einrichtungen finden sich im entsprechenden Erlass. Dieser trägt die Unterschrift von Ministerpräsident Bodo Ramelow und Gesundheitsministerin Heike Werner und wird über das Thüringer Landesverwaltungsamt an die Landkreise und kreisfreien Städte verschickt. Der Erlass tritt am 18. März in Kraft und gilt zunächst bis einschließlich 19. April 2020.
Erlass von Allgemeinverfügungen zum Verbot und zur Beschränkung von Kontakten in besonderen öffentlichen Bereichen und zum Umgang mit Reiserückkehrern aus Risikogebieten und besonders von der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 betroffenen Gebieten einschließlich Personen, die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige SARS-CoV- 2 im Labor nachgewiesen wurde
Sehr geehrter Herr Präsident, aufgrund der §§ 2 Abs. 2, 10 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten, § 2 Nr.5 und § 5 Thüringer Verordnung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, §§ 88 Abs.1 Satz 2, 118 Abs.5 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung, weise ich Sie wie folgt an:
Durch Allgemeinverfügung auf der Grundlage von § 28 Abs.1 Satz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nach dem in Anlage bereitgestellten Muster sind folgende Maßnahmen umzusetzen:
1. Schließung von Einrichtungen und Angeboten
Für den Publikumsverkehr zu schließen sind die folgenden Einrichtungen und Angebote unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder Eigentumsverhältnissen:
- Zusammenkünfte in Vereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen und -angeboten bzw. Sportanlagen;
- Spielhallen und Spielbanken;
- Tanzlustbarkeiten;
- Messen, Ausstellungen, Spezialmärkte, Wettannahmestellen und ähnliche Unternehmen im Sinne der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S.202);
- Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786);
- Prostitutionsbetriebe;
- Einrichtungen, Angebote und Maßnahmen für Familien nach § 16 SGB VIII wie z.B. Familienzentren, Familienferienstätten, Familienbildungsangebote freier Träger. Verbände und Gruppenangebote in Geburtshäusern;
- Mehrgenerationenhäuser;
- Offene Senioreneinrichtungen der Seniorenarbeit wie z.B. Seniorenclubs, Seniorenbüros;
- Jugendbildungs-, Jugenderholungs- und Jugendfreizeitstätten einschließlich Jugendclubs sowie Jugendherbergen i.S.v. § 11 SGB VIII.
Für den Sportbetrieb von Kaderathleten in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2020 können Ausnahmen durch die zuständige Behörde zugelassen werden sofern dies im Einzelfall unerlässlich ist. Eine telefonische und elektronische Erreichbarkeit kann aufrechterhalten werden.
2. Schließungen, Verbote und Maßnahmen in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie stationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe nach dem Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz (ThürWTG)
Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen. Sämtliche öffentliche Veranstaltungen, insbesondere Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen sind untersagt.
Besuchsverbote sind auszusprechen. Es ist maximal ein registrierter Besuch pro Patient bzw. Bewohner pro Tag mit Schutzmaßnahmen und Hygieneunterweisung zuzulassen. Besuche von Personen unter 16 Jahren, Besuchern mit Atemwegsinfektionen oder Personen nach Ziffer 5 dieses Erlasses sind untersagt. Für medizinische und ethisch-sozial angezeigte Besuche (z.B. Kinder- und Palliativstationen, Hospize) können abweichende Regelungen getroffen werden, sofern ein ausreichend hoher Infektionsschutz sichergestellt wird.
Für stationäre Einrichtungen und besondere Wohnformen für Menschen mit Behinderung gemäß § 2 ThürWTG gilt zum Schutz Bewohner ein generelles Besuchsverbot. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Einrichtungsleitung Ausnahmen zulassen. In diesem Fall:
- sind aller erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmensicherzustellen,
- ist dies unverzüglich der Heimaufsicht anzuzeigen.
Die genannten Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um das Eintragen von Coronaviren SARS-CoV-2 zu erschweren. Patienten und Personal sind unverzüglich und im höchstmöglichen Maße zu schützen. Krankenhäuser müssen im Rahmen des COVID 19 Konzepts des TMASGFF und soweit medizinisch vertretbar, ihre Personellen und sonstigen Ressourcen schwerpunktmäßig für die Behandlung von Patienten mit COVID 19 oder Verdacht hierauf, einsetzen. Auf dem Gebiet der Intensivpflege ist das ärztliche und pflegerische Personal unverzüglich hinsichtlich der Handhabung von Beatmungsgeräten sowie der Behandlung von Patienten mit COVID 19 oder Verdacht hierauf, zu schulen.
3. Beschränkungen beim Betrieb von Gaststätten und Bibliotheken
Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes dürfen nur für den Publikumsverkehr geöffnet werden, wenn die Plätze für die Gäste so angeordnet werden, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Tischen gewährleistet ist. Stehplätze sind so zu gestalten, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Gästen gewährleistet ist. Gaststätten im Reisegewerbe im Sinne des Gaststättengesetzes dürfen für den Publikumsverkehr nur geöffnet werden, wenn die Maßgaben nach Ziffer 3 Satz 1,2 gewährleistet ist.
Diese Maßnahmen gelten entsprechend für Beherbergungsbetriebe bei der Bewirtung von Übernachtungsgästen sowie Bibliotheken.
4. Betretungsverbote für Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM); Untersagung von Angeboten
Werkstätten für behinderte Menschen, alle Formen von Förderbereichen sowie Arbeitsbereiche Anderer Leistungsanbieter dürfen von den dort beschäftigten und betreuten Menschen mit Behinderungen nicht betreten werden. Von diesem Betretungsverbot ausgenommen sind diejenigen Menschen mit Behinderung, die eine Betreuung während des Tages benötigen und deren Betreuung anderweitig nicht sichergestellt werden kann.
Angebote der Eingliederungshilfe für diejenigen Menschen mit Behinderung, die:
- sich in besonderen Wohnformen (ehemaliges stationäres Wohnen) befinden;
- bei Erziehungsberechtigten, Eltern oder sonstigen Angehörigen wohnen und deren Betreuung sichergestellt ist;
- die alleine oder in Wohngruppen wohnen und sich selbständig versorgen können oder eine Betreuung erhalten sind untersagt.
5. Besondere Betretungsverbote für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und besonders von der Ausbreitung des SARS-CoV-2 betroffenen Gebieten sowie Personen, die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige SARSCoV- 2 im Labor nachgewiesen wurde
Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet entsprechend der jeweils aktuellen Festlegung durch das Robert Koch-Institut (RKI) aufgehalten haben, oder die einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das neuartige SARS-CoV- 2 im Labor nachgewiesen wurde, dürfen die nachfolgenden Einrichtungen nicht betreten:
- Einrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 5 IfSG (Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, erlaubnispflichtige Kindertagespflegestellen, Schulen, Heime, in denen überwiegende minderjährige Personen betreut werden und Ferienlager) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe), ausgenommen von dem Betretungsverbot sind Personen, die einer gesetzlichen Unterbringungspflicht unterliegen;
- Einrichtungen nach § 23 Absatz 3 Nr. 1 bis 10 IfSG ausgenommen von dem Betretungsverbot sind behandlungsbedürftige Personen sowie Personen, die unter adäquaten Schutzmaßnahmen an COVID 19 erkrankte Personen in diesen Einrichtungen behandelt bzw. gepflegt;
- stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe; ausgenommen von dem Betretungsverbot sind behandlungs- und pflegebedürftige Personen;
- Einrichtungen nach § 33 Ziffern 1, 3 USC die für die Notbetreuung weiterhin geöffnet sind;
- Hochschulen;
- Frauenhäuser;
- Gaststätten;
- Veranstaltungen, Versammlungen und Ansammlungen von mehr als sieben Personen.
Als Aufenthalt nach Ziffer 5 Satz 1 gilt nicht ein nur kurzzeitiger Aufenthalt in Risikogebieten, z.B. im Rahmen einer Durchreise (Tankvorgang, übliche Kaffeepause oder Toilettengang).
Die Dauer des Betretungs-/Tätigkeitsverbotes kann 14 Tage überschreiten, wenn bei der Betroffenen Person eine SARS-CoV-2-Infektion nachgewiesen wird.
Bei Reiserückkehrern nach Ziffer 5 Satz 1, deren Tätigkeit zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von stationären Einrichtungen des Gesundheitswesens unabdingbar ist, kann im Rahmen einer Risikoabwägung zwischen der Ansteckungsgefahr und der notwendigen Tätigkeitsaufnahme abgewogen werden, ob eine Beschäftigung ganz oder in modifizierter Weise möglich ist. Das Risiko der Infektionsweitergabe bei Aufnahme einer Tätigkeit innerhalb von 14 Tagen nach Verlassen des Risikogebietes ist nach derzeitigem Kenntnisstand soweit vermindert, dass eine Arbeitsaufnahme für diese Berufsgruppen möglich erscheint, wenn:
- ein frühestens 6 Tage nach Verlassen des Risikogebietes durchgeführter Test auf SARS-CoV-2 negativ ausfällt;
- weder vor noch nach diesem Zeitpunkt innerhalb der 14-Tage-Frist Krankheitszeichen oder positive Testergebnisse beim Reisenden auftreten und dies dem Arbeitgeber täglich bestätigt wird;
- die Tätigkeit unter adäquater Schutzausrüstung und Einhaltung der empfohlenen Schutzmaßnahmen ausgeführt wird.
6. Inkrafttreten
Dieser Erlass tritt am 18. März 2020 in Kraft. Er tritt mit Ablauf des 19. Aprils 2020 außer Kraft.
gez. Bodo Ramelow und Heike Werner
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