Statement zur Mittwochsdemo am 25. November 2020
Hildburghausen. Zu der am Mittwoch, dem 25. November 2020 stattgefunden Demo wird nachfolgendes Statement der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner abgegeben:
1) Ohne jeden, der mitgelaufen ist, in diesen Topf zu werfen: Es wird immer klarer, dass die Proteste am Mittwoch in #Hildburghausen aus unserer örtlichen Nazi-Szene heraus organisiert und angeschoben wurden.
2) Wer mit diesem Wissen noch mitläuft, darf nicht auf Verständnis hoffen, egal, wie verzweifelt und nachvollziehbar die Beweggründe sind. Wir rufen alle auf, diesen als „Proteste“ getarnten Aufmärsche fern zu bleiben!
3) Die Drohungen gegen den Landrat Thomas Müller sind indiskutabel. Auch andere werden bedroht. Wir appellieren an alle, ein weiteres Aufheizen der Stimmung zu verhindern.
4) Es ist jedoch ein riesiger Fehler, die Frustration und die Wut über das hiesige und das allgemeine Krisenmanagement als rein populistisch und rechtsradikal abzutun und dann noch in Ossi-Bashing zu verfallen. Das treibt den Nazis immer mehr Leute zu.
5) Wir kritisieren, dass die Menschen, die Verbände und Einrichtungen kaum in die Entscheidungsprozesse des Krisenstabes einbezogen werden. Das muss sich ändern. Es sind Entscheidungen, die sie existenziell betreffen und die sie sofort umsetzen sollen.
6) Wir können die Pandemie nur gemeinsam bewältigen. Dafür müssen alle Aspekte einbezogen werden, also auch die wirtschaftliche, gesellschaftliche und vielfach psychologische Krise. Speziell ernst genommen werden muss dabei die Krise der Alten, der Eltern und der Kinder. Wir fordern deshalb ab sofort einen wöchentlich tagenden Runden Tisch unter Vorsitz des Landrats und in Anwesenheit des Krisenstabes. Das LRA muss sich der Kritik stellen.
7) Hildburghausen an der Grenze zu Bayern ist ein Symp-
tom für die schwindende Akzeptanz, der sich in einzelnen Bundesländern oft widersprechenden Maßnahmen. Die unklare Kommunikation vor Ort verschlimmert die Orientierungslosigkeit. Die daraus entstehende Frustration und Wut ist nicht mit einem Leugnen der Krise oder einer Ablehnung jeglicher Maßnahmen zu verwechseln. Es ist offensichtlich, dass die Entscheidungen in der zweiten Welle uneffektiv und schlecht kommuniziert sind.
8) Die Kritik richtet sich gegen viele Einzelmaßnahmen, die offenkundig unlogisch sind, aber weitreichende Konsequenzen für Menschen und ganze Branchen haben. Es liegt an dem Fehlen oder/und der mangelnden Kommunikation einer schlüssigen Gesamtstrategie und deren mangelnder Umsetzung. So kommen beispielsweise die Milliardenhilfen des Staates oftmals nicht dort an, wo sie zunehmend verzweifelt benötigt werden.
9) Diese faktischen Probleme kann man nicht mit moralischen Vorhaltungen und Durchhalteparolen disziplinieren – man muss sie anhören und lösen. Nur so kann die Pandemie wirksam eingegrenzt und eine weitere Eskalation der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, emotionalen und zunehmend politischen Krise verhindert werden.
10) Die Lage stellt uns alle vor große Schwierigkeiten. Niemand hat durchgehend alles richtig eingeschätzt. Niemand befindet sich in einer Position moralischer Unfehlbarkeit. Jeder hat sich bereits im Ton vergriffen.
11) Deshalb rufen wir dazu auf: Verzeihen wir uns. Ertragen wir Differenzen. Halten wir Kritik und Widerspruch aus. Rüsten wir verbal ab. Hören wir uns zu, auch wenn es schwerfällt. Suchen wir gemeinsam nach Lösungen.
Florian Kirner
Tilo Kummer (Bürgermeister Hildburghausen)
Steffen Harzer (Kreisvorsitzender Die Linke Hildburghausen)
Katharina Schmidt (Kreisrätin B90/Die Grünen, Landesvorstand B90/Die Grünen)
Michael Binek (Kreisrat B90/Die Grünen)
Reinhard Hotop (Kreisrat AktivFürSchleusingen)
Kathrin Reinhardt (Elternsprecherin Curie-Schule und Kita Parkmäuse)
Maria Struck (Kreisrätin Die Linke, stellvertretende Schulelternsprecherin Gymnasium Georgianum, stellvertretende Kreiselternsprecherin SÜD)
Joachim Hanf (Kreisrat Die Linke)
Unterstützer:
Bernhard Stengele (Landessprecher B90/Die Grünen)
Foto: Südthüringer Rundschau