Thüringer Lehrerverband: „Viele Kindertränen wären vermeidbar“
Erfurt. Die derzeit laufenden Diskussionen zwischen dem Thüringer Bildungsministerium und dem Landesdatenschutzbeauftragten beobachte er mit Interesse, so der Landesvorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes (tlv) Rolf Busch. „Wir teilen die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bei der Durchführung der Schnelltests im Klassenzimmer. Abgesehen davon, dass gesundheitsbezogene Daten auch rechtlich als besonders schützenswert gelten, zeigen die Erfahrungen der letzten Tage, dass ein positives Ergebnis durchaus etwas mit einer Kinderseele macht. Durch den Verzicht auf ein Testen in Gemeinschaft wären viele Kindertränen vermeidbar.“
Ihm seien inzwischen mehrere Fälle bekannt, wo betroffene Grundschülerinnen und -schüler nach einem positiven Schnelltest im Klassenraum völlig aufgelöst gewesen seien. Die professionelle Vorbereitung und Unterstützung seitens der Pädagogen und selbst das tröstende Zureden der Klassenkameraden hätten dabei wenig bewirkt. „Die Angst vor der Epidemie und das Gefühl, bei einem positiven Testergebnis etwas falsch gemacht zu haben, sitzen offenbar sehr tief.“ Extrem belastend sei zudem die Zeit, in der die Betroffenen darauf warten müssten, von einer betreuungsberechtigten Person abgeholt zu werden.
Die Frage nach dem Schutz der Betroffenen sei auch Bestandteil einer Liste mit 20 Punkten, die der tlv dem Bildungsministerium am 13. April übermittelt habe – dessen Antworten jedoch noch ausstünden, erklärt der tlv-Landesvorsitzende. Zu den datenschutzrechtlichen Bedenken käme außerdem, dass nach einem positiven Test auch wichtige Sicherheitsfragen im Raum stünden. „Zum Testen werden die Masken abgenommen. Nicht überall kann dabei permanent richtig gelüftet werden. Das Testmaterial ist dann kontaminiert – wer soll es wie entsorgen? Schutzausrüstungen für die Lehrer gibt es keine.“
In der aktuellen Diskussion stimme er deshalb dem Datenschutzbeauftragten zu, so Busch. Der tlv fordere deshalb:
1. die Schnelltests ab sofort nicht mehr im Klassenraum, sondern vor dem Betreten der Schule durchzuführen und
2. das zweimalige Testen pro Woche für alle, die die Schule betreten wollen, zur Pflicht zu machen.
„Das Ministerium muss hier dringend nacharbeiten: die Lösungen mit den Praktikern abstimmen, den Datenschutz gewährleisten und dabei dafür sorgen, dass dies alles nicht zu noch mehr Unterrichtsausfall führt.“
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