Wachstum oder Entschleunigung
Wir wollen noch einmal genau ansehen, an welchem Punkt wir uns befinden. Lasst uns das zur Abwechslung kühl tun, analytisch, logisch – nicht in der aufgewühlten Kampfstimmung, die unsere öffentliche Debatte zunehmend befallen hat.
Also: können wir wirklich weitermachen wie bisher? Können wir eine große Veränderung unseres Lebens und Wirtschaftens umgehen?
Nehmen wir das Wirtschaftswachstum. Jetzt sagt die Weltbank: „Gut, wir sehen ein, so rasant wie bisher geht es nicht mehr. Wir streben deshalb nur noch 3% Wirtschaftswachstum im Jahr an.“ 3%, das klingt relativ bescheiden. Aber was bedeutet das? 3% Wirtschaftswachstum pro Jahr bedeuten eine Verdoppelung alle 24 Jahre. Eine Vervierfachung in 48 Jahren, und so weiter.
Der Wirtschaftsphilosoph Harald Welzer schlägt nun vor, den Begriff „Wachstum“ zu ersetzen durch den Begriff „Verbrauch“. Denn genau darauf läuft es hinaus. Verdoppelt sich nun auch der Planet alle 24 Jahre? Wächst er mit? Beschenkt er uns alle 24 Jahre mit einer Verdoppelung der Bodenschätze? Verdoppeln sich der Wald, der Fischbestand, der Sauerstoff, die Landfläche auch alle 24 Jahre?
Es ist für jeden sachlichen Betrachter einsichtig, wie ich hoffe, dass eine weitere Steigerung unseres Verbrauchs nicht möglich ist. Wir sprengen schon jetzt alle ökologischen Grenzen. Hinzu kommt, dass wir weiteres Wachstum überhaupt nicht benötigen. Der Warenausstoß ist so gigantisch heutzutage, dass wir geradezu ersticken an Gütern.
Würden wir dazu übergehen, wieder qualitativ hochwertige, möglichst haltbare Produkte zu bauen, würden wir das, was produziert wird, gerecht und sinnvoll verteilen, wäre es ein Leichtes, die Bedürfnisse aller Menschen auf dieser Erde zu decken – ohne weiteres Wachstum der Gesamtleistung.
Wenn wir dann noch auf das Prinzip der Kooperation setzen würden, auf regionale Wirtschaftskreisläufe, auf eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, könnten wir auch den Ressourcenverbrauch sogar drastisch senken. Ein Ende des ewigen Wachstums bedeutet übrigens ganz und gar nicht, sich von der Idee des Fortschritts oder der Entwicklung zu verabschieden. Im Gegenteil benötigen wir neue technische Lösungen, neue gesellschaftliche Organisationsmodelle, neue Formen des Wirtschaftens.
Was es allerdings schon bedeuten würde, wäre eine gewisse Verlangsamung, oder sagen wir schöner: Entschleunigung. Für einige wenige Leute ist das ein Albtraum. Etwa für die, die mit Hochgeschwindigkeitsgeschäften an der Börse oder mit dem Absatz von Produkten, die in drei Tagen wieder kaputt sind, ihre Profite schneiden. Die große Masse der Bevölkerung dagegen ächzt und kracht unter der ewigen Beschleunigung, unter der ständigen Veränderung, unter dem ständig steigenden Druck.
Um dies aber zu erreichen, um eben zu verlangsamen, den Druck zu reduzieren und um heimzukommen ins Gesunde und Althergebrachte – um dies alles zu erreichen: müssen wir massiven Druck von unten aufbauen für eine radikale Veränderung unseres Wirtschaftens und Lebens – und dies so schnell wie möglich.
Das ist das Paradox unserer Zeit. Beeilt Euch, Leute: wir müssen entschleunigen!
Prinz Chaos II.
Weitersroda
Foto: Pixabay
Abschließend: Werbung.
Ein gewisser Florian Kirner hat einen Roman geschrieben. Er heißt „Leichter als Luft“. Er ist im Westendverlag erschienen. Er ist überall im guten Buchhandel, aber natürlich auch bei Amazon und Co. erhältlich.
Ich persönlich rate zum Kauf im Büro der „Südthüringer Rundschau“, Johann-Sebastian-Bach-Platz 1, Hildburghausen und zu diesem Buch.
Die Bücher, die es dort zum Preis von 17,95 Euro gibt, sind handsigniert!
Florian Kirner hat die in der Rundschau erhältlichen Bücher exklusiv für Sie signiert.
Das Roman-Debüt von Prinz Chaos II.
Florian Ernst Kirner – Leichter als Luft
Eine verrückte Zeitreise durch das gentrifizierte Berlin vom 11. September bis heute. Donna Fauna, der Kanarienquex und das Weazel – drei Gewächse der Berliner Elektroszene – erleben auf LSD den 11. September 2001! Die Wucht des Ereignisses katapultiert das Trio endgültig in die Gegenwelt der Drogenkultur – bis sie im gentrifizierten Berlin wieder erwachen. Dort geraten sie in einen aberwitzigen Fight mit einem Immobilienkonzern, lernen alternative Medienleute, Neureiche und den mysteriösen Freiherrn von Tadelshofen kennen. Das Projekt „gesellschaftlicher Aufstieg“ erweist sich als Spiel mit dem Feuer. Ein faszinierender Ritt durch eineinhalb Jahrzehnte Zeitgeschichte. Glänzend beobachtet, mit brillantem Humor und Sprachwitz aufgeschrieben.
„Kirner erzählt auf fantastische Weise vom Anfang und dem Ende unseres Zeitalters der Verwirrung. Seine Sprache surft meisterhaft auf dem Aberwitz der Ereignisse. Das erstaunlichste an „Leichter als Luft“ ist jedoch, dass hier etwas gelungen ist, was kaum noch zu erwarten war: die Wiederbelebung einer totgesagten literarischen Gattung, des Sittenromans.“
Dirk C. Fleck (ausgezeichnet mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis 1994 und 2008)