Warum ist die Schlachtung beim Metzger vor Ort fast ausgestorben?
Die Politik kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen: Seitdem im Jahr 2009 neue EU-weite Vorgaben für Schlachtbetriebe in Kraft traten, haben viele Fleischer das Schlachten aufgegeben und müssen stattdessen bei den Großbetrieben einkaufen.
sr. Jahrzehntelang kauften wir unsere Wurst und unser Fleisch in einer Metzgerei im Nachbarort. Höchste Qualität und Hygienebedingungen waren Standard. Samstags fuhr der Metzger zu den Landwirten im Ort und kaufte die Schlachttiere, Transportwege waren auf einige hundert Meter beschränkt und die Tiere wurden nicht gequält. Am Montag wurden sie aus dem Stall geholt, einige Meter in das Schlachthaus getrieben – ohne Stress und Aufregung – und dort artgerecht geschlachtet. Alle Kunden waren bereit, etwas mehr als im Supermarkt für diese „Qualität“ zu zahlen. Die Metzgerei florierte über Jahrzehnte hinweg und sicherte mehr als 20 Menschen ein sicheres Einkommen.
Dann kam das „Amt“ im Auftrag der Politik. „Ihre Strecke“ entspricht nicht der EU-Norm war die Aussage. Der Umbau auf eine „EU-gerechte Strecke“ hätte die Metzgerei etliche hunderttausend Euro gekostet. Da diese Summe für das Unternehmen nicht aufzubringen war, musste man die Schlachtungen einstellen und das Fleisch vom Schlachthof beziehen.
Alles, was dieses Traditionsunternehmen auszeichnete, wie Qualität, kurze Transportwege, stressfreie und artgerechte Schlachtungen, sichere Arbeitsplätze, Gewerbesteuern für die Gemeinde, um nur einige zu nennen, waren nur noch Makulatur, wegen der „Strecke“.
Und so, wie es meiner Metzgerei erging, so erging es tausenden von kleinen Traditionsmetzgereien in Deutschland. Und mit dem Sterben dieser Metzgereien wuchsen Firmen wie Tönnies zu Fleischgiganten heran.
Über Jahre hinweg hat sich in der Fleischindustrie ein ausbeuterisches System etabliert, die Arbeiter in den Schlacht- und Zerlegebetrieben kommen meist aus Rumänien, Bulgarien oder Polen und sind bei Subunternehmen angestellt. Unmenschliche Werksverträge sind an der Tagesordnung.
Über die Leiden der Tiere müssen wir uns auch keine Gedanken machen, ebenso nicht über die unnützen langen Tiertransporte, die in diesem System als Normalität angesehen werden.
Meine Metzgerei überlebte noch 2 Jahre und musste dann schließen. Ein halbes Jahr später wurde die Bevölkerung informiert, dass vom Schlachthof in Coburg, aus dem meine Fleischerei gezwungen war ihr Fleisch zu beziehen, „Gammelfleisch“ in Umlauf gebracht wurde.
Wenn unsere Medien über Drittländer und bezahlte Politiker berichten, ist der Begriff „Korruption“ allgegenwärtig, in unserem „demokratischen Rechtsstaat“ sieht dies natürlich ganz anderes aus. Herr Gabriel erhält monatlich 10.000 Euro von Tönnies als „Beraterhonorar“!
Jetzt, nach dem großen COVID-19 Ausbruch bei Tönnies ist das Geschrei wieder einmal sehr groß und unsere Politiker fordern die Missstände zu beheben, die sie selbst zu verantworten haben (siehe unten: „Staatssekretär Weil schlägt Machbarkeitsstudie zur Etablierung regionaler Schlachthöfe vor“).
Ihr Alfred Emmert
Staatssekretär Weil schlägt Machbarkeitsstudie zur Etablierung regionaler Schlachthöfe vor
Erfurt. Mit einer Machbarkeitsstudie möchte Landwirtschaftsstaatssekretär Torsten Weil die Möglichkeit zur Etablierung von regionalen Schlachtstätten im Freistaat prüfen lassen. Dies brachte er in einem Brief an mehrere Akteure aus Landwirtschaft und Fleischverarbeitung zum Ausdruck und verdeutlichte dabei zugleich, dass das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft eine solche Ausarbeitung finanziell unterstützen und fachlich begleiten werde.
„Bei meinen zahlreichen Besuchen in Thüringer Agrarbetrieben wurde häufig die fehlende Möglichkeit der regionalen Schlachtung angesprochen. Wir wollen die regionale und somit direkte Vermarktung von Lebensmitteln stärken. Dabei zählen für die Verbraucher vor allem maximale Transparenz und nachvollziehbare Produktionsketten. Diese kann man hervorragend mit regionalen Schlachtstätten im Freistaat gewährleisten“, so Weil.
Zugleich verwies er auf das breite Interesse bei Erzeugern und Verbrauchern im Bereich des Tierschutzes. Kurze Transportwege und weniger Stress für die Tiere sind dabei nicht nur eine Randerscheinung für den Staatssekretär. „In meinen Gesprächen mit vielen engagierten Landwirtinnen und Landwirten wurde mir immer wieder verdeutlicht, wie verantwortungsvoll und wertschätzend viele Bauern im Freistaat mit ihren Tieren umgehen.“
Die vorgeschlagene Studie könnte laut den Ausführungen Weils Hilfe bei der Unternehmensbeschreibung, Standortfindung bis hin zu Förder- und Bauunterlagen leisten. Über die Richtlinie „Zusammenarbeit in der Land-, Forst und Ernährungswirtschaft“ ist es möglich, eine solche Studie zu 80 Prozent zu fördern.
„Für die Erarbeitung der Studie bestehen damit hervorragende Förderbedingungen, so dass die Branche das Thema gemeinsam bearbeiten und tragfähige Lösungen entwickeln kann“, sagte Weil und verwies darauf, dass der Freistaat gegenüber dem Bund für 2021 in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) eine erweiterte Förderfähigkeit von Schlachtstätten auch auf mittlere Unternehmen beantragt hat und bat die Branchenverbände um Unterstützung der Initiative.
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