Was ist an uns eigentlich noch deutsch?
Leserbrief. Die vielseitigen und interessanten Leserbriefe in der Rundschau sind zu meiner wöchentlichen Pflichtlektüre geworden und geben mir immer Anregungen zum Nachdenken.
Ich freue mich, dass mittlerweile so viele Menschen ihre Meinung öffentlich kundtun und die „Rundschau“ dazu die Möglichkeit bietet. Dafür an das Team meinen Dank und meinen Respekt!
Bei meinem Nachdenken blieb ich bei der Frage hängen: Was ist eigentlich „deutsch“? Was macht uns Deutsche aus, wodurch unterscheiden wir uns von anderen? Was ist unsere typische Mentalität, was bildet unsere Nationalität? Was ist derzeit noch deutsch in Deutschland? Worauf sind wir stolz? Wie respektvoll sind wir Deutschen? Wie leben wir in unserem heutigen Deutschland?
Irgendwann in der Schule haben wir etwas davon gelernt, das meiste aber vergessen. Der Deutsche ist geprägt durch die anerzogene Disziplin und den entsprechenden Gehorsam – noch Relikte aus der Kaiserzeit – wirken aber nach wie vor. Er schuftet, ist fleißig, pünktlich, gewissenhaft, legt Wert auf Traditionen (mögen sie richtig oder falsch sein). Er ist obrigkeitshörig, manchmal unflexibel und teilweise auch etwas rechthaberisch und überheblich. Er ist klug, wissbegierig, hilfsbereit, freundlich, weltoffen und sparsam. Meistens ehrlich und ohne Arglist. Auf sein Wort ist Verlass ! Der Deutsche reist gerne und zeigt auch, das er es sich leisten kann.
Ich lege keinen Wert auf Vollständigkeit und Richtigkeit meiner Aufzählung, es ist nur das, was mir gerade so eingefallen ist.
Die Geschichte Deutschlands, gerade in den letzten hundert Jahren, zeigt viel Kluges und Böses, verbunden mit großen Brüchen im Leben vieler. Aber auch die Kraft, die den deutschen Menschen innewohnt, immer wieder aufzustehen und neu zu beginnen.
Haben wir wirklich Lehren aus den beiden Weltkriegen unserer jüngeren Geschichte gezogen und haben in unserem Denken etwas verändert‘? Oder wurde nur dem Land einfach ein neues Hemd übergestreift, der alte Geist aber ist geblieben und wurde nur den neuen Bedingungen etwas angepasst?
Wir sind mittlerweile im Jahre 30 nach der deutschen Wiedervereinigung. Unsere jüngste Geschichte, die uns noch sehr gut in Erinnerung ist und noch berührt. Das Gebiet der DDR wurde nach dem Zusammenbruch schnellstens an die BRD angeschlossen, die Kappe wurde übergestülpt, und all das, was wir als Bürger dieser DDR in den 40 Jahren erlebt, gefühlt und auch für uns erreicht hatten, ist bedeutungslos geworden. Wir Ostdeutschen wurden „bundesrepublikanisiert“ (keine Wortschöpfung von mir, stand so in einer Fernsehzeitung), was bedeutete, von einem Tag auf den anderen hatten wir total entgegengesetzte Verhältnisse.
Es gab viele, die mit dieser Situation nicht klar kamen. Hatte der Staat doch bisher viele wichtige Dinge geregelt und keinen fallen gelassen. War auch irgendwie bequem, aber alle möglichen Zuwendungen vom Staat standen für alle zur Verfügung, auch ohne Antrag. Erinnert euch einfach mal daran, wie ihr es erlebt habt. Es ist unsere eigene deutsche Geschichte. Es steht nicht in meiner Absicht, die Anstrengungen, die im Zuge dieses Vereinigungsprozesses gemacht wurden, und sicher nicht „ohne‘“ waren, klein zu reden. Mir geht es um die dabei erlebten Gefühle jedes Einzelnen, die uns auch immer noch unbewusst prägen.
Doch auch nach diesen 30 Jahren gibt es sie noch, die zweierlei Deutschen, die, die auch deutsch reden, aber manchmal doch eine andere Sprache sprechen.
Ich habe versucht, mich auch in die Westdeutschen hineinzuversetzen, um zu verstehen,was nach der anfänglichen Begeisterung, Euphorie und Verbrüderung, durch den Ansturm der Massen aus dem Osten, auf sie zukam. Sie hatten genau so viel Angst, wir aus Unsicherheit und Unwissenheit, sie, dass ihnen etwas weggenommen oder vorenthalten wird, was den Ostdeutschen unberechtigterweise zukommt.
Wir lernten die „Besser-Wessis“ zu ignorieren und haben uns wieder einen Platz in der neuen Gesellschaft geschaffen, mit Anpassung und so manchen Kompromissen.
Ich denke, das aus den verschiedensten Ängsten auch die vielen noch existierenden Vorurteile über uns Ostdeutsche herrühren. Sind wir denn nicht genauso deutsch, mit allen deutschen Eigenschaften?
Nein. Wir sind anders, in noch vielen Köpfen der westdeutschen Bevölkerung. Die Arbeit im Osten taugte ja nichts, sonst wäre der Staat nicht bankrott gegangen. Welch traurige Einstellung. Ich wünsche mir auch manchmal heute noch, das sich manche dieser Bürger die Mühe machten, einfach zu hinterfragen, anstatt nur pauschal zu urteilen. Aber auch einige unserer DDR-Bürger haben ihren Verwandten oftmals ein falsches Bild vermittelt und gejammert, um ja viel geschenkt zu bekommen. So sind sie eben, die Menschen. Es gibt sie auf beiden Seiten. Solche und Solche…
Wir haben es überstanden und haben auch viele gute Menschen aus dem Westen kennengelernt. Das „hüben“ und „drüben“ gibt es aber nach wie vor! Eine Einheit ist für mich nicht ganz vollzogen. Die gewachsenen kommunalen Strukturen bleiben zum Großteil unter sich. In den Firmen sieht es anders aus. Die neue Generation ist nachgewachsen und sieht alles mit anderen Augen. Gut so!
Aus meiner Sicht gibt es für uns Deutsche noch viel Vergangenes aufzuarbeiten. Es wurde zu viel verdrängt und verleugnet. Manche Gewalt verherrlichende Strömung hätte wenig Nahrung gehabt. Aber auch das ist deutsch, was nicht sein kann, was nicht sein darf.
Die europäischen und globalen Veränderungen gehen auch an Deutschland nicht spurlos vorbei und prägen unser tägliches Leben. Nehmen wir unsere Sprache, was ist aus ihr geworden ? Das „Denglisch“, das gesprochen wird und bei dem ich manchmal schon krampfhaft nach dem eigentlichen deutschen Begriff suchen muss, ist eben jetzt der Umgangston. Diese Entwicklung bezeichnet aber unsere neue Zeit… Dabei bleibt wieder etwas typisch deutsches auf der Strecke. Unsere Sprache, die unserer berühmten Dichter und Denker. Etwas, worüber wir uns identifiziert haben. Das Schulfach „Deutsch“ wird wohl auch bald überflüssig sein. Wie viele Kinder werden noch richtig als deutsch geboren, nicht nur „in Deutschland“ geboren und sprechen deutsch?
Der Warenaufdruck „Made in Germany“, auf den wir alle so stolz sind, gilt doch nur noch bedingt. Wie wir doch alle wissen, werden sehr viele Produkte im Ausland gefertigt. Außer dem Herstellernamen ist doch nichts mehr deutsch. Was ist der gebürtige deutsche, hier lebende Bürger in seinem Heimatland noch wert? Denken wir falsch deutsch? Wo kommen wir nicht mehr mit, wann haben wir was verpasst?
Die heute oftmals gerügte Willkommenskultur in Deutschland, die gibt es doch schon seit den 60er Jahren. Wieviele „Gastarbeiter“ sind in die damalige BRD eingewandert. Die Menge war damals noch einigermaßen überschaubar und viele dieser Menschen haben sich integriert. Die Kinder dieser Einwanderer sind meistens Deutsche geworden, oder haben mittlerweile die doppelte Staatsbürgerschaft. Unsere Kulturlandschaft wäre um vieles ärmer, gäbe es die vielen Künstler nicht, die keine deutschen Wurzeln haben. Wir essen gerne griechisch, italienisch und den Döner auf der Hand mögen wir auch. All das ist auch mittlerweile deutsch und gehört zum Alltag.
Es gibt aber auch die andere Seite der Medaille, die sich vor allem in den Städten etabliert hat. Ganze Stadtviertel werden von Mafia ähnlichen Strukturen beherrscht, mit allen Übeln. Ich kann mich noch an mein eigenes Empfinden erinnern, als ich in der Wendezeit in Coburg oder Schweinfurt vielen Frauen mit dem Kopftuch begegnete. Das empfand ich damals doch etwas befremdlich und Angst einflößend, weil vielleicht auch erstmal ungewohnt für uns.
Heute, nach der Schwemme der vielen „ungewohnten Einwanderer“ bietet sich für mich ein schlimmeres Bild. Viele junge Menschen, gut gekleidet, mit den neusten technischen Errungenschaften, schlendern gemütlich durch die Stadt, meistens mit Kindern, Kinderwagen und die Frauen mit Kopftuch und schwanger, gesehen in Hildburghausen.
Man kann sie nicht alle über einen Kamm scheren, aber Angst macht mir das irgendwie doch. Viele lernen nicht deutsch, trotz angebotener Möglichkeiten, was für mich die Grundvoraussetzung ist hier zu leben. Mit welchen Erwartungen kommen diese Menschen ausgerechnet nach Deutschland, was hat sie hierher kommen lassen?
Die Glaubensproblematik ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Ebenso die finanzielle Seite dieser ganzen Angelegenheit.
Ich verstehe den deutschen Staat nicht, der seine eigenen Bürger obdachlos werden und sich selbst überlässt, ihnen im Fall der Fälle auch das letzte Ersparte nimmt, aber für „Flüchtlinge“ sich auf deutsch gesagt, den Arsch aufreißt. Kann mir das jemand verständlich erklären?
Sicher, Deutschland ist ein reiches Land, es scheint aber doch nicht für alle Deutschen zu reichen. Das Sozialsystem hat in Bezug auf die deutschen Bürger zu viele Hürden.
Die momentanen Gegebenheiten in unserem wirklich schönen deutschen Land machen mir Bedenken. Was können wir tun, ein Umdenken derer zu erreichen, die die Möglichkeiten dazu haben, sprich unsere Politiker? Wo und womit können wir anfangen?
Wollen wir denn noch ein deutsch geprägtes Land sein, oder gibt es schon lange andere Pläne Ich habe hier nur einige Teilaspekte dieser umfassenden Thematik angerissen. Das ganze Thema ist und bleibt ein Dauerbrenner, behalten wir es im Auge!
Regina Kupfer
Gleichamberg
Foto: Pixabay
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