Wer wächst, braucht neue Kleider
Leserbrief. Reden bzw. schreiben wir mal Klartext: Dass sich eine Reihe bekannter Persönlichkeiten aus Heldburg und der Neu-Streufdorfer Lothar Götz für den Erhalt des alten Heldburger Stadtwappens von 1394 einsetzen, ist verständlich – die Gründe wurden mehrfach genannt.
Die Heldburger Ur-Einwohner sind nun mal Spisser (Spießbürger) und nennen sich selbstironisch auch so. Über Jahrhunderte bis in die Neuzeit zwängten sie als „Städter“ den umliegenden Gemeinden und Bürgern, teils von oben herab, kompromißlos ihren Willen auf. Das für alle sichtbare Zeichen ihrer Macht war und ist die Veste Heldburg und sie soll auch weiterhin das Wahrzeichen des Heldburger Landes bleiben.
Über Jahrhunderte hinweg mußten die Bauern der umliegenden Dörfer kostenlos Frondienste leisten für die auf der Veste Heldburg regierenden Herren. Heutzutage werden Kommunen eingemeindet oder wie es etwas freundlicher ausgedrückt wird, in freiwilligen Zusammenschlüssen fusioniert. Damit bekommt man größere Einwohnerzahlen, Wälder, Gewerbeeinnahmen, höhere Finanzzuweisungen und so weiter.
Das ist an sich nicht schlecht, vorausgesetzt, dass jeder etwas bei der Verteilung des Kuchens abbekommt. Wie lange wird die Stadt Heldburg noch die Veste Heldburg subventionieren?
Dass sich die Gemeinden Hellingen und Gompertshausen eingemeinden ließen und auch den Namen der zukünftigen Stadt „Heldburg“ als alleinigen akzeptierten, spricht für deren Kompromißfähigkeit, aber nicht für ein selbstbewußtes Auftreten und Handeln. Es soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass eine der Gründe, warum sich die Gemeinde Straufhain meines Wissens nicht „eingemeinden“ ließ, das Beharren der Heldburger auf dem alleinigen Namen „Heldburg“ war. Und das obwohl die Gemeinde Straufhain in fast allen Belangen wie Einwohnerzahl, Fläche und Gewerbesteuereinnahmen größer war. Die Braut war größer und reicher als der Brautwerber – also kam für die Straufhainer eine „feindliche Übernahme“ nicht infrage.
Und nun das böse Erwachen einiger Heldburger und Unverständnis über das Ansinnen des neuen Stadtrates, sich ein neues Wappen zulegen zu wollen! Ja, was bildet der sich ein, dieser selbstbewußt auftretende und agierende jetzige Heldburger Stadtrat, der sich momentan aus allen Räten der eingemeindeten Kommunen zusammensetzt?
Die trauen sich von einem unabhängigen und anerkannten Heraldiger Entwürfe für ein neues Stadtwappen vorlegen zu lassen? Unerhört! Selbst jedes Kleinkind ohne Abiturabschluß wird es sofort verstehen: Wer wächst, braucht neue Kleider! Und die neue Stadt Heldburg ist sowohl flächenmäßig als auch von der Bevölkerungszahl seit dem 1. Januar 2019 enorm gewachsen. Ein Stadtwappen ist das äußere Erkennungszeichen einer jeden Stadt, so wie es die Kleider bei den Menschen sind. Seit 1394 war Heldburg ein Ackerbürgerstädtchen, dass in den 1990‘er Jahren durch die Eingemeindungen der Umlandgemeinden Gellershausen, Völkershausen, Holzhausen, Einöd, Lindenau und Bad Colberg zur „Stadt Bad Colberg- Heldburg“ mutierte.
Diese Namensgebung war zur damaligen Zeit im Hinblick auf die erwarteten Touristen und die Stärkung des Stadtteiles Bad Colberg vollkommen richtg. Aber jetzt ist das ehemalige Gebilde durch den Zusammenschluss mit Hellingen und Gompertshausen nochmals gewachsen und braucht ein neues Stadtwappen.
Ihr Heldburger, tröstet Euch mit dem allbekannten Spruch: „Man kann nicht alles haben“. Nehmen wir die Natur als Beispiel – die Entwicklung eines Schmetterlinges: Eine Raupe, die sehr viel Nahrung zu sich genommen hat(Eingemeindungen), verpuppt sich, die Raupenhülle platzt auf (1. Januar 2019) und heraus kommt ein schöner Schmetterling. Der hat natürlich ein viel anderes Aussehen als die ursprüngliche Mutter seit 1394.
Mein kostenloser Vorschlag für ein neues Stadtwappen wäre: Unten herum der rot-weiße fränkische Rechen (da wir ja landsmannschaftlich zu den Franken gehören und keine Thüringer sind) und obendrauf die Veste Heldburg als Silhoutte, mit Sicht aus Gellershäuser Richtung, denn das ist die prägnanteste Ansicht. Damit wären möglicherweise auch die Heldburger Ureinwohner einverstanden.
Bruno Schubarth
Gellershausen
Foto: Südthüringer Rundschau
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