Zur Gedenkveranstaltung der „Geschwister Scholl“
Hildburghausen. In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder an den Gedenkveranstaltungen zu Ehren von Hans und Sophie Scholl am Gymnasium Georgianum in Hildburghausen teilgenommen. Wie notwendig ein solches Gedenken ist, wurde mir besonders jetzt durch die Äußerungen von Bürgermeister Holger Obst deutlich bewusst. Deshalb habe ich auch im Namen des „Abi-Jahrgangs 1967“ den Schülern unter der Leitung von Christine Bauer für ihr ansprechend gestaltetes Programm meinen Dank ausgesprochen. Ich habe auch erwähnt, dass wir anlässlich unseres goldenen Abiturjubiläums am 28. Oktober 2017 im Schulhof einen Ginkgo-Biloba-Baum pflanzen durften. Dieser Baum soll als Symbol des Lebens und der Mahnung dienen und daran erinnern, dass die Mitglieder der „Weißen Rose“ ihr Leben opferten für Frieden, Mitmenschlichkeit und ein besseres Deutschland.
Hans und Sophie Scholl sind zu ihrer Einstellung aber erst durch eigene leidvolle Erfahrungen gekommen. Wenn Hans nach der Machtergreifung des Faschismus noch falschen Parolen Glauben schenkte, hat er das Wesen des rassistischen Vernichtungskrieges in Russland selbst erlebt. Beim Verfassen der Flugblätter war es wohl auch das christliche Bewusstsein gewesen, das Hans und Sophie Scholl den Mut gaben, selbst mit in das Rad der Geschichte einzugreifen. Obwohl sie in ihren Flugblättern sehr deutlich vor der Gefahr des Untergangs warnten, wurden sie von der Masse des deutschen Volkes nicht verstanden, geschweige dass man ihnen glaubte. Blindlings folgte es seinen Verführern ins Verderben.
Damit wir in Deutschland nicht wieder vor einem noch größeren Trümmerhaufen stehen, sollten die Worte und der Geist der Flugblätter der „Weißen Rose“ bis in die Köpfe und Herzen unserer Menschen dringen. Mit dem Tag der Befreiung am 8. Mai 1945 wurde zwar die faschistische Wehrmacht, aber nicht die Ideologie des Faschismus besiegt. Sonst könnten sich nicht wieder Tausende Neonazis in Themar versammeln.
Ein Brief von Robert Scholl an seine Verlobte aus dem Jahr 1916 hat bis heute nichts an Bedeutung verloren. Deshalb möchte ich aus diesem vortragen:
„Was hat denn der Christengott, das Christentum, mit dem deutschen Sieg zu tun? Sind nicht in allen Ländern wahre Christen? Hätte Christus geantwortet, wenn man ihn gefragt hätte „Was sollen wir tun, wenn uns unsere Regierung – oder unser Vaterland – gegen einen Feind sendet?“ Hätte er etwa gesprochen: „Haltet Euch tapfer und tötet möglichst viele Feinde, damit ihr den Sieg davontraget!“ Nach meiner Überzeugung hätte er gesagt: „Ihr dürft nicht töten, eher müsst ihr Euch Arme und Beine weghacken lassen, als dass ihr Waffen gegen jemanden gebraucht.“ Aber unsere Geistlichen predigen den Soldaten, als erfüllen sie eine göttliche Mission. Ich will aber nicht vom christlichen Standpunkt reden, sondern vom allgemein-menschlichen. Auch von diesem Standpunkt ist jeder Krieg zu verwerfen. Denn jeder Krieg schadet allen Beteiligten viel mehr als er etwa Gutes im Gefolge haben könnte, und kein Mensch hat das Recht, einem anderen gegen seinen Willen das Leben zu nehmen.“
Wenn nach diesen Worten des Vaters von Hans und Sophie Scholl gehandelt würde, wäre Deutschland in der Tat ein Hort des Friedens und deutsche Soldaten müssten nicht am Hindukusch und in Mali ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben verlieren, um „deutsche Interessen und deutsche Werte zu verteidigen“.
Karl-Heinz Popp
Römhild
Titelbild: Die Schüler gedenken mit Rosen den „Geschwistern Scholl“. Foto: Schule / Privat